Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
hysterischen Geschrei, da öffnete sich die Tür, und Lodenbacher stand erneut im Raum. Entgeistert blickte er auf seine Mitarbeiter: »Schön, dass dieser Fall zu Ihrer Belustigung beiträgt, meine Herren. Und es tut mir furchtbar leid, dass wir nichts noch ein bisserl Amüsanteres zu bieten haben, an Amoklauf, Massenmord oder Ähnliches.« Dabei wippte das Lebkuchenherz vor seiner Brust, und die Beamten bissen sich schmerzhaft auf die Lippen, um nicht erneut loszulachen. »So, jetzt ham S’ es g’schafft, ich weiß nimma, was ich noch woin hob. Pfiat Eahna, meine Herrn.«
Sie schafften es nicht, ihr Gelächter so lange zurückzuhalten, dass es Lodenbacher nicht mehr hören konnte, doch es war ihnen auch egal.
»Der hat irgendwie … kein Herz für seine Mitarbeiter …«, gluckste Hefele.
»Ja, ja«, kiekste Maier, »sein Herz ist genauso kalt wie das im Gefrierschrank …«
Schlagartig verstummten die Männer, nur Maier kicherte noch weiter. Als er das realisierte, räusperte er sich und schimpfte: »Wieso bestimmt ihr eigentlich immer, wann was lustig ist?«
»Kleiner Tipp, Richie«, sagte Strobl und beugte sich vor. »Wenn’s von dir kommt, ist es das im Zweifelsfall nicht.«
Sie suchten sich Plätze in dem eigentlich so vertrauten Büro, das nun ganz anders aussah als sonst: Die Tische aus der Mitte waren an die Seiten geschoben worden, so dass ein großer, u-förmiger Tisch entstanden war, auf dem die Computer und die Telefone plaziert waren. In der Mitte des Raumes stand ein Beamer auf einem kleinen Podest, daneben ein Laptop und an der Stirnseite die Pinnwand. Außerdem hatten sie ein Faxgerät gleich neben den Drucker am Eingang gestellt.
»Mir hat’s vorher besser gefallen«, sagte Hefele mit Blick auf die ungewohnte Einrichtung. Er saß etwas verloren allein auf der rechten Längsseite.
»Wieso, ich find’s ganz schick«, erwiderte Maier schmallippig. »Besser als vorher. Sieht mehr nach Arbeit aus.«
Sie schwiegen eine Weile, unschlüssig, wie es nun weitergehen sollte. Da setzte sich plötzlich das Faxgerät mit einem metallischen Seufzen in Gang. Alle sprangen auf, als hätten sie genau darauf gewartet. Sie postierten sich um das Gerät herum und starrten gebannt auf das Papier, das sich langsam aus dem Ausgabefach schob: Es war ein Foto, doch es war nicht sofort zu erkennen, worum es sich handelte. Eine teigige Fläche kam zum Vorschein, dann kurze Borsten oder … Haare. Kluftinger schluckte: Es waren Augenbrauen, und unter ihnen blickte er nun in zwei starre, leere Augen. Er ging ein paar Schritte zurück, denn er wusste, was nun kommen würde, wusste, dass es sich bei der Abbildung um den Leichnam vom Alpsee handelte, der inzwischen fünf Tage im Wasser gelegen hatte. Sah das übliche Bild von marmorierter Haut mit dunklen Totenflecken, Pflanzenresten in Mund und Nase, schwarzblauen Lippen … Er war froh, dass das Wasser zu dieser Jahreszeit sehr kalt war, denn so blieben ihm die noch unappetitlicheren Begleiterscheinungen von Wasserleichen erspart.
Als das Fax fertiggedruckt war, nahm Maier es an sich, hielt es hoch und fragte: »Kennt den jemand?«
Sie schüttelten die Köpfe. Es wäre schließlich ein außerordentlicher Zufall gewesen, wenn sie den Mann auf dem Schwarzweißfoto gekannt hätten. Und sie hätten ihn schon gut kennen müssen, wenn sie ihn hätten identifizieren wollen, denn die lange Liegezeit im nassen Grab hatte entstellend gewirkt.
Kluftinger atmete tief durch und warf die professionelle Verdrängungsmaschinerie an. »Kannst du das gleich mal an die Klinik in Oberstaufen durchfaxen? Vielleicht kennen die ihn da, ich mein, möglicherweise war er ja doch ein Patient von denen, irgendwann mal. Oder es ist einer von den Ambulanten.«
»Ist gut, mach ich.« Maier legte das Foto wieder aufs Faxgerät.
»Äh, Richie, ich mein, solltest du nicht vielleicht vorher mal Bescheid sagen? Könnte ja sein, dass die sich wundern, wenn da ein Bild von einer Wasserleiche aus dem Gerät kommt.«
Maier hielt inne. »Hm, ja, das könnte man vielleicht machen …«
Schon zehn Minuten später klingelte das Telefon, für das sie extra eine zentrale Soko-Nummer eingerichtet hatten. Das Display zeigte die Vorwahl » 08 386 « von Oberstaufen.
»Die sind ja flott«, sagte Kluftinger und nahm erwartungsvoll den Telefonhörer ab. Nachdem es so schnell gegangen war, erhoffte er sich eine positive Antwort auf ihre Anfrage.
»Uhl hier«, hörte der Kommissar am anderen
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