Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
durch. Vielleicht kommen wir ja so weiter. Wir treffen uns hier in genau drei Stunden, bis dahin haben wir sicher schon ein paar Anhaltspunkte.«
Kluftinger erhob sich, von seinem Elan selbst ein wenig überrascht.
Die Kollegen hingegen standen eher zögernd auf. Als Hefele an ihm vorbeiging, klopfte er dem Kommissar auf die Schulter. »Komisch, aber ich muss sagen: Gar nicht so schlecht, mit dem positiven Zeugs da.«
Kluftinger sah auf die Uhr und entschied, kurz zu Hause anzurufen, denn bei seiner morgendlichen Parkplatz-Odyssee hatte er den Entschluss gefasst, am morgigen Sonntag einen gemeinsamen Jahrmarktsbesuch zu unternehmen. Schließlich hatte dies in seiner Familie Tradition, auch wenn Markus’ Interesse am Rummel in den letzten zehn Jahren merklich nachgelassen hatte.
Zudem beschloss er, sich von nun an regelmäßiger bei Erika zu melden. Schon nach dem ersten Klingeln hob sie ab. »Erika?«
»Ist was passiert?« Seine Frau klang besorgt – wie immer, wenn er unerwartet anrief.
»Nein, es ist nix. Mir geht’s gut! Wie wär’s morgen mit Jahrmarkt? Lass uns doch alle zusammen gehen, dann bleibt die Küche kalt, oder?«
»Aber ich wollt doch einen Fitnesssalat machen und so einen Grünkerntaler.«
»Das Zeug wird schon nicht verkommen.«
Es blieb ein paar Sekunden lang still am anderen Ende der Leitung. »Du, übrigens, ich hab den Martin beim Einkaufen getroffen, er hat gesagt, deine Blutergebnisse sind gekommen.«
Kluftinger erschrak. Seine gute Laune war wie weggeblasen.
»Hat er was gesagt?«, fragte er vorsichtig.
»Nur, dass nichts Neues rausgekommen sei. Also nichts, was er sich nicht eh schon gedacht hätte.«
Er schluckte. Wie konnte der Quacksalber nur so indiskret und gleichzeitig so unsensibel sein? Seine Frau einfach mit der Wahrheit über seinen Zustand zu konfrontieren. Er wollte sie doch zuerst auf die schlimme Nachricht vorbereiten. »Du, Erika, das ist jetzt alles schwer für dich, aber ich glaube, es gibt einen Weg, der …«
»Schwer für mich, papperlapapp! Ich koch halt ein bissle leichter, und mit dem Cholesterin, da kann man doch aufpassen!«
Er runzelte die Stirn. Er hörte keinerlei Bestürzung oder Panik in ihrer Stimme. »Wirklich, Erika, ich wollt dir das selber sagen, und ich find’s auch unmöglich, dass er das ausplaudert.«
»Ist doch in Ordnung. So was muss man doch wissen, damit man sich drauf einstellen kann!«, versetzte Erika mit fester Stimme. »Für ein paar Wochen oder Monate kann man doch mit so einer veränderten Situation leben.«
Ein paar Wochen oder Monate? Mehr Zeit blieb ihm nicht mehr?
»Erika … und wie geht’s jetzt weiter?«
»Ich hab schon einen Termin mit dem Martin ausgemacht, dann könnt ihr das Restliche genauer besprechen.«
Das Restliche?
Das war es, was nach all den Jahren übrig blieb?
»Butzele?«, hakte Erika nach, da ihr Mann nicht von sich aus weitersprach. »Was hast du denn?«
Da musste sie gerade fragen!
»Also, Ende nächster Woche sollst du vorbeikommen, entweder Donnerstag oder Freitag, gleich um zwei.«
»Nächste Woche erst?«, fragte Kluftinger ungläubig.
»Ja, der Martin sagt, auf Tage kommt es jetzt nicht an, aber in den nächsten Wochen oder Monaten müsste eigentlich was passieren.«
»Soso, in den nächsten Wochen wird’s passieren …«, murmelte er.
»Was sagst du?«
»Nix«, versetzte Kluftinger hastig. »Was kann ich dann jetzt machen, bis … na ja …«
»Der Martin hat gesagt: Jetzt einfach das Ruder herumreißen, sich erholen, bewusster ernähren, gesünder leben, Bewegung, sich mal was Schönes gönnen, einfach das Leben leben und genießen.«
Kluftinger schöpfte wieder Zuversicht. Wenn Langhammer so lang und breit vor ihr ausführte, was helfen würde, gab es ja wohl doch noch Hoffnung.
»Und vor allem«, schob Erika noch hinterher, »positives Denken!«
»Genau«, rief der Kommissar in den Hörer. Es hatte bisher immer irgendeine Möglichkeit gegeben, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. »Erika, ich muss wieder! Lass dir nur eins gesagt sein: Alles wird gut, ja? Mach dir keine Sorgen.«
»Sorgen?« Erika klang verblüfft. Wie gut sie sich doch verstellen konnte, nur um ihn nicht zu beunruhigen durch ihre eigenen Ängste.
»Bussi, Erika!«, sagte er mit einem Seufzen und legte auf. Alles würde gut werden – er würde überleben, und sei es nur, um noch ein paar Jahre mit dieser starken Frau an seiner Seite verbringen zu können.
Kluftinger sah noch eine
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