Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
obligatorischen Autobahnvignetten ein. Zahlreiche Reisebusse standen ebenfalls auf dem Parkplatz.
Kluftinger parkte seinen Passat direkt vor dem Eingang zum Tankstellenshop, was ihm empörte Kommentare zweier Rentnerpaare eintrug, die sich kopfschüttelnd über das »rüpelhafte Benehmen« dieses »Vollidioten« mokierten, der es nicht fertigbringe, »einen Meter weit für sein Bier zu laufen«.
»Lecktsmichdochallemalkreuzweiskreuzkruzifixnochamalihrmalefizhuramentverrecktesaubande«,
murmelte Kluftinger kaum hörbar, betrat ein klein wenig entspannter die Tankstelle und ließ den Blick über die voll bestückten Regale wandern, die eher denen eines gut sortierten Supermarktes glichen. Interessanterweise war gerade bei Bier und anderen alkoholischen Getränken die Auswahl am größten. Nun war er es, der den Kopf schüttelte.
Er beschloss, sich hinten an der Kassenschlange anzustellen, um keine weiteren Anfeindungen zu provozieren. Maier stellte sich zähneknirschend daneben. Kluftinger wusste, dass er am liebsten lauthals »Polizei, bitte machen Sie Platz!« gebrüllt hätte. Als die Reihe schließlich an ihnen war, fragte Kluftinger den jungen Mann hinter der Kasse, ob er mit dem Inhaber sprechen könne.
Die Augen des Verkäufers verengten sich. »Wenn Sie sich beschweren wollen, er ist nicht zu sprechen!«, zischte er. Der Kommissar verstand nicht. Hatte er zu konfrontativ gefragt?
»Beschweren, na, ich …«
»Ich weiß, dass wir heute zum dritten Mal die Preise erhöht haben, Sie sind jetzt der Zehnte, der mich darauf hinweist. Und Sie denken natürlich, das ist, weil am Wochenende mehr Leute tanken müssen. Und ja: Es gilt der Preis an der Zapfsäule. Aber ich kann nix dafür, ich bin kein Ölmulti, der die Preise macht, verstehen Sie? Ich bin Student, der hier für noch nicht mal zehn Euro die Stunde jobbt. Welche Säule? Bar oder mit Karte?«
Der Kommissar schüttelte den Kopf und machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Junger Mann, ich will mich nicht beschweren. Ich will Ihren Chef sprechen oder jemanden, der gerade für den laufenden Betrieb zuständig ist.« Mit diesen Worten hielt er ihm seinen Dienstausweis unter die Nase.
»Auweh, hat wieder jemand die Zeche geprellt? Kommen Sie hier hinter der Kasse durch, da geht’s ins Büro. Die Chefin ist hinten. Nix für ungut wegen gerade eben …«, sagte er kleinlaut und wies auf eine kleine Tür zwischen den Zigarettenregalen.
Sie traten in ein kleines, verrauchtes Büro mit einem Schreibtisch, der fast den gesamten Raum einnahm. Eine gepflegte Frau mittleren Alters mit rötlich gefärbten Haaren saß daran und wirkte inmitten der Berge von Zetteln, Belegen und Journalrollen ziemlich verloren. Sie stellten sich als Beamte der Kriminalpolizei Kempten vor, woraufhin die Frau sie über ihre rot geränderte Lesebrille gespannt anblickte.
»Keine Sorge, Frau …«, begann Kluftinger.
»… Buhmann.«
»… Frau Buhmann. Es geht um eine Ermittlung in Zusammenhang mit einem Kapitalverbrechen. Ein Mann, der vergangenen Montag laut seiner Bankdaten noch bei Ihnen getankt hat, ist nur wenig später Opfer einer Gewalttat geworden. Sie haben doch Kameraüberwachung, gell?«
»Ja, die haben wir. Da haben Sie fast schon Glück, die Festplatte wird nach einer Woche automatisch überschrieben. Aber inwiefern kann Ihnen da der Film helfen?«
Kluftinger dachte einen Moment nach. Einerseits war er nicht verpflichtet, ihr darauf zu antworten, andererseits war er darauf angewiesen, dass die Frau mit ihnen kooperierte. Freundlichkeit war also durchaus …
»Gute Frau, das müssen Sie schon uns überlassen, nicht wahr?«, polterte Maier mitten in seine Überlegungen hinein. »Ich weise Sie darauf hin, dass es sich hier um vertrauliche polizeiliche Ermittlungen …«
Kluftinger schob ihn rüde beiseite. »Wir wollen einfach mal schauen.«
Maier schnaubte beleidigt und murmelte etwas Unverständliches. Sein Mantra womöglich, schoss es Kluftinger durch den Kopf. Vielleicht
Allesindsogemeinzumiraberwenigstensmagichmichselber?
Er grinste bei diesem Gedanken.
»Um siebzehn Uhr vierunddreißig, sagen Sie?« Frau Buhmann drehte sich zu den Beamten um, die hinter ihrem Schreibtisch standen und ihr dabei zusahen, wie sie die Dateien auf ihrem Computer durchsuchte.
»Sie kennen sich aber gut aus mit der Technik«, bemerkte der Kommissar anerkennend.
Die Frau sah zu ihm auf. »Wir haben diese Tankstelle und noch zwei weitere in Lindau seit fast zwanzig
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