Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
jetzt ein gutes Wort für mich einlegen?«
»Wir werden sehen, was wir tun können.«
Frey nickte. Er schien den Worten wenig Glauben zu schenken.
Allen war klar, dass das Gespräch damit beendet war. Maier schaltete das Diktiergerät aus und klopfte an die Tür, woraufhin der Vollzugsbeamte kam und Frey hinausführte. Als sie an der Tür standen, drehte er sich noch einmal um. »Ich glaub, es war auch eine Frau dabei, er hat einmal was von ›ihr‹ g’sagt.«
Die Beamten blieben noch eine Weile sitzen.
»Euch ist schon klar, was das heißt, oder, Männer?«, sagte Kluftinger.
Maier nickte. »Klar. Dass unser Täter ganz schön unter Druck gestanden haben muss, ich mein, dass er gleich versucht …«
»Schmarrn, Richie«, unterbrach ihn Strobl. »Dass es vielleicht doch kein Mord aus Habgier war!«
Maier stimmte hastig zu. »Das auch, sicherlich. Das … auch.«
»Also, Richie«, beendete Kluftinger das Gespräch, »deine Akte Taximord kannst du wieder öffnen, bevor du sie richtig geschlossen hast! Kümmer du dich drum, wir drei anderen konzentrieren uns auf die Soko-Arbeit zum Serienmörder. Klar?«
»Klar«, versetzte Maier zähneknirschend und packte sein Diktiergerät ein.
Schon als er und seine Frau die Kreuzung überquerten, erfüllte den Kommissar eine fast kindliche Vorfreude. Dabei trennten sie nur noch ein paar Meter von demselben Jahrmarkt, den er vor wenigen Tagen noch so fluchtartig verlassen hatte, weil ihm die Stimmung während des Aufbaus so kalt und bedrohlich vorgekommen war. Und nun? Konnte er es kaum erwarten, wieder dorthin zu kommen.
Die Lautstärke nahm mit jedem Schritt zu, das Dröhnen, Hupen, Schreien, Lachen, das zusammen dieses so positiv besetzte Grundrauschen des Jahrmarkts bildete. Und erst der Geruch: diese Mischung aus Popcorn, Fischsemmeln, gebrannten Mandeln und Bratwurst, die bei ihm sofort schöne Erinnerungen wachrief.
Der Jahrmarkt hatte in seinem Familienleben immer eine Rolle gespielt. Schon als Kind hatte er darauf hingefiebert, als frisch verliebtes Pärchen waren er und Erika dann oft hierhergekommen, später hatten sie Markus mitgenommen und ihn in das historische Kinderkarussell gesetzt, wo sie ihm vom Rand aus bei jeder Runde hysterisch zuwinkten. Es erfüllte Kluftinger mit einer trotzigen Zufriedenheit, als er sah, dass sich die Eltern heutzutage genauso lächerlich verhielten. Im Gegenteil: Einige fuhren allen Ernstes mit den Kindern mit, um sie während der ganzen Fahrt zu sichern und psychologisch zu betreuen. Dabei war ein Schleudertrauma selbst in den leichtsinnigen frühen Jahren eher die Ausnahme gewesen.
Beim Anblick des vertrauten Treibens wurde ihm so warm ums Herz, dass er sich unwillkürlich an die Brust fasste, was Erika, die sich bei ihm untergehakt hatte, besorgt zur Kenntnis nahm. Doch er schüttelte nur lächelnd den Kopf. Es ging ihm verhältnismäßig gut. Er hatte die unerschütterliche Hoffnung, dass er noch einmal davonkommen würde – weil einfach nicht sein konnte, was nicht sein durfte.
»Wo treffen wir die zwei?«, fragte er seine Frau, als sie den Königsplatz betraten, doch die zeigte nur mit dem Finger auf den Brotzeitstand zwischen dem Spiegellabyrinth und Ferdl’s Witzstadl, vor dem Yumiko und Markus sich gerade eng umschlungen küssten.
Erika streichelte ihrem Mann über den Bauch. »Wie mir früher, weißt du noch?«
Er seufzte. Seine Welt war wieder ein kleines bisschen in Ordnung. Und das war mehr, als er sich für heute hatte erhoffen können. »So ihr zwei«, grüßte er seinen Sohn und dessen Freundin, als sie bei ihnen angelangt waren.
»So … du einer«, grüßte Markus zurück. Er schien sich nicht ganz so auf den gemeinsamen Jahrmarktsbesuch zu freuen. »Ein Rummel-Bummel mit den Altvorderen – mein Traum«, hatte er Erikas Vorschlag abgetan. Doch Yumiko hatte die Idee putzig gefunden, und wie immer, wenn ihre Frauen für sich etwas beschlossen hatten, fügten sich die Kluftinger-Männer in ihr Schicksal. Auch das setzte sich offenbar von Generation zu Generation fort, konstatierte der Kommissar nicht ohne eine gewisse Schadenfreude.
»Und, wo geht’s hin?«, fragte Erika voller Tatendrang.
»Ich find, wir stehen hier schon richtig, ich hab ja noch nix Gescheites gegessen«, erklärte Kluftinger, schob jedoch schnell in Erikas Richtung nach: »Bis auf deine tollen Brotstangen halt.«
Er bestellte ohne Rücksicht auf Kohlenhydratmengen und Weißmehlverbot eine Fischsemmel, die ihm hier
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