Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
Soch« sei.
Er nahm seinen Janker vom Rücksitz und warf ihn sich über die Schulter. Immerhin: Es würde ein sonniger Tag werden, zwar nicht warm, aber für diese Jahreszeit … Er stutzte. Irgendetwas war gerade heruntergefallen. Er lächelte, als er sah, dass es eine der Rosen war, die er am Vortag an der Schießbude geschossen hatte. Er hob die Plastikblume auf, gefror mitten in der Bewegung und starrte sie an. »Kruzifix!« Mit der Hand schlug er sich an die Stirn. Himmelarsch, waren ihm denn so die Sinne vernebelt durch diese ganze Sache mit seinem Herzen, dass er all die Tage nicht daraufgekommen war? Wenigstens gestern hätte es ihm auffallen müssen. Aber gestern war er privat unterwegs gewesen, erst jetzt war sein Gehirn wieder auf den Fall gepolt.
Gebannt stierte er auf die Rose und auf das kleine weiße Plastikröhrchen, mit dem sie auf der Konsole in der Bude befestigt gewesen war. Er hatte so ein Röhrchen vor kurzem schon einmal gesehen, allerdings nicht an einer Rose, sondern in einer Blutlache. In der Wohnung des Versicherungsmaklers. Und keiner von ihnen hatte bislang den Zusammenhang mit dem Jahrmarkt hergestellt! Er steckte die künstliche Blume zurück in die Jackentasche und machte sich fast im Laufschritt auf zum Büro. Endlich. Ein Anhaltspunkt. Das musste er sofort den Kollegen mitteilen.
Er riss die Tür zum Soko-Raum auf, wo sogleich Richard Maier aufgeregt auf ihn zugelaufen kam.
»Chef, es gibt Neuigkeiten! Die Frau, also die Witwe von unserem Taxifahrer, war heut früh schon da!«
»Aha«, knurrte der Kommissar, der doch eigentlich viel Wichtigeres zu vermelden hatte. »Und was wollte sie? Sie hat sich doch schon neulich wirklich nett für die schnelle Aufklärung und unsere Arbeit bedankt. Und der Leichnam müsste doch auch längst zur Beerdigung freigegeben sein, oder?«
»Nein, deswegen ist sie nicht gekommen, sie hat was gebracht.« Maier schwenkte eine Klarsichthülle mit einem aufgerissenen Briefkuvert direkt vor den Augen des Kommissars.
»Herrgott, Richie, muss das sein?«, fragte Kluftinger und schob den Kollegen rüde beiseite. »Das ist doch jetzt nicht so wichtig, in dem Fall haben wir den Täter ja schon. Dafür bin
ich
bei den Serienmorden weitergekommen!«
Maier ließ sich nicht abwimmeln. »Ich denke aber, dass das sogar von eminenter Wichtigkeit sein dürfte. Schau doch mal genau hin, bitte!« Wieder hielt er die Hülle vor Kluftingers Gesicht.
Diesmal sah Kluftinger, was sich noch darin befand. »Ja, mich lecksch am Arsch!«, entfuhr es ihm. Er ließ sich auf den erstbesten Drehstuhl fallen.
Maier sah ihn triumphierend an. »Da schaust du, gell?«
Der Kommissar schüttelte gedankenversunken den Kopf. In der Klarsichtfolie befand sich ein Streichholzheftchen. Schwarz, ohne Aufdruck. Das würde heißen, dass … »Lass mich raten: Fünf Hölzchen sind noch drin, oder?«
Maier nickte. Inzwischen hatten sich auch die anderen Kollegen um Kluftinger versammelt.
»Jetzt heißt es ganz neu denken, Männer!«, brummte der Kommissar mit starrem Blick auf die Tüte in Maiers Hand. Der Taximord sollte also nicht nur ein singulärer Fall sein, der sich zufälligerweise zeitlich mit den anderen Morden überschnitten hatte, sondern der Auftakt zu der schrecklichen Mordserie? Kluftinger konnte es kaum glauben. Er sah seine Kollegen einen nach dem anderen an und las auch in ihren Augen diese Mischung aus Schock und Zweifel. Jetzt wurde es noch komplizierter, denn in ihrer ganzen Recherche waren sie nicht auf den Hauch eines Zusammenhangs zwischen den Fällen gestoßen, wären nie auch nur ansatzweise auf die Idee gekommen, dass …
»Der Countdown läuft«, sagte Strobl plötzlich halblaut, und Kluftinger musste schlucken. Ja, sein Kollege hatte recht. Spätestens jetzt gab es keinen Zweifel mehr, was die Botschaft der Streichhölzer war: Fünf Morde waren geplant. Von Anfang an. Ein Hölzchen für jeden Mord.
»Für wen sind dann die letzten beiden Streichholzbriefchen bestimmt?«, stellte Kluftinger die Frage, die allen auf dem Herzen lag.
»Wieso zwei?«, fragte Maier.
»Ja, weil es jetzt fünf sind, dann haben wir das mit vier beim Doktor Steiner und dann das mit drei beim Hübner. Macht nach Adam Riese …«
»Ja, aber wenn er bis auf null runterzählt?«
»Hm?«
»Na, wenn du einen Countdown hast, geht es doch auch bis null. Null und dann: Start.«
»Ja, aber ein leeres Heftchen wär doch Schmarrn«, protestierte Hefele. »Wenn du so was machen
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