Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
entsprechendes Verkaufspersonal einstellen müssen. Es gab hier viele anglo-indische Familien, und nicht alle wollten im Bergbau tätig sein. Jack hatte keine Zeit verschwendet und dem Eigentümer ein Kaufangebot gemacht. Als er das Krankenhaus verließ, war er bereits im Besitz der Übertragungsurkunde.
Und das war noch nicht alles. Er hatte außerdem beschlossen, ein Haus zu kaufen, und er wusste auch schon ganz genau welches – es stand gleich hinter der St. Mark’s Road im Herzen von Bangalore. Dort befand sich eine Enklave mit Bungalows im englischen Stil, die mit schlichter Eleganz überzeugten. Er war sich sicher, dass diese von Bäumen gesäumten, ruhigen S traßen für Briten und Europäer schon sehr bald äußerst attra ktiv werden würden, wenn die Stadt sich weiter so entwickelte wie bisher – zumal sie sich in direkter Nähe des privaten Colleges für junge Damen und dessen Gegenstück, der Bishop Cotton Boys School, befanden.
Während er sich, durch seine schmerzende Schulter noch immer erheblich behindert, langsam angezogen hatte, hatte er sich von Gangai einen Gin Tonic bringen lassen, um auf seinen Scharfsinn und auf die plötzliche Großzügigkeit seines Vaters zu trinken. Seine Beförderung, das neue Geschäft, das Haus, sein Motorrad … sein zukünftiges Leben sah wirklich sehr vielversprechend aus. Alles, was er jetzt noch brauchte, um es vollkommen zu machen, war eine Ehefrau. An diesem Punkt jedoch zerplatzten seine Tagträume wie eine Seifenblase. Für ihn gab es nur noch eine einzige Frau auf dieser Welt.
Er knallte das Glas auf den Tisch. Seine wunderbare Vision von der Zukunft löste sich in Nichts auf, als er sich vorstellte, wie Iris Ned küsste und wie sie als seine Frau das Bett mit ihm teilte. Er wusste, dass er kein Recht hatte, Iris auf diese Art zu begehren, aber das, was er für sie empfand, war so stark, dass er einfach nicht dagegen ankämpfen konnte.
Ein Schatten bewegte sich draußen im Flur.
»Bist du das, Gangai?«, rief er.
Schweigen. Dann erschien Kanakammal zögernd in der Tür. »Nein, ich bin es, Master Bryant.«
»Nun, du bist mir genauso recht. Ich plage mich schon seit einer Ewigkeit mit dieser Krawatte herum, dabei werden bald meine Gäste eintreffen. Kannst du mir bitte helfen?«
Sie stand ihm fast auf Augenhöhe gegenüber, was ihn ein wenig irritierte. Normalerweise musste er sich zu den Frauen hinunterbeugen. Er bemerkte, dass sie ihre Hände nervös an ihrem hellblauen Sari abwischte.
»Ich hoffe, du bist mit meiner Wahl einverstanden«, sagte er, als ihm bewusst wurde, dass dies einer der Saris war, die er vor Kurzem für sie gekauft hatte. Ihrer Schwester hatte er einen hellgrünen und einen dunkelroten geschenkt. Gangai, der mali und auch der chokra hatten ebenfalls neue Kleidung bekommen.
Sie hantierte weiter an seiner seidenen Krawatte herum. »Ja, Sir. Ich würde diesen Sari nicht tragen, wenn er mir nicht gefiele.«
Jack seufzte. So demütig sie sich auch gab, es konnte sie niemand zu etwas drängen, was sie nicht wollte, das wusste er.
»Weißt du, dass ich von dir geträumt habe?«
Kanakammal trat einen Schritt zurück, ihr Gesicht verriet nicht das Geringste.
Er hatte keine Ahnung, warum er ihr überhaupt von seinem Traum erzählte. »Als ich in dem Tunnel gefangen war und es mir richtig schlecht ging. Als ich vor Erschöpfung, Schmerzen und Angst nicht mehr weiterkonnte.« Jack wandte sich dem Spiegel zu. Der Knoten war perfekt gebunden. »Vermutlich habe ich halluziniert, aber in diesem Traum bist du mir erschienen.«
»Hat es Ihnen geholfen, Sir?«, fragte sie leise.
»Ja. Diese Vision hat mir Trost gespendet und mich aufgefordert, weiterzugehen.«
Plötzlich fühlte er sich angesichts dieses Geständnisses entblößt.
»Dann spielt es keine Rolle, wer Ihnen in dieser Vision erschienen ist. Es zählt nur, dass sie Ihnen Mut und Kraft gegeben hat.«
Er nickte mit gerunzelter Stirn. Kanakammal war noch nicht einmal siebzehn Jahre alt, aber ihre ernste Miene und ihr fließendes Englisch verliehen ihr eine Reife, die weit über ihr tatsächliches Alter hinausreichte. »Was für Missionare waren das, die deine Familie bekehrt haben?«, fragte er aus reinem Interesse.
»Missionare einer Pfingstbewegung, Sir. Wir sind Katholiken.«
»Dann glaubst du also auch an Geister, Zungenreden und all dieses Brimborium?« Seine Worte klangen wie eine Beleidigung, auch wenn sie nicht so gemeint waren. Schnell versuchte er, das Ganze
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