Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
die besten Schneider weit und breit!«
»Ich kann es gar nicht erwarten!«, rief Bella. »Vielen Dank, Jack.«
Beide sahen Ned an. Er zuckte resignierend mit den Schultern. »Also gut. Wenn es sie glücklich macht.«
Sie beugte sich zu ihrem Bruder hinüber und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Jetzt aber los. Gehen wir hinein. Ich hoffe, ihr habt ordentlich Appetit mitgebracht.«
»Nandri«, sagte Ned zu Kanakammal und hoffte, dass sich seine Aussprache in ihren Ohren nicht allzu furchtbar anhörte. »Das Essen ist köstlich.«
Sie bedankte sich ernst mit einem leisen Murmeln und bewegte sich anmutig um den Tisch herum, wobei sie, wie Ned bemerkte, stets etwas länger in Jacks Nähe verweilte.
Als sie die gulab jamuns , ein sehr süßes, landestypisches Dessert, gegessen hatten und das Geschirr abgeräumt worden war, lehnten sich Jack und seine beiden Gäste mit einem zufriedenen Seufzen zurück.
»Das waren mit Abstand die besten Teigbällchen, die ich je gegessen habe«, gestand Bella.
»Normalerweise gibt es die nur bei einer Hochzeit oder einem anderen bedeutenden Fest«, sagte Ned. »Du kannst dich glücklich schätzen, Jack, dass du so eine fantastische Köchin gefunden hast.«
»Elizabeth«, sagte Bella ein wenig zu laut. »Ich finde, deine Bällchen sind köstlich.« Bestürzt stellte Ned fest, dass sie dabei ziemlich herablassend klang und mit ihrer etwas zweideutigen Wortwahl Jack außerdem einen guten Grund lieferte, leise in sich hineinzulachen.
Ned sah, dass Kanakammal ihrem Arbeitgeber einen scharfen Blick zuwarf; er bemerkte ihre Enttäuschung und fühlte aus tiefstem Herzen mit ihr, als er sah, wie sie sich aus dem Zimmer zurückzog.
»Was ist denn?« Bella blickte erstaunt in die Runde. »Ich wollte doch nur freundlich zu ihr sein.«
»Ja, aber auf eine ziemlich herablassende Art«, tadelte Ned seine Schwester. »Ich glaube nicht, dass man Menschen wie Kanakammal behandeln sollte wie …«
»Wie Diener?«, wunderte sich Bella geziert.
»Bell, wo hast du dir nur diese überhebliche Haltung angewöhnt?«
Jack schaltete sich ein. »Ach komm schon, Ned. Ich glaube nicht, dass sie …«
»Augenblick mal, Jack. Solange Bell noch keine einundzwanzig ist, bin immer noch ich ihr gesetzlicher Vormund und deshalb auch berechtigt, auf ihr Verhalten einzuwirken.«
»Ned, willst du damit etwa sagen, ich hätte dich enttäuscht?«, fragte Bella. Sie klang zutiefst verletzt.
»Absolut nicht. Ich frage mich nur, wieso du mit Kanakammal redest, als wäre sie weniger wert als wir, die wir hier an diesem Tisch sitzen.«
Jetzt sah Bella einfach nur noch verwirrt aus. »Nein, sie ist nicht weniger wert, Ned, aber sie ist ein Dienstmädchen. Ein indisches Dienstmädchen, das eingestellt wurde, um Jack und seine Gäste zu bedienen. Ich dachte, sie würde sich darüber freuen, wenn ich ihr ein Kompliment mache.«
»Es ist nicht das, was du gesagt hat, Bell. Es ist der Ton.«
»Nun, das tut mir leid. Meine Manieren waren für Madras jedenfalls vollkommen ausreichend.«
»Genau das hatte ich befürchtet.«
»Jetzt kommt schon, ihr beiden«, versuchte Jack zu beschwichtigen. »Elizabeth hat das wahrscheinlich nicht einmal bemerkt.«
»Es ist wohl eher so, dass du sie kaum bemerkst«, sagte Ned.
»Wieso gehst du denn jetzt auf mich los? Was habe ich getan?«
»Es ist das, was du nicht getan hast«, antwortete Ned gereizt. Wenngleich er keineswegs auf eine Konfrontation aus war, hatte er seit Kanakammals einsamer Nachtwache auf jenem Hügel das Gefühl, dass sie es verdient hatte, von Jack besser behandelt zu werden. Im Grunde aber ging ihn das gar nichts an. »Es tut mir leid, Jack. Ich bin wohl schon ein bisschen müde. Es war wirklich ein großartiges Essen. Entschuldigung, Bell, ich wollte nicht ungehobelt sein.«
»Ist schon vergessen«, sagte sie und tat so, als wedelte sie die harschen Worte mit der Hand fort – eine Geste, die sie schon als Kinder gemacht hatten. Bellas Eigenschaft, das Leben zu genießen, ohne viel darüber nachzudenken, schätzte er durchaus. Auch wenn sie inzwischen vielleicht ein allzu deutliches Gespür für die Kluft zwischen Engländern und Indern entwickelt hatte, so hatte sie doch das, was sie damals zu einem so bezaubernden Kind gemacht hatte, auch als junge Frau nicht verloren.
»Ich finde, sie sollte mehr lächeln«, fügte Bella hinzu.
»Wie bitte?«, fragte Ned.
»Dass sie immer dieses ernste Gesicht macht, ist ziemlich irritierend. Sie wäre sehr
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