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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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Mutter, und ich schicke Ihre Schwester zu Ihnen hinauf? Ich glaube, Sie brauchen jetzt alle erst einmal ein wenig Zeit.« Er machte ein paar Schritte auf die Tür zu. »Wir unterhalten uns später noch einmal.«
    Ned nickte stumm. Er wusste, dass Fraser keine Schuld an alledem traf, auch wenn er ihn nur allzu gern dafür verantwortlich gemacht hätte, was seine Mutter mit Sicherheit auch tat.
    »Ich finde selbst hinaus«, murmelte Fraser. Seine Erleichterung darüber, gehen zu können, war mehr als deutlich spürbar.

4
     
    Drei Tage vergingen. Menschen kamen und gingen, behutsam und rücksichtsvoll, Ned nahm sie jedoch nur verschwommen wahr. Er konzentrierte sich darauf, seinen Schmerz im Zaum zu halten und Bella zu beschäftigen. Trotz seiner Bemühungen war sie quengelig, weil ihre Mutter plötzlich so still war, ihr Vater nicht auftauchte und das, was als fröhliches Wiedersehen geplant war, zu einer so traurigen Angelegenheit geworden war.
    Die unerbittliche Hitze lähmte Neds Gedanken und machte es ihm zunehmend schwerer, stark zu bleiben.
    Er sah seine Schwester an und schämte sich, weil sie ihm plötzlich so abgerissen vorkam. Obwohl ihre finanziellen Mittel immer schon beschränkt gewesen waren, hatte seine Mutter stets darauf geachtet, dass sie alle sauber und ordentlich gekleidet waren. Das Kleidchen, das Lorna für Bellas Wiedersehen mit ihrem Vater mühevoll mit Smokarbeit verziert hatte, war zerrissen und schmutzig. Außerdem hatte Bella dringend ein Bad nötig; was auch immer sie in der Küche bei ihrer Aufpasserin gegessen hatte, es klebte überall an ihr.
    »Ich glaube, wir sollten dich in die Wanne stecken, Bella«, hatte er vor ein paar Stunden gesagt und sich dabei betont fröhlich gegeben.
    »Das macht doch Mami immer. Wann wacht sie denn auf, Ned?«
    Er hatte ihr diese Frage nicht beantworten können, doch es war ihm gelungen, sie dazu zu überreden, in dem prächtigen Bad ein wenig herumzuplantschen. Mrs. Fritz hatte sich freundlicherweise erboten, bei ihr zu bleiben, und es sogar gewagt, dem kleinen Mädchen die Haare zu waschen. Bella hatte sofort lauthals protestiert, aber Mrs. Fritz war es mit ihrer angenehmen Art gelungen, sie zu besänftigen.
    Lorna Sinclair hingegen schien nicht einmal wahrzunehmen, wie freundlich man sich ihrer Familie gegenüber verhielt. Sie registrierte weder das großzügige Angebot des Direktors, sie unentgeltlich in seinem Hotel zu beherbergen, bis sie geregelt hätten, wie es weitergehen sollte, noch die ärztliche Fürsorge von Dr. Fritz. Auch die Mahlzeiten, die leise in ihr Zimmer getragen und unberührt wieder abgetragen wurden, nahm sie mit keinem Blick zur Kenntnis. Ned ging davon aus, dass die Leiche seines Vaters in Kürze in Rangun eintreffen würde. Es hatte jedoch noch nichts organisiert werden können, weil seine Mutter mit keinem Menschen auch nur ein einziges Wort gesprochen hatte, seit sie wieder zu Bewusstsein gekommen war. Dr. Fritz hatte mehrfach den Begriff »Hysterie« verwendet, um ihren katatonischen Zustand zu beschreiben, doch alles, was Ned bei seiner Mutter sah, war stiller Kummer – ein tiefer, verzweifelter, gefährlicher Kummer.
    Er versuchte nach Kräften, zu ihr durchzudringen und ihr bewusst zu machen, wie sehr ihre Familie sie gerade in diesem Augenblick brauchte. Immer wieder versicherte er ihr, dass sie das alles gemeinsam durchstehen würden, und unterbreitete ihr einen Vorschlag nach dem anderen, angefangen bei der Überlegung, dass er die Arbeit seines Vaters in der Grube im Norden übernehmen könnte, bis hin zu dem Vorschlag, weiteren finanziellen Verlusten dadurch vorzubeugen, dass sie ihre kürzlich eingetroffenen wenigen Besitztümer an Ort und Stelle verkauften, um die Heimreise finanzieren zu können. Nichts jedoch vermochte Lorna aus ihrer Starre zu reißen; sie schien es nicht einmal zu registrieren, wenn Ned ihre Hand nahm oder sie zärtlich auf die Wange küsste. Ned hatte sechs Jahre seines Lebens auf seinen Vater verzichten müssen, und obwohl er immer wieder versucht hatte, William in einem heroischen Licht zu sehen – als tapferen Soldaten im Krieg und danach als Pionier und Abenteurer in fremden Ländern –, so war es doch Lorna gewesen, die ihm wie ein Fels in der Brandung zur Seite gestanden hatte. Sie hatte ihn stets unterstützt, hatte ihn immer zum Lernen angehalten. Das war wohl auch der Grund dafür, weshalb er jetzt der jüngste Elektrotechniker in ganz Großbritannien war.
    In dem riesigen

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