Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Schulter fühlte sich inzwischen schon wesentlich besser an; in spätestens ein, zwei Wochen würde er sie wieder voll belasten können. Er verbrachte einen ganzen Nachmittag damit, die Arbeiten in seinem Laden in KGF zu organisieren; dabei sollte der Umbau des Hauses auf der Rückseite als Erstes in Angriff genommen werden. Dieses Projekt machte ihm ungeheuer viel Spaß. Als er an diesem Abend auf seiner Veranda saß und eine Zigarette rauchte, war er zwar immer noch nicht ganz im Reinen mit sich, aber doch so entspannt, dass er sich auf den Tanz am Samstagabend freute. Zwar hatte er weder eine formelle Einladung bekommen, noch hatte er eine Tanz partnerin, aber er würde einfach hingehen. Er wusste, dass auc h die Walkers dort sein würden. Er musste Iris einfach sehen. Seit dem gemeinsamen Tag in Bangalore waren jetzt fast vier Wochen vergangen.
Sein neuer Smoking lag bereit, sein Hemd war gewaschen und gebügelt, und seine Abendschuhe waren so sorgfältig poliert, dass er sich darin spiegeln konnte. Gangai hatte all die se Aufgaben mit großer Sorgfalt erledigt; was die Suche nac h einer neuen Köchin anging, war er jedoch weit weniger erfolgreich gewesen.
»Was soll das heißen: Es gibt niemanden?«, fragte Jack ungehalten, als ihm bewusst wurde, dass es wieder Gangai gewesen war, der das Abendessen für ihn zubereitet hatte.
»Ich habe es wirklich versucht, Sir, doch im Augenblick findet sich einfach niemand, der für diese Aufgabe geeignet wäre. Bis nächste Woche werde ich aber bestimmt eine neue Köchin für Sie gefunden haben, Sir. Das verspreche ich.«
Da Jack wusste, dass Gangais Kochkünste einfach erbärmlich waren, sagte er großzügig: »Gib das Essen deiner Familie, Gangai. Ich denke, ich werde heute im Club essen.«
Als er mit seinem Motorrad, diesmal jedoch weit weniger geräuschvoll, zum Club hinunterfuhr, bemerkte er, dass das Haus der Walkers hell erleuchtet war. Stimmengewirr, das Kichern der Frauen und hin und wieder das bellende Lachen eines Mannes drangen an sein Ohr. Er fuhr langsam am Haus vorbei und blieb schließlich im Schatten auf der anderen Seite der Straße stehen. Er stellte sich vor, wie Ned mit den Walkers feierte, und fühlte sich sogleich wieder ausgeschlossen von dem Leben, das die meisten anderen Menschen in KGF führten. Die wirklich aktiven Mitglieder der Gemeinde waren die Anglo-Inder, und an deren Leben nahm er in keiner Weise teil – er besuchte nur selten eines ihrer Treffen und beneidete Ned im Stillen um sein entspanntes Verhältnis zu den verschiedensten Mitgliedern der Bergbaugemeinde. Ned war trotz seiner stillen und zurückhaltenden Art ein gern gesehenes und respektiertes Mitglied der Gemeinschaft und bei den Briten ebenso beliebt wie bei den einheimischen Indern. Mit Fug und Recht konnte man behaupten, dass er ein fester Bestandteil des anglo-indischen Sozialgefüges geworden war.
Ned verärgerte niemals jemanden. Außerdem besaß er das beneidenswerte Talent, die Einheimischen dazu zu bringen, seine Wünsche zu erfüllen, ohne dass diese klangen wie ein Befehl. Das war die Eigenschaft, die Jack an seinem früheren Freund am meisten bewunderte, und gleichzeitig etwas, bei dem er sich ihm weit unterlegen fühlte. Er dachte oft daran, wie ungerecht und eigensüchtig er Elizabeth behandelt hatte. Sie hatte etwas Besseres verdient, aber wie bei all den anderen Frauen in seinem Leben war auch hier sein unvermeidlicher Hang zutage getreten, jedwede Art von Beziehung durch sein geradezu selbstzerstörerisches Verhalten in die Brüche gehen zu lassen. Er wusste, dass sie einer der wenigen Menschen in seinem Leben war, die sich wirklich um ihn sorgten, und das, obwohl er es seiner Umwelt schier unmöglich machte, ihn auch nur zu mögen.
Ned hatte einmal angedeutet, dass die Zuneigung des Mädchens tiefer ging. Jack war da vollkommen anderer Ansicht. Solange sie für ihn gearbeitet hatte, hatte sie ihn immer nur mit einem missbilligenden Gesichtsausdruck angesehen. Er erinnerte sich daran, wie Ned sich für sie eingesetzt hatte, als er mit Bella bei ihm zu Gast gewesen war. Nun ging ihm auf, dass Ned recht gehabt hatte – wahrscheinlich hatte er sie mit seiner nonchalanten, manchmal sogar herablassenden Art immer wieder beleidigt. Und dennoch hatte sie sich um ihn gekümmert. Sie war stets kritisch gewesen, aber eine leise Stimme in seinem Kopf erinnerte ihn jetzt wieder daran, dass nichts von dem, was sie gesagt hatte, falsch gewesen war.
Anscheinend gaben die
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