Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Kundin, und so ließ es sich dummerweise nicht vermeiden, dass sie von der jungen Frau Notiz nahm, die sich umgedreht hatte und sie mit ernstem Blick ansah.
»Äh, hallo. Ich glaube, wir sind uns damals bei dem Grubenunglück schon einmal begegnet«, begann sie.
»Hallo, Miss Walker. Ich erinnere mich.«
Es war Iris peinlich, dass sich die hochgewachsene Frau an ihren Namen erinnerte und so fließend Englisch sprach. Sie zögerte.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Ich … ich dachte, du würdest für Mr. Bryant arbeiten?«
»Das habe ich auch.«
Ihr Blick war entnervend direkt. Diese verblüffend hellen Augen schienen direkt in Iris hineinzusehen.
»Äh, es t-tut mir leid«, stotterte Iris, die einen Moment lang nicht wusste, was sie sagen sollte.
»Suchen Sie nach etwas Bestimmtem?«, fragte die junge Frau. Ihre irritierende Ruhe machte Iris immer nervöser.
»Ja«, sagte sie und versuchte krampfhaft, ihre Gedanken zu ordnen. »Asant.«
Die Frau nickte. »Das habe ich da.« Iris folgte ihr. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie in der winzigen Schreibwarenabteilung gestanden hatte.
Schon bei ihrer ersten kurzen Begegnung mit dieser Frau hatte Iris sich unter ihrem Blick unsicher und ungelenk gefühlt, und genauso war es auch heute.
»Hier«, sagte das Mädchen. »Das ist die beste Qualität, die zu bekommen ist.«
Iris starrte das helle Pulver an, das eine unverzichtbare Zutat in Linsen- oder Gemüsegerichten war und diese besser verdaulich machte. »Vielen Dank. Ich nehme eine kleine Portion, bitte.«
Iris folgte der Frau zum Verkaufstresen und beobachtete ihre anmutigen Bewegungen. Ihre Armreifen klimperten, als sie das Gewürz in ein kleines Tütchen füllte und dieses dann sorgfältig verschloss.
»Vermisst du ihn?«
Die grauen Augen blitzten. »Wen meinen Sie, Madam?«
»Deinen Arbeitgeber, Mr. Bryant?«
»Möglicherweise vermisst er mich.«
Ir is war sprachlos. »Warum sollte er?« Die Worte waren schon aus ihrem Mund, bevor sie überhaupt darüber nachdach te.
»Warum sollte ich ihn vermissen?«
»Ich … ich wollte mich einfach nur … unterhalten …«
Die Frau nickte. »Mein Name ist Kanakammal, Miss Walker. Das macht dann zwei Annas.«
Iris bezahlte und suchte fieberhaft nach einer scharfen Erwiderung. Als Kanakammal ihr das Päckchen gab, sagte sie mit spitzer Zunge: »Nun, deinen Namen werde ich mir nicht merken; ich glaube kaum, dass ich diesen Laden noch einmal betreten werde. Sprich mich in Zukunft nicht mehr an. Wir haben einander nichts zu sagen.«
Als Kanakammal einfach nur nickte, kam Iris plötzlich der Gedanke, dass das Mädchen von ihr und Jack wusste … und es zutiefst missbilligte.
Völlig durcheinander raste Iris mit ihrem Rad die Hauptstraße entlang, bremste nicht einmal, als sie oben auf dem Funnel’s Hill ankam und es steil bergab ging. Sie hoffte, der Wind würde ihre vor Zorn noch immer geröteten Wangen kühlen. Als sie zu Hause ankam, war ihr schlecht. Flora kam mit einem tröstlichen, feuchten Handtuch herbeigeeilt.
»Was ist denn los mit dir?«, fragte ihre Mutter.
»Wahrscheinlich die Nerven.«
»Aber weswegen?«
»Was für eine Frage, schließlich muss ich eine wichtige Entscheidung treffen!«
Flora berührte ihre Wange. »Das ist doch nicht so schwer, mein Kind. Frag nur dein Herz. Es wird dir auf jeden Fall die richtige Antwort geben. Aber wenn du meinen Rat hören willst – Iris Sinclair, das hört sich für mich wirklich hübsch an.«
Als Jack eintraf, hatte der Tanz schon begonnen. Es war voller, als er erwartet hatte. Er war überzeugt, dass die gesamte anglo-indische Gemeinde gekommen war. Schon bald wurde ihm klar, warum das so war. Heute Abend würden Jeffrey Matthews und seine Big Band für die Musik sorgen. Die Band war brillant, das merkte man schon, als sie sich einspielte.
Er stellte sein Motorrad unter einem Baum ab und wurde auf der Stelle von einer Horde junger Männer umringt, die anerkennende Pfiffe ausstießen und die Maschine neugierig beäugten.
»Dürfen wir uns mal draufsetzen?«, fragte einer der Jugendlichen.
Jack nickte. »Aber pass auf, dass du keine Kratzer reinmachst, sonst sag ich’s deinem Vater.«
Der Bursche grinste, als er sich auf den ledernen Sitz schwang und so tat, als würde er den Motor aufheulen lassen.
Jack steckte die Schlüssel in die Tasche seines Smokings und betrat den Saal. Er wusste, dass in diesem Moment Dutzende von Augenpaaren auf ihn gerichtet waren. Einige argwöhnisch, andere
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