Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
den meisten dieser Jungs nur allzu vertraut ist, Rally. An einen Ort, an dem erst vor Kurzem viele gute Männer ums Leben gekommen sind. Die Geister der Männer, die Sie jahrelang ausgepresst haben, werden Ihnen dort Gesellschaft leisten.«
Rally überraschte sich selbst mit einem Anflug von Wagemut. »Wenn das hier vorbei ist, Bryant, dann werde ich Sie aufsuchen, Sie und Ihre Familie. Zuerst werde ich mir Ihren Sohn vornehmen und Sie zwingen, alles genau mit anzusehen.«
»Mein Sohn ist fort. Er ist nicht mehr in Cornwall. Die Schulden, die er bei Ihnen hatte, sind getilgt. Man wird Sie jetzt dorthin bringen, wo niemand Ihre Schreie hört. Niemand wird je erfahren, wo Ihre Leiche ist.«
»Leiche?«, piepste Rally, und seine Stimme war jetzt kaum mehr als ein Flüstern. »Bryant.«
Charles ignorierte ihn und sagte mit ruhiger, fester Stimme: »Wir sehen uns dann, Jungs. Ein jeder von euch hegt einen tiefen Groll gegen diesen Mann – ihr habt jetzt die Gelegenheit, mit ihm abzurechnen. Ich werde das Geld an der vereinbarten Stelle hinterlegen. Ihr wisst, dass ich zu meinem Wort stehe.« Und damit entfernte er sich.
Obwohl es ihn zutiefst bedrückte, welche Rolle er bei dieser Sache spielen musste, fühlte er sich jetzt besser, weil er wusste, dass es mit Rallys üblen Machenschaften endgültig vorbei war und er mit fünfzehn Pfund der Familie Bryant in seiner Tasche verrotten würde.
Er verbannte den Hass aus seinen Gedanken und dachte voller Kummer an seinen verlorenen Sohn. Er wusste, dass er Jack niemals wiedersehen würde, und er bedauerte mit jeder Faser seines Herzens, dass er nicht imstande gewesen war, ihm zu sagen, wie sehr er ihn liebte und wie stolz er auf ihn war, all seiner Unzulänglichkeiten und Fehltritte zum Trotz. Charles Bryant wusste, dass er niemand anderem außer sich selbst die Schuld für das Verhalten des Jungen geben konnte. Nein, er war wirklich kein besonders guter Vater gewesen. Jack hatte recht. Tiefe Schuldgefühle waren es gewesen, die ihn dazu getrieben hatten, seinen Sohn zu ignorieren. Und dieselben Schuldgefühle waren auch dafür verantwortlich, dass er jetzt für ihn getötet hatte.
Walter Rallys Leiche wurde nie gefunden. Die Levant-Mine hatte eine letzte Seele gefordert und erhalten. Sie würde dort nun mit den anderen Geistern umgehen.
8
Völlig unverschuldet fanden sich Ned und Arabella plötzlich in einer Lage, in der sie allein vom Wohlwollen anderer abhängig waren. Ihnen drohte sogar die Obdachlosigkeit. Ned gab seiner Schwester an ihrem letzten Abend im Strand Hotel eine sehr geschönte Erklärung ihrer gegenwärtigen Situation. Bella schien zu begreifen, dass ihre Eltern jetzt beide »im Himmel waren«. Ned erzählte ihr, dass ihr Vater an einem Herzanfall und ihre Mutter im Schlaf an einem gebrochenen Herzen gestorben sei. Er wusste, dass seine Schwester in der romantischen Vorstellung lebte, dass ihre Eltern einander in tiefer Liebe verbunden waren, weshalb er hoffte, dass sie in dieser Geschichte einen gewissen Trost finden würde. Ob sie tatsächlich begriffen hatte, dass sie jetzt nur noch sich beide hatten, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen.
Anfänglich tat die presbyterianische Kirche für die verwaisten schottischen Kinder noch alles, war ihr möglich war. Als jedoch die Tage ins Land gingen und die Großzügigkeit der verschiedenen Familien nachließ, mussten die Sinclair-Geschwister feststellen, dass ihnen nur noch eine einzige Möglichkeit blieb – sich in die »vorübergehende Obhut« eines Waisenhauses zu begeben.
Ned hatte entschieden dagegen protestiert, dass man ihn in das bekannte Missionswaisenhaus für Jungen steckte, während man Bella in der entsprechenden Einrichtung für Mädchen unterbringen wollte. Er weigerte sich standhaft, sich von seiner Schwester trennen zu lassen, und argumentierte, sie hätten in den letzten Wochen schon genug durchgemacht. Ihre bisherigen Wohltäter – der Hoteldirektor, der überaus besorgte Dr. Fritz sowie verschiedene Mitglieder des europäischen Clubs – verloren zwar nicht zur Gänze das Interesse an ihnen, aber Ned war sich durchaus bewusst, dass auch das Leben dieser Menschen irgendwann weitergehen musste. In erster Linie war ihnen jetzt daran gelegen, endlich eine Lösung zu finden, die den beiden Waisen ein Dach über dem Kopf, ihr täglich Brot und die Zeit, sich über ihre Situation klar zu werden, verschaffte.
Ned beharrte jedoch weiter darauf, mit Bella zusammenzubleiben. Nicht
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