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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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etwas schiefgegangen sein. Sie hat mir nie erzählt, was passiert ist. Schließlich ist sie mit mir hier in Rangun gelandet.«
    »Nun, dein Englisch ist jedenfalls sehr gut.«
    »Vielen Dank. Meine Mutter wollte, dass ich fleißig übe, weil mein Vater Engländer war. Im Lesen muss ich mich aber noch verbessern. Dr. Brent hat darauf bestanden, mit mir immer nur Englisch zu sprechen, und so bin ich im Laufe der Jahre sehr viel besser geworden.«
    »Ich werde dir beim Lesen helfen und Bell auch.« Er hätte gern erfahren, wie es kam, dass Robbie der Sohn eines Engländers und einer Frau aus Kalkutta war, aber es erschien ihm unhöflich, den Jungen direkt danach zu fragen.
    Robbie lächelte erfreut. »Das bedeutet mir sehr viel. Das Waisenhaus behauptet zwar, dass die Kinder hier lesen lernen, tatsächlich aber verbringen sie die meiste Zeit mit Körbeflechten, um Geld zu verdienen. Außerdem müssen sie selbst das Haus in Schuss halten. Ich habe Glück, weil ich Zugang zu Dr. Brents Büchern habe – nun, das heißt, wenn er gute Laune hat. Ich glaube, Bell würde Spaß daran haben, mich zu unterrichten.«
    Robbies Warnung schoss Ned durch den Kopf. Er seufzte. »Bell ist noch so klein. Ich kann es ihr nicht verübeln, dass sie so zerbrechlich wirkt.«
    Robbie warf ihm einen vielsagenden Blick zu. »Das ist nur der Anfang, Ned. Das Schlimmste kommt noch, glaub mir.«
    »Wovon redest du?«
    Robbie begann wie wild zu wischen. »Schau, ich mag Bella, und ich mag dich. Ich weiß, dass wir gute Freunde sein können, obwohl ich dich kaum kenne. Verstehst du?«
    »Nein. Du musst schon deutlicher werden. Ich bin im Augenblick wirklich zu müde für Ratespiele.«
    »Das ist kein Spiel!«, sagte der Junge ernst und stellte seinen Mopp an die Wand. Dann drehte er sich um.
    »Rob…«
    »Psst! Einen Augenblick«, sagte Robbie und spähte aus einem der Fenster des Schlafsaals. »Man kann nie wissen, wer gerade zuhört.«
    »Jetzt kann ich dir aber wirklich nicht mehr folgen.«
    »Magst du Dr. Brent?«
    »Nicht besonders. Nein, eigentlich mag ich ihn überhaupt nicht, wenn ich ehrlich bin. Er hat etwas Unheimliches an sich.«
    »Unheimlich?«
    »Du weißt schon.« Ned schüttelte sich unwillkürlich. »Man fühlt sich in seiner Nähe unbehaglich.«
    »Genau! Er verursacht einem Gänsehaut. Deine Instinkte sagen dir das Richtige. Also hör auf sie und sieh zu, dass du hier wieder rauskommst.«
    »Raus?«
    »Verschwinde von hier, so schnell du kannst.« Robbies Stimme war jetzt nicht mehr als ein Flüstern.
    Ned runzelte die Stirn. »Aus dem Waisenhaus? Wir sind doch gerade erst angekommen.«
    »Ja, aus dem Waisenhaus. Aber auch aus Burma«, zischte Robbie aufgeregt. »Großer Zorn herrscht in der Stadt. Viele sprechen sogar schon von einem Aufstand. Ihr, die ihr im Hotel wohnt und in eure Clubs geht, habt doch gar keine Ahnung, was da draußen im echten Rangun vor sich geht.«
    »Ach nein?«, fragte Ned in scharfem Ton. »Ich bin wohl kaum einer von ›denen‹. Mein Vater war im Krieg Infanterist und hat dann beschlossen, Abenteurer zu werden. Meine Mutter musste als Lehrerin arbeiten, damit wir überhaupt etwas zu essen hatten. Jetzt sind unsere Eltern beide tot, ich habe keinen einzigen Penny, und wir sitzen hier in diesem Waisenhaus fest.«
    »Schon gut, beruhige dich. Es tut mir leid. Aber du bist neu hier. Du weißt nicht, dass du als britischer Staatsbürger in den Kolonien immer noch anders behandelt wirst, egal, wie gewöhnlich dein Leben zu Hause auch gewesen sein mag. Ich würde jederzeit mit dir tauschen.«
    »Wir sind beide in diesem Waisenhaus, oder etwa nicht?«
    »Ja. Aber du bist blond und hast blaue Augen, und du weißt, wer deine Eltern waren. Du erinnerst dich, wie sie ausgesehen haben, und du hast Papiere, in denen steht, dass deine Familie britisch war und ist.«
    »Das hilft mir im Augenblick aber auch nicht gerade weiter, oder?«
    Robbie betrachtete ihn mit Augen von der Farbe der dunklen Schokolade, die sein Vater so geliebt hatte, auch wenn Ned sich kaum noch an den Geschmack erinnern konnte. »Was sonst noch?«, fragte er aufgebracht.
    »Du wirst diese Bitterkeit ganz schnell ablegen müssen, wenn du überleben willst. Niemand wird dir helfen, und du selbst wirst dir auch nicht helfen, wenn du in Selbstmitleid zerfließt.«
    »Da spricht ein wahrer Überlebenskünstler«, knurrte Ned und warf seinen Mopp auf den Boden.
    »Ja, ich habe überlebt. Ich habe dir doch erzählt, dass meine Mutter aus Kalkutta

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