Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
euch verabschiedet?« Brent schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Das tut mir aber leid. Es wird mindestens vier oder fünf Wochen dauern, bevor wir wieder von ihm hören«, fügte er hinzu, während sein Blick unverwandt auf Bella ruhte. »Was für ein hübsches kleines Ding du doch bist, Arabella.«
»Vielen Dank«, erwiderte sie, und es brach Ned fast das Herz, als sie noch einmal höflich einen Knicks machte.
»Sie sind also Arzt?«, fragte Ned.
Brents harte Augen huschten wieder zu ihm zurück. »Ich wurde berufen, hier in Burma, wo meine Fähigkeiten von großem Nutzen sind, ein wenig Missionsarbeit zu leisten«, sagte er. »Natürlich bist du schon ein wenig zu alt, um dich in unsere Obhut zu begeben, Edward.«
»Das ist mir durchaus bewusst, und es ist ein weiterer Grund dafür, weshalb wir Ihnen nicht allzu lange zur Last fallen wollen, Sir.«
»Oh, Arabella ist durchaus willkommen. Ich finde es einfach nur bedauerlich, dass wir hier niemanden in deinem Alter haben, auch wenn Robbie sich schon lange einen Altersgenossen wünscht. Nichtsdestotrotz stimme ich mit dir überein, dass dies keine Regelung auf Dauer sein kann.«
Nun, wenigstens waren sie in diesem Punkt einer Meinung, dachte Ned.
»Warum siehst du dich nicht ein wenig um, Edward? Lass dir den Schlafsaal zeigen und lerne die anderen Kinder kennen. Arabella kann gern noch ein Weilchen hier bei mir bleiben.« Er gab ein leises, onkelhaftes Glucksen von sich. »Mein Wasserkrug scheint sie sehr zu faszinieren.«
»Sie hat in letzter Zeit viel durchgemacht, Dr. Brent. Ich habe sie lieber bei mir, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Dann geht«, sagte Brent. Sein gespieltes Wohlwollen war mit einem Schlag verschwunden. Ned nickte, ergriff die Hand seiner Schwester und zog sie aus dem Zimmer mit seiner bedrückenden Atmosphäre.
9
Ned stand mit Bella vor dem Hühnerstall des Waisenhauses. Die eingesperrten Vögel erinnerten ihn schmerzlich an ihre eigene Situation.
»Was sollen wir eigentlich hier, Ned?«, fragte sie. Ihre Haare umrahmten in feuchten Büscheln ihr Engelsgesicht.
Er drückte seine Schwester an sich, nicht nur um sie, sondern auch um sich selbst zu trösten. »Ich brauche einfach noch ein paar Tage Zeit, in Ordnung?«
»Wofür denn?«, bohrte sie und sah ihn mit ihren tiefblauen Augen, die sie von ihren Vater geerbt hatte, voller Ernst an. Es lag grenzenloses Vertrauen in ihrem Blick.
»Um unser Problem zu lösen.«
»Aber du wirst nicht sterben, nicht wahr?«, fragte Bella, während sie ängstlich in seinem Gesicht forschte.
Er zwang sich zu einem Lächeln und klopfte sich fest auf die Brust. »Wohl kaum!«
»Mama fehlt mir so sehr«, gestand sie ihm mit Tränen in den Augen.
»Ich weiß, ich weiß, Bell, mein Schatz«, sagte er in demselben Tonfall wie seine Mutter, auch wenn er sich absolut hilflos fühlte. »Aber ich kann sie dir nicht zurückbringen. Mir fehlt sie genauso. Ich wünschte, du müsstest all das nicht durchmachen.« Ihn packte das schlechte Gewissen, als er sich vorstellte, was seine Mutter wohl sagen würde, wenn sie ihre Tochter derart verdreckt sähe. Schließlich hatte Bella es schon als kleines Kind gehasst, wenn ihre Kleidung zerknittert oder schmutzig war.
»Lass uns nach Hause fahren, Ned«, bat Bella schniefend.
Das schien in der Tat das Vernünftigste zu sein. Ganz egal, welche Schwierigkeiten sie auch unter dem grauen Himmel Schottlands erwarteten, dort würde wenigstens alles vertraut aussehen, vertraut riechen und vertraut schmecken. Er hatte seine Ausbildung abgeschlossen. Er würde sich Arbeit suchen, vielleicht würde er sogar so viel verdienen, dass er eine Haushälterin einstellen konnte, die sich um Bella kümmerte. Elektriker wurden in Schottland dringend gesucht, ein festes Einkommen war ihm also sicher. Es musste ihm nur irgendwie gelingen, mit seiner Schwester dorthin zurückzukehren.
»Wir werden schon bald nach Hause fahren, Bell. Aber du musst noch etwas Geduld haben, denn ich muss erst überlegen, wie wir das anstellen. Dazu brauche ich einfach noch ein paar Tage Zeit. Verstehst du das?«
Sie nickte feierlich. »Ein paar Tage? Und dann werden wir uns auf den Weg nach Hause machen?« In ihrer Frage schwang so viel Sehnsucht mit, dass ihr großer Bruder ihr diese Hoffnung einfach nicht zerstören wollte.
»Ja«, versprach er ihr, obwohl er dabei fast die Finger hinter seinem Rücken gekreuzt hätte.
Seitdem war eine weitere Woche vergangen. Inzwischen hatten sie sich
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