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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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deshalb keine Sorgen. Wir werden schon eine Lösung finden.«
    »Und Robbie?«, fragte Ned leise.
    »Er wird leider über Bord gehen müssen, mein Sohn. Die einzige Möglichkeit ist, ihn auf See zu bestatten.«
    »Darf ich daran teilnehmen?«
    »Dann wirst du dich beeilen müssen.«
    »Bella wird wahrscheinlich auch dabei sein wollen. Sie durfte weder ihre Mutter noch ihren Vater nach deren Tod sehen. Sie ist bereits verwirrt und zutiefst verunsichert. Und jetzt hat sie auch noch Robbie verloren. Ich glaube, sie muss es mit eigenen Augen sehen – um zu begreifen, dass er tot ist.«
    »Nun, das überlasse ich ganz dir. Übrigens, alles Gute zu deinem morgigen Geburtstag«, sagte Grenfell und zeigte auf den Pass.
    Ned sah ihn verwirrt an. »Welchen Tag haben wir heute?«
    »Den sechsundzwanzigsten November.«
    »Ich habe jedes Zeitgefühl verloren!«
    »Kein besonders schöner Geburtstag für dich, Ned.«
    »Vielleicht wird mein neunzehntes Lebensjahr ja glücklicher als das achtzehnte.«
    »Das ist die richtige Einstellung, Edward. Hast du schon irgendwelche Pläne, wenn ihr an Land geht?«
    »Ich habe vor, mit einem Freund von Robbie Kontakt aufzunehmen. Er ist Arzt und lebt in Bangalore.«
    »Ah, Bangalore. Was für eine wunderschöne Stadt. Gibt es zu Hause in Großbritannien jemanden, den wir verständigen sollen?«
    »Nein, niemanden. Wir haben keine Verwandten mehr.« Plötzlich kam Ned wieder alles völlig hoffnungslos vor.
    »Nun, dann werde ich dir einen Vorschlag machen«, begann Dr. Grenfell. »Wir werden morgen in Madras einlaufen. Ihr habt offensichtlich keine Unterkunft …?«
    Ned schüttelte niedergeschlagen den Kopf.
    »Du musst jetzt zuerst an deine Schwester denken. Kommt doch mit zu mir nach Hause. Ich werde die nächsten acht Wochen an Land verbringen. Ich weiß, dass meine Frau sich sehr freuen würde, Besuch zu empfangen. Du bekommst dadurch auch etwas mehr Zeit, über eure Situation nachzudenken. Abgesehen davon«, sagte Grenfell und lächelte Ned freundlich an, »sollte man seinen Geburtstag niemals allein feiern.«
    Ned konnte die Großzügigkeit dieses Mannes kaum fassen. Er starrte den Doktor an und wusste nicht, was er sagen sollte.
    Grenfell legte Ned die Hand auf die Schulter. »Wir haben keine Kinder, Ned. Ich bin mir sicher, meine Frau wird glücklich sein, Bella verwöhnen zu dürfen … auch wenn es nur für kurze Zeit ist. Euer Besuch wäre für uns also wirklich keine Belastung. Wir würden uns über eure Gesellschaft sehr freuen. Ich könnte es mit meinem Gewissen nicht vereinen, euch gehen zu lassen, ohne euch meine Hilfe angeboten zu haben.«
    »Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen.«
    »Mach dir keine Gedanken. Du wirst dir deinen Lebensunterhalt bald selbst verdienen können. Wir werden schon etwas finden, um einen jungen Mann wie dich zu beschäftigen – und jetzt, da du achtzehn bist, stehen dir in Madras eine Vielzahl von Stellen im öffentlichen Dienst offen.«
    »Ich möchte so schnell wie möglich das Geld für unsere Heimfahrt zusammenbekommen. Zuerst aber muss ich noch ein Versprechen einlösen, das ich Robbie gegeben habe. Ich muss Dr. Walker in Bangalore finden.«
    »Einverstanden. Wenn ihr bei uns seid, werde ich euch helfen, ihn ausfindig zu machen.«
    Ned stand auf und strich sich die grobe, schlecht sitzende Kleidung glatt, die man für ihn gesammelt hatte. Er streckte die Hand aus. »Vielen Dank für Ihr Entgegenkommen. Das werde ich Ihnen niemals vergessen.«
    Der Doktor nickte. »Willkommen in Indien, Ned.«

17
     
    April 1920
     
    Jack Bryant stand an Deck der Naldera und rauchte behaglich eine Ogdens Robin. Die Zigaretten waren nicht gerade billig, aber zu rauchen war ein kleiner Luxus, den er sich von Zeit zu Zeit genehmigte, genau wie er sich eine Passage zweiter Klasse auf der neuesten Königin der Meere gönnte, die die Peninsula and Oriental Steam Navigation Company, kurz P & O Line, erst vor Kurzem in Dienst gestellt hatte. Sie hatten bereits vor mehreren Wochen von den Tilbury Docks abgelegt, aber Jacks Freude, weit draußen auf dem Ozean zu sein, hatte unvermindert angehalten. Wenn überhaupt, dann war sie noch größer geworden, als sich die Passagiere auf das Leben auf der Naldera und auch aufeinander eingestellt hatten.
    Jeder an Bord war freundlich. Vor allem die Frauen zeigten eine Leichtfertigkeit – offenbar eine Art unbeschwerter Urlaubsstimmung –, die Jack noch vor einem Jahr schamlos ausgenutzt hätte. Aber Jack hatte nicht die

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