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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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Meeresfauna veränderte sich, und selbst der Nachthimmel sah anders aus. Als sie sich dem indischen Festland näherten, trug der Wind würzige Düfte herbei. Das und vieles mehr bestätigte Jack, dass sein altes Leben endgültig hinter ihm lag.
    Endlich war der Tag gekommen, an dem sie in Bombay anlegten. Auf dem ganzen Schiff herrschte eine aufgeregte Atmosphäre. Jack hatte es jedoch nicht eilig, von Bord zu gehen. Die Naldera war in den vergangenen Wochen ein überaus angenehmer Aufenthaltsort für ihn gewesen. Tatsächlich hatte er nach den nur zweitägigen Landaufenthalten in Malta oder Port Said jedes Mal, wenn er die Landungsbrücke hinaufgegangen war, das Gefühl gehabt, nach Hause zu kommen.
    Jack hatte sich von Tante Agatha und ihren beiden Schützlingen bereits verabschiedet. Er hatte eine tränenreiche Szene vermeiden wollen, da er das Gefühl nicht losgeworden war, dass Eugenie ihn nicht so einfach würde gehen lassen. Er hegte ihr gegenüber keine romantischen Gefühle, und auch wenn er es nicht zugegeben hatte, so hatte er noch nie das empfunden, was seine Eltern offensichtlich miteinander verband. Das war für ihn wahre Liebe, und es war genau das, was er auch fühlen wollte. Das, was vielleicht auch Henry und Eugenie fühlen würden, wenn sie die Gelegenheit ergriffen. Deshalb hatte er Eugenie auch zum Abschluss ins Ohr geflüstert: »Lass Henry nicht gehen. Er verehrt dich von ganzem Herzen, und das ist etwas, was man sich nicht kaufen kann.«
    Jack sah zum Naturhafen von Bombay mit seinen drei Docks hinüber, die, wie Henry ihm erzählt hatte, von den Briten erbaut worden waren. Von seinem Aussichtspunkt auf dem Oberdeck aus betrachtet, war die Mole von Bombay ein einziger Rausch aus Farben und Lärm. Laute Rufe vermischten sich mit dem Brüllen der Ochsen, die schwer beladene Karren mit Gepäck und Frachtgut zogen. Dunkelhäutige Menschen rannten in fieberhafter Aktivität umher, während die hellhäutigeren Mannschaftsmitglieder Anweisungen erteilten. Man begann, die Nalderea zu entladen und gleichzeitig wieder zu beladen.
    Natürlich war ihr Schiff nicht das einzige im Hafen. Jack sah mehrere andere Schiffe in einer Reihe vor Anker liegen. Jedes von ihnen wurde von einer Schar von Arbeitern belagert, die wie ein Heer von Ameisen hin und her rannten. Er nahm den verführerischen Geruch gekochter Speisen wahr, doch es war kein Duft dabei, den er kannte. An Bord hatte er bereits Gewürze mit seltsam klingenden Namen und kräftigen Farben wie Kurkuma und Tamarinde kennengelernt. Letztere hatte er sogar gekostet, obwohl ihm die schwarze, teerige Pflanzenpaste, die an zerquetschte Datteln erinnerte, ein wenig suspekt vorgekommen war. Jack hatte eine winzige Menge davon genommen und war fasziniert gewesen von dem scharfen Geschmack, der in seinem Mund förmlich explodierte. Überrascht erfuhr er, dass Tamarinde eine Zutat der Worcestersoße war, mit der die Briten gern Gerichte wie Welsh Rarebit würzten und die sie auch für ihre Bloody Marys verwendeten. Die Lea & Perrins-Flasche durfte auf keinem der Büfetttische der Naldera fehlen.
    Der erdige Geruch von Menschen stieg ihm in die Nase und überlagerte sogar den durchdringenden Geruch nach Fisch, der jedes Dock von Bombay bis London durchzog. Er blickte zur Innenstadt hinüber, die sich hinter dem Hafen ausbreitete. Elegante viktorianische Gebäude und Gaslampen säumten die Uferpromenade, und in der Ferne schimmerten große weiße Bungalows.
    »Wir haben erst vor etwas mehr als zehn Jahren unsere ersten elektrischen Straßenbahnen bekommen«, sagte Henry, der neben ihn getreten war. »Als Nächstes sollen Busse kommen und Automobile. Die Stadt explodiert geradezu. Sie ist das wichtigste Handelszentrum dieses Subkontinents. Und natürlich wird auch das Eisenbahnnetz ständig erweitert. Von überallher laufen die Strecken auf Bombay zu.«
    Misstönende Musik drang von irgendwoher an seine Ohren – die fremdartig klingenden Instrumente trugen erheblich zu der unglaublichen Kakophonie um sie herum bei. Geschmeidige dunkle Männer kletterten wie Insekten die Taue hinauf und über die Container hinweg. Jacks Blick wanderte zu dem beständigen Strom von Passagieren, der aus dem Bauch des Schiffes quoll, sich über die Landungsbrücke ergoss und sich dann als bleiche Spur in die kräftigen, juwelenähnlichen Farben mischte, die die Inder zu lieben schienen.
    »Das verschlägt einem den Atem, nicht wahr?«, sagte Henry.
    Jack schüttelte staunend den

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