Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
wir beide verstehen das sehr gut. Aber du sollst wissen, dass du hier immer ein Zuhause finden wirst.«
»Ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen für Ihre Güte und Ihr Entgegenkommen danken kann. Unsere Kleidung, unser Unterhalt – Sie sind wirklich unglaublich großzügig. Ich werde natürlich Geld für Bella schicken, wenn ich erst einmal …«
»Unsinn! Bella wird es hier an nichts fehlen. Und ich möchte auch, dass du das hier annimmst.« Er nahm einen Umschlag aus seinem Schreibtisch und gab ihn Ned.
Ned erstarrte, als ihm bewusst wurde, dass der Umschlag mit Geldscheinen gefüllt war. »Das kann ich doch nicht …«
»Doch, das kannst du, und das wirst du auch. Keine Diskussionen, junger Mann. Meine Frau und ich haben das so besprochen. Wenn wir dich schon gehen lassen müssen, dann wollen wir die Gewissheit haben, dass du über genügend Geld verfügst, um deine Reisekosten und sonstigen Ausgaben zu begleichen.«
Ned schüttelte fassungslos den Kopf. »Das kann ich wirklich nicht annehmen. Sie haben bereits so viel für uns getan. Allein schon, dass Sie Bella eine sichere Bleibe geben, bedeutet mir alles. Ich aber werde mir meinen eigenen Weg suchen.«
»Dann betrachte das Geld als zinsloses Darlehen. Und jetzt will ich nichts mehr darüber hören. Du kannst es mir irgendwann zurückzahlen. Wir müssen jetzt über wichtigere Dinge sprechen, Ned.« Er drückte Ned einen zusammengefalteten Zettel in die Hand. »Ich denke, das wirst du brauchen.«
»Ist das Dr. Walkers Adresse?«
»Ja. Die Adresse, die Robbie dir genannt hat, stimmt. Dr. Walker lebt mitten im Zentrum von Bangalore.«
Neds Augen strahlten. »Ich kann mich anscheinend nur immer wieder bei Ihnen bedanken.«
Grenfell hob die Hand. »Da gibt es noch etwas; ich kann es genauso gut frei heraus sagen.« Er lächelte, um dem unvermeidlichen Proteststurm vorzubeugen. »Ich habe Dr. Walker bereits kontaktiert.«
»Wie bitte?«
»Ich hoffe, dass ich dir damit nicht zu nahe getreten bin. Ich habe ihm geschrieben, und er hat mir umgehend geantwortet. Das mit Robbie habe ich ihm allerdings nicht mitgeteilt. Das solltest du besser selbst tun. Ich habe lediglich erwähnt, dass du versuchen wirst, mit ihm Kontakt aufzunehmen.«
»Heißt das, dass er mich bereits erwartet?«
»In der Tat. Er erwartet deinen Besuch und hat angeboten, dir bei der Suche nach einer Arbeit behilflich zu sein, damit du dich etablieren kannst – falls es das ist, wofür du dich entscheidest. Viele junge Leute machen hier in kürzester Zeit ein Vermögen, junger Mann.«
Ned lächelte. »Nun, so eilig habe ich es auch wieder nicht, Indien zu verlassen. Meine Eltern liegen in diesem Land begraben, meine Schwester ist hier glücklich. Ich kann genauso gut versuchen, hier, wo es viel Arbeit gibt, etwas aus mir zu machen …«
»Ich bin mir sicher, dass du recht hast. Also, junger Mann, ich denke, wir sollten den Damen deinen Entschluss mitteilen. Und dann sollten wir für dich ein Ticket erster Klasse nach Bangalore kaufen.«
Nach einer schier endlosen Fahrt mit langen Aufenthalten in Bahnhöfen mitten im Nirgendwo stand Ned endlich auf dem Bahnsteig in Bangalore. Die Landschaft, durch die er gefahren war, war staubig und trocken gewesen. Wenn der Zug aber an Bahnübergängen vorbeigefahren war, wo Menschen, Kutschen, schwer beladene Ochsenkarren und winkende Kinder geduldig darauf warteten, dass er vorbeiratterte, war geradezu ein Meer von Farben explodiert. Einmal hatte Ned ein Fenster geöffnet und sich weit hinausgelehnt, um sich umzusehen. Erschrocken hatte er festgestellt, dass auf dem Dach des Zuges eine Gruppe schmuddeliger Passagiere mitfuhr.
Es war früher Abend. Auf dem Hauptbahnhof von Bangalore wimmelte es nur so von Menschen. Ned sah viele Soldaten. Er hatte bereits gehört, dass Bangalore im Wesentlichen ein militärischer Stützpunkt war, und es war wohl auch das Militär gewesen, das Bangalore zu der eleganten, feierfreudigen Stadt gemacht hatte, die sie jetzt war. Die britischen Armeeangehörigen, deren Frauen, Familien und die riesige Beamtenschaft, die während der Blütezeit der britischen Herrschaft hierhergekommen waren, pflegten in dieser Stadt, die aufgrund ihrer Höhenlage am späten Nachmittag von einer angenehmen Brise gekühlt wurde, einen beneidenswerten Lebensstil. Bangalore war die erste Stadt Indiens, die elektrifiziert worden war, was für das alltägliche Leben ein technisches Raffinement bedeutete, das auf dem übrigen Subkontinent kein
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