Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Ferne. Endlich gelang es ihm, sich zusammenzureißen.
»Ned?«, hörte er Jack im Flur rufen.
Hilfe … Sicherheit. »Ich komme sofort.« Ned heftete seinen Blick zornig auf Brent. »Verschwinden Sie aus meinem Zimmer. Und verschwinden Sie aus diesem Haus. Wenn Sie mir noch ei nmal vor die Augen treten, kann ich für nichts garantieren.«
Brent lachte schallend.
»Außerdem haben Sie meine Frage nicht beantwortet. Warum sind Sie hier?«
»Nun, glaub es oder glaub es nicht, ich habe hier geschäftlich zu tun. Was für ein glücklicher Zufall, denn so ist es mir möglich, dich persönlich darauf hinzuweisen, dass ich über sehr gute Verbindungen verfüge, vor allem in Madras. Es wäre doch wirklich schade, wenn deiner lieben kleinen Schwester etwas zustoßen würde, nicht wahr? Denk einfach daran, dass du Bella schadest, wenn du oder irgendjemand, der dir nahesteht, versucht, meinen guten Namen zu beschmutzen. Ich brauche nur mit den Fingern zu schnippen, Sinclair. Mehr ist gar nicht nötig. Du solltest also besser deinen Mund halten.«
Als Jack, der durch den Flur geschlichen war und die letzten Sätze des Gesprächs mit angehört hatte, merkte, dass sich Brent zum Aufbruch bereit machte, kehrte er auf leisen Sohlen in den Salon zurück.
Dort stellte er sich ans Fenster und beobachtete, wie der dicke Mann schwerfällig durch den Vorgarten und dann in Richtung Innenstadt davonstapfte. Der Rücken seines Anzugs war schweißnass.
Jack brauchte nur kurz nachzudenken. Für Neds Dilemma gab es bloß eine einzige Lösung. Er marschierte an einem überraschten Sabu vorbei zum Zimmer seines Freundes und öffnete ohne anzuklopfen die Tür. Ned stand, die Fäuste geballt, wie angewurzelt da und starrte unverwandt zu Boden.
»Ned?«
»Du hattest recht, Jack. Er hat Bell ganz offen bedroht.«
»Das habe ich gehört. Die Sache ist die, Ned: Deine Schwester ist in Sicherheit, oder es kann zumindest für ihre Sicherheit gesorgt werden. Für andere gilt das jedoch nicht. Brent will dein Schweigen, damit er mit seinem Tun unbehelligt fortfahren kann.«
»So weit habe ich noch gar nicht gedacht. Ich wollte nur einfach nichts mehr mit diesem Schwein zu tun haben. Im Grunde wollen wir beide dasselbe – vergessen, dass sich unsere Wege je gekreuzt haben.«
Jack überlegte. Dann nickte er. »Bella ist ihm entkommen. Aber es wird andere geben, die nicht so viel Glück haben.«
Ned starrte Jack aufgebracht an. »Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Bell in Gefahr bringen?«
»Krieg dich wieder ein, Ned. Der Mann stößt doch nur leere Drohungen aus. Wie soll das denn überhaupt gehen? Er schnippt mit den Fingern, und in Madras springen die Leute? Wie? Madras ist Tausende von Meilen von Rangun entfernt!«
»Per Telefon vielleicht?«
»Ach ja? Glaubst du wirklich, jeder kleine Ganove in Indien hat ein Telefon, so dass der böse Brent einfach bei ihm anrufen kann?«
Jack hatte natürlich recht. »Nein, vermutlich nicht.«
»Vermutlich nicht? Es ist Zeit, endlich erwachsen zu werden, Ned. Du musst hier und jetzt mit diesem Schwein fertig werden.«
»Was meinst du damit?«
»Ich meine, dass du es drauf ankommen lassen solltest.«
»Bell…«
»Ist nicht im Geringsten in Gefahr«, unterbrach ihn Jack energisch. »Schick Grenfell noch heute ein Telegramm. Wenn es sein muss, lass dir ein Telefongespräch vermitteln. Deiner Schwester wird garantiert nichts geschehen, wenn du schnell handelst.«
»Und was schlägst du vor?«
»Nun, zuerst einmal sollten wir Brent folgen, um zu sehen, wo er abgestiegen ist. Komm schon. Ich hasse solche Dreckskerle wie ihn. Dieser fette, schwitzende Fiesling ist zu Fuß davongewatschelt. Wir können ihn noch einholen.«
»Jack …«
»Komm schon, es eilt. Wir können auch beim Gehen weiterreden. Nun mach endlich!«
Und ehe sich’s Ned versah, hatte Jack ihn schon an Sabu vorbei aus der Tür geschoben.
Es dämmerte bereits. Schon bald würde es dunkel werden. Jack konnte im Zweilicht gerade noch erkennen, wie Brent eine Pferdekutsche herbeiwinkte.
»Gibt es in diesem Haushalt Fahrräder?«, murmelte Jack, ohne Brent aus den Augen zu lassen.
»Wie bitte?«
»Fahrräder, schnell!«
»Sabu!«
Der Diener erschien. »Sir?«
»Haben die Walkers Fahrräder?«
»Im Schuppen, Sir.«
»Holt sie!«, forderte Jack Ned und den Hausdiener auf.
Brent wuchtete sich auf den Sitz der Kutsche.
Ned kam mit zwei alten Rädern zurück.
»Du nimmst das Damenrad. Komm schon!«, drängte Jack,
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