Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
nach Madras fahren und dich besuchen würde.«
»Reden Sie weiter, Brent. Was immer Sie zu sagen haben: Spucken Sie’s aus, und verschwinden Sie dann aus diesem Haus.«
»Gut, gut«, sagte Brent und ging mit beschwingtem Schritt auf einen der Lehnsessel zu. »Ich nehme an, dass ich mich wenigstens setzen darf?«
»Sie brauchen es sich gar nicht erst bequem zu machen. Ich werde nämlich schon bald ausgehen.«
»Ach ja? Bangalore ist eine interessante Stadt, wenn man Zutritt zu den richtigen Kreisen bekommt. Wie es mir scheint, bist du einer angesehenen Familie in den Schoß gefallen.«
»Brent, was wollen Sie? Ich glaube nicht, dass ich Ihnen noch mehr zu sagen habe.«
Brents Verhalten änderte sich schlagartig. »Ach nein? Nun, es gibt da sehr wohl ein paar Dinge, über die ich mit dir sprechen will.«
Ned warf einen Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims, die laut vor sich hin tickte. »Ich werde in fünfzehn Minuten abgeholt. Ich gebe Ihnen fünf.«
Brent lächelte wieder, schmierig und unheilvoll. »Welche Selbstbeherrschung du doch zeigst, Edward. In dieser vornehmen Umgebung fühlst du dich offensichtlich wesentlich sicherer als bei unserer letzten Begegnung. Ich nehme an, es ist tröstlich, die Unterstützung einer guten Familie zu genießen, während deine Eltern in ihren schlammigen Gräbern in Rangun verrotten …«
»Guten Abend, Dr. Brent. Ich rufe jetzt den Diener, er wird Sie hinausbegleiten.« Es überraschte ihn selbst, dass seine Stimme so kontrolliert klang, obwohl er das Gefühl hatte, vor Wut gleich zu explodieren. Er drehte sich um und öffnete die Tür, um sich auf den Weg zu seinem Zimmer zu machen. Komm schon, Jack, flehte er im Stillen, während er laut nach Sabu rief.
»Nicht so schnell.« Brent folgte ihm durch den dunklen, ein wenig nach Moder riechenden Flur. Sabu hatte seinen Ruf anscheinend nicht gehört, denn der hochgewachsene Inder tauchte nicht wie aus dem Nichts auf, wie es sonst stets der Fall war. Ned blieb nichts anderes übrig, als in sein Zimmer zu gehen. Zu seiner Bestürzung folgte ihm Brent.
»Raus hier!«, fauchte Ned ihn an.
»Ihr habt geglaubt, ihr könntet mich aufs Kreuz legen, nicht wahr, Sinclair?«
»Das ist uns ja auch gelungen!«, fuhr er Brent an, während er zu seinem Schrank zurückwich und dabei verzweifelt auf das Klopfen an der Eingangstür wartete.
»Robbie nicht.«
»Nun ja, die Cholera sucht sich ihre Opfer zufällig. Ich hoffe, sie erwischt auch Sie eines Tages.«
»Oh, Robbies Tod war kein Zufall.«
Ned öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton heraus. Er spürte, wie seine Wangen brannten, obwohl ihm plötzlich eiskalt war. »Wie bitte?«, flüsterte er schließlich leise.
»Ach du liebe Güte. Hat Robbie dir das nicht erzählt?«
Ned war sich sicher, dass sein schockierter Gesichtsausdruck Brent mehr verriet, als er wollte. Brent kam auf ihn zu. Ned zuckte zusammen.
»Robbie hat versucht, mich umzubringen, Sinclair. Hat er das nicht erwähnt?«
Ned schüttelte benommen den Kopf.
»Nun, wahrscheinlich hat er das wegen der ganzen Aufregung einfach vergessen. Ist dir eigentlich nicht aufgefallen, dass eure Flucht viel zu leicht ging? Du bist perfekt auf meinen Plan hereingefallen. Es war ein wunderbarer Augenblick, als ich hörte, dass du … verschwunden bist.« Er schnippte mit den Fingern vor Neds Gesicht. »Für immer, wie ich hoffte. Was ich allerdings unterschätzt hatte, waren Robbies Zähigkeit und sein Einfallsreichtum. Ich ziehe meinen Hut vor ihm, aber als Robbie das Gelände des Waisenhauses verließ, war er bereits so gut wie tot.«
Ned schüttelte verwirrt den Kopf.
Brent lächelte jenes hinterhältige Lächeln, an das Ned sich auch nach Monaten noch erinnern sollte. »Nun, ich hatte ihn gebeten, meinen Wasserkrug aufzufüllen. Da er mir sehr nervös vorkam, befahl ich ihm, zuerst davon zu nehmen. Obwohl er wusste, dass er sterben würde, hat er ohne zu zögern getrunken, um deine Schwester aus dem Waisenhaus zu schmuggeln. Das Wasser, das er mir gebracht hatte, war nämlich nicht abgekocht.« Brent lachte.
N eds Atem kam stoßweise und gepresst. Jetzt begriff er. Robb ie hatte wissentlich verseuchtes Wasser getrunken – um Bell zu schützen.
»Trotzdem habe ich dem Wasser nicht getraut«, fügte Brent hinzu, aber Ned hörte seine Worte nicht mehr. In seinem Kopf herrschten plötzlich nur noch Wut und Chaos.
Das Einzige, was er noch wahrnahm, war der Türklopfer an der Eingangstür, dann eine Stimme, ganz in weiter
Weitere Kostenlose Bücher