Herzen aus Stein (German Edition)
zurückliegenden Vergangenheit. Abrupt zog er die Hand zurück. Im selben Moment wirbelte sein Engelchen herum und star r te ihn aus großen Augen an. Ihr Atem ging heftig, sie keuchte.
„ Du willst die Hexe! “
„ Was? “ Woher wusste sie davon? „ Du kennst die Hexe? “ Vor Überraschung vergaß er, sie wieder an sich zu reißen. Augenblicklich löste sich der Engel in eine Säule aus hellem Rauch auf, die sich durch einen Spalt am Türrahmen zwängte.
Sie war verschwunden und mit ihr das magische Artefakt. Zurück blieben lediglich eine Feder und ihr Duft, der Ash daran erinnerte, was er soeben alles verloren hatte. „ Verdammte Scheiße! “ Mit einem Aufschrei schleuderte er eine bläulich-knisternde Energiekugel gegen die Tür, sodass diese laut krachend zerbarst wie der Tisch zuvor. Ash bemerkte kaum, dass Holzsplitter auf ihn herabregneten, während er ins Freie trat und sich umsah. Aber der Engel war weg. Ash schütte l te über seine Dummheit den Kopf. Diese Sanduhr hätte all seine Probleme lösen können, doch er hatte es vermasselt. Nicht nur, weil er dumm gewesen war, sondern weil ihn unsagbare Geilheit überfa l len hatte. Wieder einmal hatte ihn seine verdammte Lust in eine katastrophale Situation katapultiert. Schließlich waren auch noch Gewissensbisse in ihm aufgekeimt. Ge - wis -sens-bis-se! Er war ein Dämon, verdammt!
Woher hatte dieses rassige Blondinen-Engelchen plötzlich gewusst, dass er auf die Hexe wartete? Durch eine Vision vielleicht? Ash dachte scharf nach, zumindest so scharf, wie seine Wut und sein Herzrasen, das wild in seinen Schläfen klopfte, es zuließen. Ja, er wusste, dass jeder Engel seine speziellen Fähigkeiten hatte. Sein E n gelchen konnte womöglich Visionen empfangen und Dinge ve r schwinden lassen. Verdammt noch mal!
Laut fluchend stapfte er in den Laden zurück, wo er die Feder au f hob und zwischen den Fingern drehte. Er hatte es gründlich verma s selt. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass wenigstens die Hexe au f tauchte, wenn Raphael sein Versprechen schon nicht hielt.
Kapitel 3 – Aberdeen Airport (Gegenwart)
V
incent beobachtete, wie Noir ihre Kutte überstreifte, Motorrad und Helm auf dem Besucherparkplatz z u rückließ und in den Terminal des Flughafens lief. Schimpfend fuhr sich Vince durchs Haar und kratzte sich an den Hörnern. Es gefiel ihm nie, wenn er seine Hexe aus den Augen la s sen musste.
Im Schutz der Nacht rannte er um das Areal und sprang an einer Stelle, wo ihn niemand sah, über den Sicherheitszaun, der den Flu g hafen umgab. Lautlos landete er im Gras und streckte die Nase in die Nachtluft. Als er einen Hauch von Vanille aufnahm, atmete er auf. Noir befand sich anscheinend auf dem Weg zur Rollbahn. Vincents Herz pochte wild, aber nicht, weil er die vielen Meilen hinter ihrem Motorrad hergelaufen war, sondern weil es ihn fast wahnsinnig machte, nicht in ihrer Nähe sein zu können.
Schon von Weitem sah er das Flugzeug des Magiers, das abflugb e reit in der Nähe der Startbahn stand, ebenso ein Team von Flugh a fenangestellten, das die Maschine betankte und letzte Sicherheit s überprüfungen durchführte. Die Turbinen liefen sich warm. Selbst in dieser Entfernung verursachten sie für Vincents empfindliche Ohren einen Höllenlärm. Es war eine Superjet , eine über zwanzig Meter lange Maschine, die etwa siebzig Personen befördern konnte. Vince war bereits ein paar Mal als blinder Passagier in diesem Flugzeug mitgereist, daher wusste er, wo er sich verstecken konnte.
Er flog förmlich über das Feld, berührte kaum mit seinen nackten Füßen den stoppeligen Boden, bis er sich auf fünfzig Meter genähert hatte. Weiter kroch er über das niedrige Gras, wobei er den Ruc k sack mit seiner Kleidung neben sich herzog, um nicht bemerkt zu werden. Noch bot ihm die Dunkelheit Schutz, aber die Bereiche rund um die Gates und die Flugbahnen waren hell beleuchtet. Es wimmelte zwar nicht von Personal, aber er erkannte mindestens vier Leute in seiner Nähe, die ihn entdecken könnten, wenn er nicht au f passte.
Er schlich weiter an die geteerte Bahn heran, wo er so lange hinter dem Tankwagen kauerte, bis sich eine Gelegenheit bot, ungesehen in die Maschine zu kommen. Die Dämpfe des Kerosins brannten in seiner Nase und er unterdrückte ein Niesen. Er musste sich beeilen, musste irgendwie in das Flugzeug kommen. Noir und Magnus waren bereits nah, doch sehen konnte er sie noch nicht. Trotz des Trei b stoffes nahm Vince ihren Duft
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