Herzen aus Stein (German Edition)
zu liegen. Der gut aussehende , schwarzhaarige Teufel hätte mit ihr machen können, was er wollte. Beinahe hätte sie es auch zugelassen. Ein Zucken ging durch ihren Unterleib, worauf sie die Augen aufriss und ihre Hand zurückzog. Dieses unerträgliche Pochen in ihrer Leibesmitte war kaum auszuhalten. Wenn es nicht bald aufhörte, würde sie noch zerspringen. Niemals konnte sie z u rückfliegen. Der Dämon hätte leichtes Spiel mit ihr. Er hatte die Uhr gewollt, doch die durfte er niemals bekommen. Ein derart mächtiges Artefakt in seinen Händen, du liebe Güte!
Seine Hände, diese geschickten Finger … Kara spürte sie immer noch überall auf sich.
Schlagartig fühlte sie sich von dem Gargoyle, der reglos neben ihr hockte, beobachtet, obwohl das Unsinn war. Lust … Das war für einen Engel verboten.
„ Kara mia “ , wisperte eine Stimme dicht an ihrem Ohr.
„ Molto? “ Kara erschrak so sehr, dass sie beinahe vom Sims g e hüpft und die Sanduhr hinuntergefallen wäre, wenn der große Engel vor ihr sie beide nicht aufgefangen hätte. Es war nicht die Steinfigur, die zu ihr gesprochen hatte, sondern ihr Mentor. Wie aus dem Nichts hatte er sich materialisiert, hielt Kara an den Hüften fest und hob sie auf den Mauervorsprung zurück.
„ Raphael! “ Wie lange war er schon hier? Was hatte er gesehen?
Der Engel gab ihr das Artefakt zurück. Seine ockerfarbenen Schwingen waren so mächtig, dass er nicht auf den schmalen Sims passte, sondern schräg vor Kara in der Luft stand. Sanft lächelte er sie von der Seite an.
„ Wa-was tust du hier? “ Sie ließ die Sanduhr im Tal zwischen ihren Brüsten verschwinden. Dort war sie gut aufgehoben. Der andere Ort, wo sie das magische Artefakt vor dem Dämon versteckt hatte, kribbelte vor Aufregung und kam im Moment nicht als Aufbewa h rungsort infrage .
Raphael verschränkte die Arme vor der Brust. Der Regen war stä r ker geworden, doch weder der Erzengel noch Kara wurden nass. Laut prasselten die dicken Tropfen gegen die Hauswand. Raphael schaute Kara durchdringend an, wobei sie sein Seelenlicht sah, das bei einem Erzengel besonders stark war. Dadurch schien es, als wü r den die grünen Augen in seinem beinahe androgynen Gesicht von innen leuchten. Gleichmäßig schlug er mit den Flügeln, die kaum einen Laut erzeugten. Die braunen Haare, die ihm bis zu den Hüften reichten, bewegten sich sanft im Wind. Raffi war hübsch und gütig und machte gern Witze. Kara mochte seine unkonventionelle Art. Er war anders als die anderen und ihr von allen Engeln des Rates der liebste. Heute schien er noch etwas vorzuhaben, denn er trug einen edlen Anzug. Der mächtige Erzengel musste sich keine Löcher ins Sakko schneiden, damit seine Schwingen Platz fanden. Kara hatte bis heute nicht herausgefunden, wie er das machte. Ihre Kleider zerri s sen jedes Mal, wenn sich ihre Flügel materialisierten. Das würde wohl auf ewig Raphaels Geheimnis bleiben, denn er verriet den Trick nicht. Oder es war ein Privileg der Erzengel.
Es wunderte Kara, was er hier suchte, denn Raphael war viel b e schäftigt. Er war nicht nur ein Erzengel und Mitglied des Rates, der wichtige Entscheidungen innerhalb der Engelshierarchie traf, so n dern auch einer der sieben Herrscherengel, dem jeweils ein bestim m ter Teil der irdischen Welt unterstellt war. Raphael regierte Europa. Von Brüssel aus zog er die Fäden und ließ die Menschen ohne deren Wissen nach seiner Pfeife tanzen.
„ Ich habe auf meinem Rundflug bei den Gargoyles vorbeigeschaut und dich hier verträumt sitzen gesehen “ , sagte er. „ Warum ist die Uhr noch nicht bei der Hexe? “
„ Da war ein Dämon “ , erwiderte sie kleinlaut.
Raphael hob die Brauen. „ Und? “
„ Er wollte die Sanduhr. Da bin ich verschwunden. “
Raphael grinste bis über beide Ohren. „ Kara mia , seit wann wirst du nicht einmal mit einem einzigen Dämon fertig? “
Er kannte meine Schwäche, wollte sie sagen, urplötzlich fiel ihr j e doch ein: „ Er wusste, wie er unsere Fähigkeiten blockieren kann. Er ist gefährlich. Wenn sich das rumspricht, haben die Dämonen leic h tes Spiel mit uns. “
Raphael schien ihre Aussage kühl zu lassen, er ging nicht darauf ein, stattdessen verschwand sein Lächeln. Mit zusammengekniffenen Lidern blickte er sie an. Hatte er jemals zuvor so ernst ausgesehen?
„ Du musst wieder zurück, Kara. Es ist deine Aufgabe, deine Mi s sion. Nur du bist dazu bestimmt. “
„ Warum? Ich verstehe das nicht. Ich bin …
Weitere Kostenlose Bücher