Herzen aus Stein (German Edition)
Vielleicht stöhnte er auch, weil ihm die Verletzungen wehtaten, doch Noir spürte eine Macht, ein Aufflackern von Magie. Hier stimmte etwas nicht. Jemand hatte diesen Gargoyle verzaubert!
Sie wich einige Schritte zurück und zog ihre Messer aus den Sti e feln, während er sich auf dem Badteppich krümmte. Schweiß lief ihm über das Gesicht; er verdrehte die Augen. Als er sich auf die Seite warf, zogen sich seine Schwingen in den Körper zurück, bis sie verschwunden waren. Anstatt der eingerissenen Flügel waren jetzt die Verletzungen auf seinem Rücken zu erkennen, der wie bei einem gewöhnlichen Mann aussah. Nun ja, nicht ganz, denn er besaß breite Schultern, eine kräftige, definierte Muskulatur und schmale Hüften. Dieses Wesen war ein Mann erster Klasse, attraktiver als der heißeste Cover-Boy. Noir kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Mit einem unterdrückten Aufschrei rollte er sich zurück und Noirs Puls beschleunigte sich um noch eine Stufe. Der breite Nasenrücken verschwand und eine schöne Männernase formte sich. Aus den spi t zen Katzenohren wurden menschliche. Die schräg gestellten Augen begradigten sich leicht. Die raubtierhaften Pupillen wurden rund – die steingrauen Iriden blieben. Noir sah sie jedoch nur kurz, denn das Wesen kniff vor Schmerzen die Lider zusammen. Die Verwan d lung ging unaufhaltsam weiter und schnell voran. Aus den Klauen wurden menschliche Hände mit langen Fingern. Es waren schöne Männerhände, schlank, und doch besaßen sie etwas Kraftvolles. Seine Krallen blieben allerdings. Und wie groß der Kerl war. Er füllte immer noch das gesamte Badezimmer aus. Selten gab es Männer, die größer waren als Noir.
Die ausgeprägte Muskulatur ging leicht zurück, dennoch wölbten sich kräftigte Stränge unter seiner Brust, und der Bauch war nur als astreines Sixpack zu bezeichnen. Auch die graue Hautfarbe war ve r schwunden. Er sah beinahe aus wie ein Mensch, besaß nur noch seine Krallen und die scharfen Eckzähne. Demzufolge konnte er kein Gargoyle sein.
Er brüllte noch einmal auf, wobei Noir sein Raubtiergebiss sah, dann blieb er röchelnd liegen.
„ Schaffe es nicht ganz “ , flüsterte er und Noir hörte ihn denken: Keine Kraft.
Sie ignorierte das Klopfen an der Wand, als sich im Nachbarzi m mer jemand über den Lärm beschwerte, den sie veranstalteten. Hatte sie es hier doch mit einem Dämon zu tun? Noir spürte Reste eines Zaubers. Wollte jemand sie manipulieren? Sollte sie durch dieses schöne Geschöpf geblendet werden? Sie hatte eine Schwäche für extragroße Männer. Das wusste allerdings keiner. Ihr Feind würde auch sicher niemanden schicken, der hilfebedürftig war. Oder gehö r te das alles zu einer List, einer großen Verschwörung?
„ Was bist du? “ , wisperte sie, ihre Klinge an seinen Hals gedrückt, wo eine Ader heftig pochte. „ Du bist kein Gargoyle. “
„ Doch. “ Diese Stimme, die jetzt anders klang, nicht mehr rau und knurrend, kam ihr bekannt vor. Auch sein Gesicht – sie hatte es irgendwo schon einmal gesehen.
„ Ich bin ein Gargoyle, dein … Beschützer “ , presste er hervor. Se i ne Lider flatterten.
„ Beschützer? “
Er drehte den Kopf weg, sodass sein Hals noch ungeschützter vor ihr lag. „ Will nicht, dass du Angst hast. “
„ Ich habe keine Angst vor dir, Bestie! “ , rief sie aus.
Beim Wort Bestie zuckte er zusammen, als hätte sie ihn geschl a gen. Ich hab gewusst, dass sie mich abstoßend findet , empfing sie seine G e danken . Sogar wenn ich verwandelt bin.
„ Was? “ Was dachte er nur? Sie fand ihn alles andere als abstoßend, der Typ war eine Wucht. Viel zu attraktiv, das konnte nicht alles von Natur aus gegeben sein. Schwer schluckend starrte sie hinunter auf seinen Bauch. Die zerrissenen Jeans, die nun tief auf seinen Hüften hingen und den Ansatz seines Schamhaars zeigten, verhüllten kaum etwas.
Moment – sie konnte hören, was er dachte!
Noir hielt ihm immer noch die Klinge an die Kehle, drückte j e doch nicht mehr so fest zu. Der große Mann, der hilflos und verletzt auf dem Boden lag, berührte ihr Herz auf sonderbare Weise. „ Wer hat dich geschickt? Woher kennst du meinen richtigen Namen und für wen arbeitest du? “
„ Kenne dich schon, seit du fünfzehn bist “ , erwiderte er leise und schwer atmend. „ Daher … weiß ich, dass du dir … den Namen Noir erst gabst, als du … vor den Dämonen auf der Flucht warst. “
Er wusste verdammt viel. „ Du bist kein Gargoyle, die
Weitere Kostenlose Bücher