Herzen im Feuer
geraubt und mich ohne einen Penny sitzenlassen. Allerdings werde ich erst zu diesem Mittel greifen, wenn Brendan mich nicht zurückhaben will. Doch ich zweifle nicht daran, daß er das will, denn ich bin heute schöner denn je.«
Jacques musterte sie mit professionell kritischem Blick. Sie war tatsächlich eine schöne Frau, allerdings fehlte ihr Mara O'Flynns Kulti-
viertheit, und ihr Aussehen ließ bereits etwas zu wünschen übrig. Die Haut um die Augen war von den vielen langen Nächten und exzessiven Trinkgelagen erschlafft, und selbst Puder und Rouge konnten die Falten in ihrem Gesicht nicht mehr verdecken. Wahrscheinlich würde sie immer fetter werden, bis sie schließlich eine groteske Figur abgab, überlegte Jacques, wobei er beobachtete, wie sie ein üppiges Dessert in sich hineinlöffelte.
Aber noch brauchte sie sich keine Sorgen zu machen. Ihre Schönheit strahlte etwas Erdiges, Sinnliches aus, und jeder Mann spürte, daß sie ihr Geld wert war.
»Ob sie mich wohl erkannt haben?« fragte sich Molly nachdenklich. »Ich habe dieser verdammten Mara O'Flynn direkt in die Augen ge- schaut, aber nichts hat darauf hingedeutet, daß sie mich erkannt hat.«
»Mara O'Flynn ist sehr geschickt, ma chérie«, erklärte ihr Jacques und schaute zu dem anderen Tisch hinüber. Dann erkannte er den blonden Riesen, der bei der Gesellschaft saß, und schlug unangenehm berührt vor: »Ich glaube, wir sollten diese überraschende Wendung der Ereig- nisse erst einmal gründlich analysieren und morgen zur Tat schreiten. Bis dann werden wir einen durchführbaren Plan ausgearbeitet haben.«
»Wir?« fragte Molly mit beißender Ironie und schaute den Franzosen höhnisch an. »Ich wußte gar nicht, daß Sie auch mit Brendan verheiratet waren.«
Aber Jacques ignorierte ihren Sarkasmus. Er rieb mit seinem Finger über ihren Schenkel und antwortete mit zuckersüßer Stimme: »Mais oui, ma chérie. Sie brauchen jemanden, dem Sie vertrauen können, der dafür sorgt, daß die O'Flynns Sie nicht wieder betrügen.«
Molly strich über seinen Arm und lächelte ihn an. »Ich sehe, Sie sind ein brauchbarer Partner, mein Lieber.«
»Ich wußte, daß Sie das schnell begreifen würden«, antwortete er. Er ließ die O'Flynns nicht mehr aus den Augen, bis die fröhliche Runde aufbrach. Und er konnte es sich nicht verkneifen, Mara O'Flynn zuzu- nicken, als sie an seinem Tisch vorbeikam. Sie tat, als hätte sie ihn nicht gesehen und verließ das Restaurant mit hoch erhobenem Kopf.
»Mein Gott, Brendan«, erklärte Mara am nächsten Morgen, als sie ihren Bruder zum Frühstück im St. Francis besuchte. »Ich kann es einfach nicht glauben! Molly! Nach all den Jahren. Und ausgerechnet mit Jacques zusammen.« Sie runzelte besorgt die Stirn.
»Das war doch der Knabe, der sich so schwungvoll aus Jennys Pension verabschiedet hat«, bemerkte Brendan.
»Ja. Er ist ein Halsabschneider, und er vergißt nicht so schnell.«
»Wie kommt es, Schwesterherz, daß du dich mit einem so charakter- losen Gesellen abgegeben hast?« wollte Brendan wissen.
»Ich mußte irgendwie Geld verdienen, während du auf Goldsuche warst, hast du das vergessen? Er besitzt einen Spielsalon, und ich habe für ihn gearbeitet. Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit, deshalb hatte ich gekündigt, kurz bevor du zurückkamst.«
»Na, jedenfalls bist du nicht mit ihm befreundet. U nd wenn ich es mir recht überlege, ist mir das auch lieber so.«
Mara hatte sich entschlossen, ihm endlich einen Gedanken nahezu- bringen, der ihr seit geraumer Zeit im Kopf herumging. »Ich frage mich, ob wir unser Geld nicht in ein Geschäft investieren sollten. Wir könnten vielleicht eine Pension eröffnen. Oder sogar unser eigenes Hotel bauen lassen. Was hältst du davon, Brendan?« fragte Mara ängst- lich, denn sie bemerkte, daß sich Brendans Miene spöttisch verzog.
»Meine Liebe, du hast wirklich Sinn für Humor. Ich nehme natürlich an, daß du das nicht ernst gemeint hast. Kannst du dir Brendan O'Flynn als Geschäftsmann vorstellen? Allein der Gedanke ist absurd. Wahr- scheinlich sähest du mich am liebsten in einer Metzgerei, eine blutige Schürze um den Bauch u nd einen Haufen Innereien vor mir. Oder sollte ich lieber eine Wäscherei eröffnen? Noch haben die Chinesen diese Branche fest in der Hand, aber ich könnte mir ja einen Ratten- schwanz wachsen lassen, damit man mich nicht erkennt.« Brendan schüttelte nachsichtig den Kopf. »Meine Liebe, es ist höchste Zeit, daß du nach
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