Herzen im Feuer
mir manchmal zu schaffen.«
Brendan nickte verständnisvoll und ernst. Dann lächelte er ihr noch einmal zu und verschwand in sein Schlafzimmer.
Mara stieg die Treppen hinunter und ging durch die Hotellobby, ohne die Männer wahrzunehmen, die ihr interessiert nachschauten, und ohne sich noch einmal umzudrehen. Als sie die Eingangstür er- reicht hatte, wurde diese von einer hilfreichen Hand aufgehalten.
Mara schaute auf, um sich höflich zu bedanken, und blickte in Nicholas Chantales wütendes Gesicht. Sie protestierte nicht, als er sie am Ellenbogen faßte. Er geleitete sie die Straße entlang, bis sie an eine kleine Gasse gelangten. Dann zog er sie in die Dunkelheit. Der Gestank fauligen Mülls verpestete die Luft.
»Entzückend«, murmelte Mara.
»Du wirst entschuldigen, aber ich wollte mich ungestört mit dir unterhalten«, erklärte Nicholas mit honigsüßer Stimme, so als hätte er versehentlich ihr Kleid bekleckert und sie nicht in eine düstere, stin- kende Gosse verschleppt.
Mara lief ein Schauer über den Rücken, denn sie hörte von den
Müllhaufen her das schrille Quieken und das Scharren der Ratten, deren Millionenheere die Stadt bevölkerten.
»Ich hoffe, du fürchtest dich nicht, meine Süße«, hauchte er in ihr Ohr.
»Vor wem? Vor dir oder vor den Ratten?« gab Mara prompt zurück.
Nicholas mußte lächeln. »Ach, Mara, du langweilst mich nie. Du ärgerst, provozierst, beleidigst und erzürnst mich, aber du langweilst mich nie.«
»Was willst du, Nicholas?« wollte Mara wissen. Trotzig schaute sie ihm ins Gesicht, denn sie war fest entschlossen, sich nicht länger von ihm einschüchtern zu lassen.
»Bist du die zweideutigen Anspielungen endlich leid? Also gut«, erklärte Nicholas abrupt, »ich möchte, daß du den Schweden in Ruhe läßt.«
Mara starrte Nicholas fassungslos an. »Du hast Angst um deinen Freund? Weiß er eigentlich, daß du dich für sein Kindermädchen hältst?« fragte Mara abfällig. Sie hoffte, daß er nicht merkte, wie sehr er sie verletzt hatte. »Ich glaube nicht, daß ihm das gefallen würde. Er ist ein erwachsener Mann und kann selbst auf sich aufpassen. Niemand hat es gern, wenn man sich ungebeten in seine Angelegenheiten mischt, Monsieur«, machte sie sich über ihn lustig. Er soll te über den Schweden und sie denken, was er wollte, entschied sie. Sie würde ihm nicht verraten, daß sie lediglich miteinander befreundet waren. Soll er sich doch ruhig zum Narren machen, dachte sie wütend.
Nicholas' Lippen wurden schmal. »Ich gebe dir nur einen freundli- chen Rat, Mara. Treib keine Spielchen mit dem Schweden. Ich weiß, wer du bist, und wenn irgendwas passiert. . . Von hier aus kannst du nicht so leicht nach Paris fliehen. Ich werde dich im Auge behalten.«
Mara lächelte ihn an, doch in ihren Augen loderte es zornig. »Ach nein, vertreibst du dir inzwischen die Zeit damit, Damen einzuschüch- tern? Hast du denn eigentlich überhaupt noch Zeit für dich selbst? Um deinen Heiligenschein zu polieren zum Beispiel?« höhnte sie. »Du bist schlimmer als ich, Nicholas, denn du bist ein Heuchler und Lügner!«
»Paß auf, daß du nicht die Beherrschung verlierst, Mara«, warnte sie Nicholas, dem nicht entgangen war, daß sie ihre Hand zur Faust geballt hatte. Er erinnerte sich noch allzugut an den Schlag, den sie ihm versetzt hatte.
»Nicht für alles Gold in Kalifornien würde ich dich anrühren! Du
hast mich angelogen. Du hast mich glauben lassen, ich hätte deinen Neffen auf dem Gewissen. Das war jämmerlich!« Mara versagte bei- nahe die Stimme vor Wut. »Wie sehr mußt du mich hassen, Nicholas.«
Nicholas schwieg einen Augenblick, dann antwortete er kühl: »Es hat nichts geschadet, daß du einmal im Leben etwas Reue fühltest. Vielleicht lernst du ja irgendwann, die Gefühle anderer Menschen zu respektieren. Nicht, daß ich irgendwelche Wunder erwarten würde, Darling«, fügte er hinzu.
Mara war sprachlos, und so wandte sie sich wortlos um und ließ ihn in der Gasse stehen. Er würde niemals seine Meinung über sie ändern. Niemals. Seine Verbitterung war stärker als jedes andere Gefühl. Er gab ihr nicht einmal eine Chance. Sie eilte auf die geschäftige Straße und tauchte in der Menge unter.
Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Molly ließ nichts mehr von sich hören. Aber Mara wußte sehr wohl, daß sie nicht einfach aus ihrem Leben verschwinden würde. Sie wartete nur auf den geeigneten Augenblick, um zuzuschlagen. Sie mußten damit
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