Herzen im Feuer
daß ich kein Geld mehr habe. Gestern schleppten mich Jac- ques und der Graf zu ihr. Ich konnte entkommen, aber ich hatte nicht damit gerechnet, daß sie sich an Paddy vergreifen würden«, berichtete Mara mit zitternder Stimme. »Ich wußte, daß sie mir auch weiterhin Schwierigkeiten machen würde. Deshalb wollte ich San Francisco so schnell wie möglich verlassen. Und während ich mich von Ihnen verab- schiedete, drangen die beiden Männer in die Pension ein und raubten Paddy. Sie haben Jamie einen Arm gebrochen und Jenny geschlagen.« Mara konnte ihre Stimme vor Wut kaum beherrschen.
»Mein Gott!« entfuhr es dem Schweden, und er ballte die Fäuste. »Sie haben die Frauen geschlagen!«
»Es sind Bestien, und Molly ist die schlimmste von allen«, weinte Mara verzweifelt. »Wie kann sie ihrem eigenen Sohn so etwas antun? Ich muß ihn finden!«
»Woher wissen Sie, wo er ist?« fragte Nicholas und warf einen Blick aus dem Fenster. Sie näherten sich bereits den Hafenanlagen.
»Ich schlich mich in Mollys Haus, weil ich dachte, sie hätten Paddy dorthin gebracht.«
Nicholas schaute sie überrascht an. Seine Augen verengten sich. »Du wolltest ihn ganz allein retten? Und was wolltest du damit beweisen?«
»Ich bin nicht so hilflos, wie du denkst, Nicholas. Ich habe eine Waffe. Und ich kann damit umgehen«, belehrte ihn Mara mit mühsam bewahrter Fassung. »Paddy ist für mich wie mein eigener Sohn. Ich würde alles tun, um ihn zurückzubekommen.«
»Das glaube ich dir, Mara«, bestätigte Nicholas leise. Er begann zu ahnen, welche Kraft und Stärke diese rätselhafte Frau besaß.
»Sie hätten mir von Ihren Sorgen erzählen sollen, Mara«, entrüstete sich der Schwede. »Ich hätte Ihnen helfen können. Sie hätten nicht fortzulaufen brauchen.«
»Ich wollte Sie nicht in diese Angelegenheit hineinziehen. Vielleicht wären Sie verletzt worden. Und außerdem«, fügte Mara mit einem traurigen Seufzer hinzu, »dachte ich, wir wären verschwunden, bevor noch etwas passieren konnte.«
»Wissen Sie, nach welchem Lagerhaus wir suchen?« unterbrach Ni- cholas sie und ließ die Kutsche halten.
»Ich weiß nur, daß von Nägeln die Rede war, mehr nicht«, antwor- tete Mara ihm stirnrunzelnd.
»Das muß reichen«, kommentierte Nicholas. »Am besten wartest du hier in der Kutsche. Am allerbesten wäre es, wenn der Kutscher dich zurück zur Pension bringen würde. Du kannst dort auf uns warten.«
»Nein!« widersprach Mara und sprang aus der Kutsche auf die schlammige Straße, bevor Nicholas oder der Schwede sie aufhalten konnten. »Ich werde nicht warten. Ich komme mit«, entschied sie. »Ihr werdet mich nicht davon abhalten. Ich muß dabeisein, Nicholas.«
»Du kannst sie genausogut mitkommen lassen«, sagte der Schwede. »Besser, sie ist bei uns, als daß sie irgendwo in der Dunkelheit herum- schleicht.«
Nicholas zuckte mit den Achseln, entlohnte den Kutscher und ver- sprach ihm ein saftiges Trinkgeld, falls er warten würde. Den Schweden und Mara an seiner Seite, begann er, die Straße hinunterzugehen.
Langsam gingen sie an den Lagerhäusern entlang und versuchten die verblaßten Aufschriften zu entziffern. In manchen wurden Haushalts- waren und Wolle gehandelt, in anderen Druckmaterialien und Papier, Schiffsvorräte oder Glas. Alle Gebäude waren stockdunkel. Doch aus einem drang Licht durch ein kleines Fenster auf der Rückseite. Und vorn wurde in großen Lettern für Baumaterialien geworben.
»Wahrscheinlich haben sie sich in einem kleinen Büro hinten verkro- chen. Am besten sicherst du die Rückseite, Schwede. Höchstwahr- scheinlich gibt es einen Hinterausgang aus dem Büro auf die Straße. Ich schleiche mich durch den Haupteingang hinein«, bestimmte Nicholas ruhig. »So haben wir sie zwischen uns. Du erinnerst dich doch an den Indianerschrei, mit dem du früher immer die Passagiere auf den Missis- sippidampfern erschreckt hast?«
»Klar doch«, antwortete der Schwede breit grinsend, denn er erriet Nicholas' Plan.
»Gib mir ein paar Minuten, Schwede, dann kommst du durch die Tür, wenn du soweit bist«, sagte Nicholas. Ohne ein weiteres Wort verschwand er in der Dunkelheit.
Mara zuckte ängstlich zusammen, als sich eine schwere Hand auf ihre Schulter legte. Dann hörte sie die tiefe Stimme des Schweden dicht an ihrem Ohr. »Wir bringen ihn zurück, Mara. Das verspreche ich Ihnen«, versicherte er ihr und ging davon, um vor der Hintertür Position zu beziehen.
Mara zückte ihren kleinen Derringer und
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