Herzen im Feuer
Geliebter, Schwede, und das weiß er auch. Er weiß ganz genau, daß ich nicht das bin, als was er mich eben hingestellt hat. Nun wird er nie von meiner Liebe erfahren. Vielleicht werde ich ihn ja eines Tages vergessen können.« Sie schaute den Schweden an und brachte ein Lächeln zuwege. »Viel Glück, Schwede.«
Mara eilte zurück zur Pension. Sie hoffte, daß Jamie Paddy bereits angezogen hatte und bereit zur Abreise war. Hastig zog sie sich die Haube vom Kopf und die Handschuhe von den Händen, als sie in der Eingangshalle stand. Dann ließ sie ihre Stimme durch das schweigende Haus schallen.
»Jenny? Ich bin wieder da. Ich hoffe, es bleibt noch Zeit für eine Tasse Tee, bevor wir gehen müssen. Es tut mir leid, daß es länger gedauert hat, aber -«
Sie unterbrach sich, als sie die Tür zum Speisesaal öffnete. Die Mittagstische waren noch nicht abgeräumt.
»Miss O’Flynn?« ertönte eine klägliche Stimme hinter ihrem Rük- ken.
Mara wirbelte mit klopfendem Herzen herum. »Himmel, hast du mir einen Schrecken eingejagt, Gordie! Wo seid ihr denn alle? Es ist so ruhig hier.«
Gordies Unterlippe begann zu beben, dann rollte eine dicke Träne über seine Wange. »Oben. Ein Mann hat Mama weh getan. Dann hat er Paddy mitgenommen. Er war so böse. Alle haben geweint, und dann hat er Jamie getreten. Ich hab' mich unter der Treppe versteckt. Mama hat gesagt, ich soll auf Sie warten, Miss O’Flynn.«
Maras Augen weiteten sich vor Schreck. Sie stöhnte auf und eilte an Gordie vorbei die Treppe hinauf zu Jennys Zimmer. Weinen und leise Stimmen drangen heraus.
Sie stieß die Tür auf und starrte fassungslos auf die kleine Gruppe, die sich schutzsuchend zusammengekauert hatte. Jamies und Jennys Haare waren zerzaust, und Jenny hielt Peter in ihren Armen, über dessen kleines Gesicht immer noch Tränen flossen.
»Um Gottes willen«, flüsterte Mara atemlos, als sie Jennys blutunter- laufenes Auge und die aufgeplatzte Lippe sah. Jamies Arm hing in unnatürlichem Winkel herunter, und sie hatte die Augen vor Schmerz geschlossen.
»Mara!« rief Jenny aus, als sie ihre Freundin in dem schweren Mantel erkannt hatte. »Dem Himmel sei Dank, daß Sie endlich da sind!«
Mara trat langsam ins Zimmer. Gordie schoß an ihr vorbei und rannte zu Jenny. Paul stand auf der anderen Seite des Stuhles wie einer seiner standhaften Zinnsoldaten.
Mara schaute die beiden Frauen an und ahnte bereits, was sie jetzt zu hören bekommen würde.
»Sie sind eingedrungen und haben nach Paddy gefragt«, schilderte Jenny mit stockender Stimme. »Ich habe sie gleich wiedererkannt, aber diesmal war der Schwede nicht da, um sie aufzuhalten.«
Jamie hielt sich den gebrochenen Arm vor die Brust, während sie sich vor Schmerz wiegte. Plötzlich begann sie zu jammern: »Sie haben Paddy. Himmel, sie haben Paddy mitgenommen. Und er hat geschrien und sich gewehrt, und plötzlich war er ganz still. Was haben sie mit ihm gemacht, was haben sie bloß mit ihm gemacht? Das hat alles diese
Teufelin ausgeheckt. Ich hab' ihr nie vertraut. Hoffentlich verrottet sie bald in der Hölle, dieses Miststück!« fluchte Jamie. Dann begann sie zu schluchzen.
»Wir haben versucht, sie aufzuhalten«, erklärte Jenny so verzweifelt, daß Mara vor Schmerz zusammenzuckte, »aber gegen zwei Männer konnten wir nichts ausrichten. Was wollen sie denn eigentlich von uns?«
Mara traute ihren Sinnen nicht mehr. Molly hatte ihren Sohn von Jacques und dem Grafen kidnappen lassen. Sie hatten zwei harmlose Frauen gequält, die niemandem etwas Böses getan hatten. »Dafür wird sie bezahlen«, schwor Mara mit eisiger Stimme. In ihren Augen loderte mörderischer Zorn. »Sind Sie verletzt?« fragte sie unvermittelt.
»Ich bin ein bißchen durcheinander, aber sonst ist alles in Ordnung«, versicherte ihr Jenny. Dann warf sie einen besorgten Blick auf die ältere Frau neben ihr und ergänzte: »Aber ich glaube, Jamies Arm ist gebro- chen.«
Mara nickte und ging zu Jamie hinüber, die wie betäubt auf den Boden starrte und immerzu Paddys Namen murmelte. Mara kniete vor ihr nieder und blickte in die geröteten Augen. »Ich werde ihn finden, Jamie. Das schwöre ich bei Brendans Grab. Ich werde dir Paddy wohlbehalten zurückbringen.«
Jamie schniefte und schaute Mara an. Plötzlich wirkte sie ein wenig erleichtert. »Sie werden Paddy zurückholen? Sie nehmen ihn ihr wieder weg?« fragte sie und nickte dann, als würde sie das, was sie in Maras Gesicht sah, zuversichtlich stimmen.
»Ich
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