Herzen im Feuer
den Kopf und gab ihm ein Zeichen, sie laufenzulassen.
»Sie hat verloren, und sie weiß es«, sagte er und wandte sich wieder dem kleinen Jungen zu. »Ich glaube, wir brauchen uns um sie keine Sorgen mehr zu machen.«
»Wenn sie noch einmal Schwierigkeiten macht, dann wird sie sich wünschen, nie nach Kalifornien gekommen zu sein«, versprach der Schwede. Seine sanften blauen Augen funkelten jetzt zornig.
Als Mara den markerschütternden Schrei des Schweden gehört hatte, war sie, gelähmt vor Angst, erstarrt, bis sie Kampflärm und schließlich einen Pistolenschuß hörte. Dann hatte sie sich wieder in der Gewalt und rannte zum Eingang des Büros, aus dem im gleichen Augenblick eine Gestalt herausgelaufen kam. Dann standen Mara und Molly Ange- sicht in Angesicht.
Die beiden Frauen starrten sich eine Sekunde lang schweigend an, dann deutete Molly auf die kleine Pistole, die Mara auf sie gerichtet hatte.
»Du wirst sowieso nicht schießen«, spie sie. »Aber wenn ich eine Waffe hätte, wärst du schon tot. Du glaubst, du hast gewonnen, aber du täuschst dich. Diesmal hast du Hilfe gehabt, aber die beiden können dich nicht rund um die Uhr beschützen«, drohte sie höhnisch. »Vergiß nicht, daß ich das Vermögen haben will und daß ich hier auf dich warte. Ich kann mindestens fünfzig Freunde organisieren, die sich das Geld gern mit mir teilen würden. Du hast nicht gewonnen, Mara O'Flynn ... eines Tages nämlich ich der Sieger sein.« Sie stieß Mara gegen die Wand und eilte die Gasse hinunter auf die Straße.
Mara atmete zitternd aus und stieg über die zersplitterte Tür auf dem Boden in das Büro. »Paddy!« schrie sie und schaute sich verzweifelt um.
Als er Maras Stimme hörte, brach es aus Paddy heraus, und er versuchte, sich laut weinend aus seinen Fesseln zu befreien.
Nicholas trat beiseite, als Mara in den Raum gelaufen kam. Sie hatte nur Augen für Paddy, der apathisch in der Ecke hockte. Der Schwede ging vor ihm in die Hocke und schnitt das Seil durch, mit dem seine Hände und Füße zusammengebunden waren. Dann hielt Mara ihn in ihren Armen. Sie drückte ihn an ihre Brust.
»Sie hat gesagt, sie ist meine Mama. Das ist sie doch gar nicht! Ich hasse sie!« heulte Paddy. Seine Stimme wurde gedämpft, als er seine Arme um ihren Hals schlang. »Sie ist böse und gemein, und ich hasse sie!«
»Schon gut, alles ist gut. Mara ist ja da. Ich passe schon auf, daß dir nichts passiert. Komm, Paddy, wir gehen jetzt. Sie wird dir nie wieder etwas tun, das verspreche ich dir«, sagte Mara, während sie sich hoch- mühte. Paddys Gewicht zerrte an ihr.
»Ich nehme den kleinen Kerl«, bot ihr der Schwede an, nahm Paddy auf seinen Arm und grinste ihn an.
Mara drehte sich um. Erst jetzt sah sie das Blut auf Nicholas' Hemd. »Um Gottes willen, Nicholas«, hauchte sie und eilte ihm zu Hilfe. Er schwankte leicht.
Sie legte ihren Arm um seine Taille, stützte ihn und führte ihn zur Tür, ohne das Blitzen in seinen Augen zu beachten. Sie ließen den ohnmächtigen Grafen und das, was einmal Jacques d'Arcy gewesen war, zurück.
Nicholas, der immer schwerer wurde, an ihrer Seite, folgte Mara dem Schweden hinaus in die Nacht. Sie spürte Nicholas' warmen Atem auf ihrer Stirn. »Geht es noch oder willst du dich ausruhen?«
Nicholas schaute auf sie herab. Sie sah besorgt aus. »Kümmert dich das denn?« fragte er sarkastisch.
»Ja, das tut es«, antwortete Mara schlicht. Dann traten sie auf die Straße. Beinahe wäre sie in den Schweden hineingelaufen, der wie zur Salzsäule erstarrt vor ihr stand und in den Himmel schaute.
»Mein Gott! Die Stadt brennt!«
Mara und Nicholas folgten ungläubig seinem Blick. Flammen zün- gelten über die Dächer San Franciscos, und ein Hitzeschwall hüllte sie
ein. Instinktiv hielt sich Nicholas an Maras Schulter fest. Schweigend beobachteten sie, wie schwerer Rauch über den Häusern aufstieg und sich der ganze Himmel blutrot färbte.
»Anscheinend hat es am Portsmouth Square begonnen, aber es brei- tet sich rasch aus«, befand Nicholas sorgenvoll.
»Jamie!« rief Mara entsetzt. Sie starrte in die Flammen, die aus den Ruinen schossen. »Und Jenny mit den Buben! Sie sind mittendrin. Wir müssen ihnen helfen!«
Immer mehr Menschen drängten auf die Straßen, um das Geschehen zu verfolgen. In der Ferne hörte man die Feuerglocken läuten.
Der Schwede schaute die Straße hinunter, wo die Kutsche warten sollte. Sie war verschwunden. Ein Mann kletterte eben in einen offenen Wagen,
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