Herzen im Feuer
ihn mit einem zweifelnden Blick. »Bis jetzt haben die O’Flynns noch niemandem aus Schwierigkeiten herausgeholfen. Und was, bitte schön, ist ein rancho?«
Brendan zuckte mit den Achseln. »Ein riesiges Gut jedenfalls. Weißt du, Mara, hier in Kalifornien ist alles viel größer. Manche ranchos haben über hunderttausend Morgen! Mehr Grund als das ganze County Galway!«
Mara schaute ihn ungläubig an. »Und was macht ein Mensch mit so- viel Land?«
»Keine Ahnung«, gab Brendan zu. »Aber ich sage dir eines: Es ist immer gut, Land zu besitzen. Irgend etwas kann man immer damit anfangen. Und hier gibt es Land genug, sogar für die O’Flynns.«
»Woher willst du wissen, daß dieser Don Luís die Wahrheit sagt?«
»Ich sollte nun wirklich erkennen, wann jemand lügt«, gab Brendan ungewohnt freimütig zu.
»Und warum sitzt dieser Spanier in der Patsche?« fragte Mara, die langsam neugierig wurde.
»Meine Liebe, ich weiß nicht allzuviel über diese Sache, aber anschei- nend fällt eines seiner Geschäfte ins Wasser, wenn wir ihm nicht beistehen.« Brendan grinste.
»Irgendwie habe ich das Gefühl, daß mir diese Sache nicht gefallen wird«, prophezeite Mara düster.
»Ah, Schwesterherz, ich dachte, für dich sei keine Herausforderung zu groß und keine Rolle zu schwierig.« Brendan seufzte bedauernd und scheinbar enttäuscht, beobachtete aber seine Schwester aus den Augen- winkeln heraus.
Mara hörte auf, an dem Spitzenbesatz ihres Ärmels herumzuspielen, und blickte ihren Bruder mißtrauisch an. »Und welche Rolle soll ich spielen, Brendan O’Flynn?« fragte sie ruhig.
»Wie wäre es, die geliebte Nichte des Don darzustellen und sich auf einem rancho verwöhnen zu lassen?« Brendans braune Augen glänzten vor Begeisterung.
Mara erwiderte schweigend seinen Blick, und eine Sorgenfalte grub sich in ihre Stirn. Sie wußte, daß sie sich auf keinen von Brendans Plänen einlassen sollte, denn sie gingen fast immer schief. »Und warum soll ich die Nichte des Kaliforniers spielen?« wollte sie wissen. »Mir kommt das sehr merkwürdig vor. Außerdem, wer nimmt mir armem irischen Mädel die spanische Nichte ab? Eine so gute Schauspielerin bin ich nun auch wieder nicht«, wandte sie ein.
Brendan grinste. »Und wer sagt, daß das Mädel Spanierin ist? Zufäl- lig«, belehrte er sie mit Wohlgefallen, »ist sie zur Hälfte Engländerin. Sie heißt Amaya Vaughan, und ihr Vater ist ein englischer Kapitän, der sich in Kalifornien niederließ, als das Land noch zu Mexiko gehörte. Er heiratete Don Luís' Schwester und kaufte sich eine Parzelle Land. Anscheinend war das sonst früher für Ausländer nicht möglich. Um Landbesitzer zu werden, nahm er sogar die mexikanische Staatsbürger- schaft an und trat zum Katholizismus über. Unglücklicherweise starb seine Gattin nach ein paar Jahren und ließ ihn mit einer Tochter zurück. Der Kapitän, der noch nie viel für seine spanischen Verwandten übrig gehabt hatte, schickte das Mädel nach England zu seiner eigenen Fami- lie. Als er wenige Jahre später starb, gab es für das Mädchen keinen
Grund, hierher zurückzukommen. Außerdem hätte der gute alte Kapi- tän lieber auf See bleiben sollen, denn als Landbesitzer war er eine ziemliche Niete. Kurz bevor er starb, mußte er sein ganzes Land verkaufen.«
Brendan schenkte sich einen Whiskey ein und nahm einen großen Schluck, bevor er weitersprach. »Nun war die junge Dame bereits als Kind in Kalifornien einem Mann versprochen worden, und die spani- schen Verwandten bestehen darauf, daß das Eheversprechen eingelöst wird. Also reist Don Luís los, um seine Nichte zurück auf den rancho und zu ihrem Verlobten zu bringen. Habe ich dir gesagt, daß es sich bei dem Verlobten um denselben ranchero handelt - so nennen sich diese Leute -, mit dem Don Luís ein Geschäft machen möchte? Ich brauche dir wohl nicht erst zu erklären, wie wichtig die Verbindung zwischen der Nichte und diesem ranchero für Don Luís ist.«
Wie von Brendan beabsichtigt, war Maras Interesse geweckt. »Und was passierte in England? Hat Don Luís seine Nichte gefunden?«
»Ja. Und zwar in York. Doch eine so kalte, steife alte Jungfer hat die Welt noch nicht gesehen, das meinte jedenfalls Don Luís.« Brendan kicherte diabolisch. »Kannst du dir vorstellen, wie die Damen rea- gierten, als der Don plötzlich auftauchte? Himmel, sie sind wahr- scheinlich ohnmächtig über ihren Teetäßchen zusammengebrochen.«
Mara mußte kichern, als sie sich die
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