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Herzen im Feuer

Herzen im Feuer

Titel: Herzen im Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Sorgen, aber das würde sie Brendan keinesfalls verraten. Er verstand es, die Ängste anderer Menschen zu seinem Vorteil auszunutzen.
    Paddy lag auf einer der Kojen und starrte in die Luft. Er sah aus wie eine kleine Kopie von Brendan. Als Mara eintrat, begannen seine Augen jedoch zu leuchten, und ein breites Lächeln trat auf sein Gesicht.
    »Du warst so lange weg, Mara. Ich mag nicht so lange allein bleiben«, klagte er mit breitem irischen Akzent. Er legte seine kleine Hand in Maras, die sich neben ihn auf den Kojenrand setzte. Er schaute sie mißbilligend an, seine dunkelbraunen Augen erinnerten Mara an die eines Fauns.
    »Du bist schon fast so charmant wie dein Vater, was?« fragte Mara mit gespielter Entrüstung. »Und dabei bist du erst sechs Jahre alt. Ich möchte, daß du ordentlich sprichst, Padraic«, ermahnte sie ihn liebe- voll. »Ich möchte, daß du es zu etwas bringst, und ein irischer Akzent wird dir das nur erschweren.«
    »Aber manchmal hast du auch einen, Mara«, widersprach Paddy. »Wenn du richtig böse bist und deine Backen ganz rot sind, dann sprichst du so komisch. Ich will auch so sprechen, und Papa spricht auch so.«
    »Nun, Master Padraic, du bist aber nicht dein Papa, deshalb brauchst du auch nicht so zu klingen. Papa und ich reden nur so, wenn wir allein sind. Wir können genausogut ein ausgezeichnetes Englisch sprechen.

Wir sind Schauspieler, und es gehört zu unserem Beruf, viele Dialekte zu beherrschen. Irisch ist nur einer davon. Aber du«, sie schaute Paddy in die Augen, »solltest anständig Englisch lernen. Es ist schon schwer genug, auf dieser Welt zurechtzukommen, ohne daß man Ire ist.« »Warum ist es so schwer, wenn man Ire ist?«
    »Weil«, seufzte Mara, »nur wenige Menschen Zeit für einen Iren haben. Nur der liebe Gott vergißt nicht, daß wir seine Kinder sind. Und seit der großen Hungersnot, während der so viele von unseren Lands- leuten starben, frage ich mich manchmal, ob nicht auch er uns vergessen hat. Wir müssen ganz allein zurechtkommen, Paddy. Niemand schenkt den O’Flynns etwas«, erklärte sie ihm bitter. »Und dabei bin ich manchmal des Kämpfens so müde.«
    Sie schob Paddy die rotbraunen Locken aus der Stirn. »Also wirst du wie ein feiner Londoner Herr sprechen - oder ich lasse dich über die Planke marschieren«, schloß Mara. Dann blickte sie sich um. »Wo ist Jamie?«
    Paddy lachte, als das Schiff plötzlich schwankte und er aus der Koje rollte. Er kletterte zurück und antwortete gleichgültig: »Ach, sie ist wieder krank. Sie wurde ganz grün und sah ganz komisch aus. Schließ- lich hat sie gesagt, sie geht lieber an Deck, und ist rausgelaufen.« Dann fragte er hoffnungsvoll: »Glaubst du, es ist schön dort, Mara? Ich mag nicht mehr auf dem Schiff bleiben. Hier kann ich gar nichts machen, und ich habe niemanden zum Spielen. Kommen wir denn nie an?« fragte er weinerlich.
    »Nun, wenn man dem Kapitän Glauben schenken kann, dann müß- ten wir in einigen Tagen anlegen«, versicherte ihm Mara. »Allerdings hat er das gleiche auch schon vor einer Woche gesagt«, fügte sie insge- heim hinzu.
    »Wie ist Frisco? Ist es wie London oder Paris oder Dublin?« wollte Paddy als erfahrener Reisender wissen.
    »Das weiß ich auch nicht«, antwortete Mara wahrheitsgetreu, »aber ich glaube, es ist mindestens so fein wie London. Wo man soviel Gold gefunden hat, müssen alle leben wie die Könige.«
    Paddy hörte ihr aufmerksam zu, und seine dunklen Augen leuchte- ten vor Vorfreude. »Und gibt es dort jeden Morgen Vanillebaisers und Schokolade zum Frühstück? Und niemand muß grüne Bohnen essen?«
    Mara lächelte amüsiert. »Warum nicht? Wer macht einem reichen Mann schon Vorschriften? Obwohl ich glaube, daß er lieber ein paar

Eier und Bratkartoffeln essen würde und dazu ein Brötchen mit Butter und vielleicht Honig... meinst du nicht auch?«
    »Vielleicht«, lenkte Paddy ein, »aber ich mag am liebsten Baisers.«
    »Du wirst jede Menge davon kriegen, wenn wir in San Francisco sind.«
    »Kann ich nicht jetzt schon welche haben?« bettelte Paddy. »Ich mag keinen Fisch und Kartoffeln mehr essen.«
    Mara seufzte müde. Wie konnte sie einen lebhaften kleinen Jungen über so lange Monate unfreiwilliger Gefangenschaft hinweg beschäfti- gen? Schon längst hatte sie ihm alle Geschichten erzählt und alle Spiele mit ihm gespielt, und der Beutel mit Zuckerwerk, den sie in Rio de Janeiro gekauft hatte, war beinahe leer. Paddy hatte recht, das Essen an Bord war fade

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