Herzen im Feuer
einladen sollen, mit dir nach Beaumarais zu kommen. Sie hätte dich bestimmt gern begleitet. Glaubst du, ihr Vater würde -« Mara unterbrach sich, als sie Nicholas' erheiterten Blick bemerkte.
»Du hast es also wirklich nicht gemerkt?« fragte er.
»Was denn?« fragte Mara unsicher zurück.
»Françoise ist eine femme de couleur, sie ist zu einem Achtel Nege- rin«, erklärte ihr Nicholas ruhig. »Sie und Alain sind die Kinder meines Onkels Etienne und einer Terzeronin. Olivia, Françoises Mutter, war von unbeschreiblicher Schönheit. Ich verstehe gut, warum mein Onkel nie geheiratet hat und immer noch um sie trauert.«
»Was geschah mit ihr?«
»Sie starb vor langer Zeit. Danach brachte Etienne Alain und Fran- coise mit auf die Plantage, wenn er uns besuchte. Deshalb kenne ich Françoise so gut. Aber nun ist sie eine erwachsene Frau, und das ändert die Lage. Sie würde sich auf Beaumarais nicht wohl fühlen.«
Mara schüttelte den Kopf. »Ich hatte ja keine Ahnung ... Darauf wäre ich nie gekommen. Sie sieht aus wie...« Mara ließ den Satz in der Luft hängen.
»Sie sieht aus wie du und ich«, beendete ihn Nicholas für sie. »Wenn sie in Frankreich leben würde, wäre sie eine Weiße, aber sie lebt mit ihrem Geliebten in New Orleans, und hier ist sie weniger wert, obwohl sie eine freie Bürgerin ist. Trotzdem bleibt sie hier. Sie wurde hier geboren, ihre Kinder sind hier aufgewachsen, und hier wird sie sterben. Sie ist zu sehr Kreolin, um anderswo glücklich sein zu können.«
Mara schaute aus dem Kutschenfenster und begriff in diesem Augen- blick, daß Nicholas ebenfalls heimgekommen war. Sie fragte sich, ob er wohl anderswo jemals glücklich sein könnte.
Die Kutsche hielt vor ihrem Hotel. Nicholas führte sie durch die belebte Lobby und die Treppe hinauf zu ihrer Suite.
»Du wirst wahrscheinlich gleich nach Beaumarais abreisen wollen«, begann Mara, »und da ich so bald wie möglich nach Europa Weiterrei- sen möchte, sollten wir die nötigen Vorbereitungen für unsere Schiff- spassage jetzt gleich treffen.«
Als er ihre kühlen, fast beiläufigen Worte hörte, hielt Nicholas am Geländer der Galerie an, faßte sie am Ellenbogen und drehte sie zu sich herum. Sein Mund verzog sich zu einem freudlosen Lächeln. »Du scheinst es ja plötzlich sehr eilig zu haben, mich loszuwerden. Möchtest du etwa nicht mehr mit mir zusammen gesehen werden, nachdem ich immer noch ein Ausgestoßener bin?« fragte er hämisch.
Mara begriff, daß jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt für eine Versöh- nung war. »Du weißt, daß das nicht stimmt«, stritt sie ab. »Gerade du solltest wissen, daß ich mich einen Dreck um die Meinung der Leute schere. Ich will nach Europa zurück, Nicholas. So lautete unser Ab- kommen.«
»Und wie willst du die Überfahrt bezahlen?« fragte er mit falschem Mitgefühl.
»Vergib mir bitte meine Offenheit, aber dein Gedächtnis scheint dich im Stich zu lassen. Du selbst hast mir angeboten, die Überfahrt nach Europa zu bezahlen. Oder willst du unser Abkommen nicht einhal- ten?«
Nicholas' Brauen zogen sich gefährlich zusammen. »Und wenn ich das täte?«
»Dann werde ich meinen Schmuck verkaufen müssen«, erklärte ihm Mara knapp.
»Damit, meine Liebe, könntest du dir höchstens eine Koje im Zwi- schendeck erkaufen, aber keine Privatkabine«, belehrte er sie. »Aber
keine Angst, ich habe nicht die Absicht, unseren Vertrag zu brechen. Ich möchte lediglich bestimmen, wann ihr abreist. Es paßt nicht in meine Planungen, wenn ihr New Orleans schon jetzt verlaßt.«
»Zum Teufel mit deinen Planungen!« Zorn stieg in Mara auf. »Du irrst dich, wenn du glaubst, du könntest über mein Leben bestimmen. Das geht dich nämlich überhaupt nichts an, Monsieur Chantale. An- scheinend hast du immer noch nicht begriffen, wozu ich fähig bin.«
Nicholas lächelte grimmig. »Ich habe dich noch nie unterschätzt, Mara.«
Seufzend gab sich Mara geschlagen. »Worauf willst du eigentlich hinaus, Nicholas? Plötzlich verhältst du dich, als wäre ich dein persön- licher Besitz, wie eines jener bemitleidenswerten Geschöpfe, die dort drüben versteigert werden.« Dann fügte sie mit einem verächtlichen Lachen hinzu: »Vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee. Mit einem persönlichen Empfehlungsschreiben von dir könnte ich bestimmt ein Vermögen machen.«
Mara zuckte zusammen, als sich Nicholas' Finger noch tiefer in ihren Ellenbogen gruben. »Mein Gold ist genauso wie das eines anderen.«
Weitere Kostenlose Bücher