Herzen im Feuer
Erholung, aus so vielen Köstlichkeiten auswählen zu können. Es gab Schinken, Beefsteak mit Zwiebeln, Beefsteak mit Tomaten, Beef- steak à la Creole, Hammel und Kalbsleber; gebratenen Fisch, Bratkar- toffeln, Zwiebeln, Maisbrei, Kabeljaufilet, frittierte Maisbällchen oder Kochbananen; Hafergrütze, Dampfkartoffeln, Kartoffelkroketten, Hackfleisch oder Jambolaya; Waffeln, Brötchen, Weizen- und Buch- weizenpfannkuchen, Vollkornbrot, trockenen Toast, Toast mit Butter oder Grahambrot. Zu trinken gab es grünen, schwarzen und Oolong- Tee; Kaffee oder Mokka; Milch, heiße Schokolade oder, wem es be- liebte, einen leichten Rotwein.
Mara seufzte. Jedenfalls würde sie keinen Fisch und keine Kartoffeln wählen, denn beides hatte sie während der letzten Monate zur Genüge genossen.
»Vielleicht ist es am besten, wenn ich bestelle«, schlug Nicholas vor. Schnell und gekonnt stellte er für alle außer Paddy ein Menü zusam- men, der seine Bestellung schon aufgegeben hatte.
Als Mara später ihren Kaffee trank, ließ sie ihren Blick über die versammelten Passagiere schweifen und bemerkte eine stämmige Dame in einem hellrosa Kleid, die über und über mit Perlen behangen war und Nicholas interessiert durch eine Lorgnette musterte.
»Du scheinst eine Verehrerin zu haben«, kommentierte Mara amü- siert und lenkte Nicholas' Aufmerksamkeit auf die Dame.
Er drehte sich um und schaute der Frau ins Gesicht. Doch der direkte Blickkontakt schien sie aus der Fassung zu bringe n. Sie war keinesfalls eine Verehrerin, denn als sie sein Gesicht sah, verwandelte sich das zarte Rosa ihres Teints in Purpur. Sie konnte ihre Wut kaum unterdrücken. Ihr Busen hob und senkte sich aufgeregt, sie stieß ihren Stuhl zurück und richtete sich auf. Obwohl sie nicht groß war, bemühte sie sich um diesen Eindruck, als sie mit hocherhobenem Kopf aus dem Saal mar- schierte. Das aus dem mörderisch engen Korsett quellende Fett bebte unter ihrem Kleid, und ihr Rücken war steif wie ein Besenstiel, als sie hinausrauschte.
»Offensichtlich hat sie sich an mich erinnert«, kommentierte Nicho- las gelassen ihren Abgang.
»Wer ist sie?« erkundigte sich Mara.
Nicholas zuckte mit den Achseln. »Ich kann mich nicht an ihren Namen erinnern, aber ihr mißbilligender Blick kommt mir irgendwie vertraut vor. Sollen wir gehen?« Damit war der Vorfall für ihn offenbar erledigt.
Die Begegnung mit der Fremden, die Nicholas nach so vielen Jahren offensichtlich immer noch nicht verziehen hatte, beschäftigte Mara während der nächsten Stunden. Wie würde erst seine Familie auf seine Rückkehr reagieren?
»Wann werden wir in Beaumarais ankommen?« fragte Mara vorsich- tig nach dem Mittagessen. Nicholas hatte den Vormittag über ge- schwiegen.
»In etwa einer Stunde. Es hat mich viel Zeit und Geld gekostet, bis ich den Kapitän davon überzeugen konnte, vor Beaumarais anzule-
gen«, antwortete Nicholas mit unverhohlenem Mißmut. »Offenbar legen die Dampfer jetzt vor Sandrose an, nicht mehr vor Beaumarais.«
Eine Stunde später war das Schiff am Dampfersteg von Beaumarais vertäut, nachdem die Schiffssirene die Ankunft verkündet hatte. Das Gepäck wurde auf den kleinen Pier geladen, und dann stand die kleine Gruppe einsam zwischen den aufgestapelten Koffern, während der Dampfer wieder in die Strömung des Flusses zurückglitt und seinen Weg nach Norden fortsetzte.
Nicholas schaute sich auf dem Pier um, dessen Balken sich einst unter der Last hochgestapelter Baumwollballen und Zuckerrohrbündel ge- bogen hatten, die darauf warteten, verladen zu werden.
»Paß bloß auf, daß du nich' in den Fluß fällst, Paddy!« rief Jamie dem Jungen zu, der in Schlamm geraten war und um ein Haar das Gleich- gewicht verloren hätte. »Ich hab' keine Lust, dich da wie 'nen alten Schuh wieder rauszuangeln.«
»Das Haus liegt etwas abseits vom Fluß, und da niemand mit unserer Ankunft rechnet...« Nicholas ließ den Satz unvollendet.
»Haben wir einen kleinen Fußmarsch vor uns?« ergänzte Mara.
Nicholas grinste. »Ich hoffe, ihr habt eure Wanderschuhe an. Aber wenn euch das zuviel ist, könnt ihr hier warten, und ich hole euch mit einer Kutsche ab«, erbot er sich gnädig, aber seine Augen blitzten herausfordernd.
Mara erwiderte seinen Blick mit einem Lächeln. »Damit wir das fröhliche Wiedersehen verpassen? Ich glaube, ich gehe lieber zu Fuß, danke.« Dann sah sie zu Jamie. »Wie sieht es mit dir aus? Möchtest du hier auf eine Kutsche warten oder zu Fuß
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