Herzen im Feuer
entgegen. Ȇberlassen Sie das mal mir, was ich gerecht
find' und was nich'. Ich kann mit meinen Ersparnissen machen, was ich will. Wenn Sie das Geld nich' annehmen, dann« - sie überlegte blitz- schnell - »kauf ich mir dafür 'ne Pelzstola und 'nen Muff und vielleicht noch 'ne Diamantkrone. Ich seh' mich schon damit durch die Straßen spazieren!«
»Wie du willst, Jamie«, erklärte Mara mit gespieltem Ernst, »nach- dem du zur Familie O'Flynn gehörst, hast du natürlich ein Mitsprache- recht. Dann zählen wir mal und schauen, wieviel wir haben.«
»Es is' nich' grad' ein Vermögen«, meinte Jamie einschränkend. Nervös sah sie zu, wie Mara den Beutel öffnete. »Aber es wird uns aus New Orleans rausbringen.«
Mara starrte fassungslos auf die Münzen in ihrem Schoß. Mit einer solchen Summe hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte nicht geglaubt, daß Jamie soviel zusammengespart hatte. Natürlich war es kein Vermögen, aber damit konnte sie die Schiffskarten zur Hälfte bezahlen.
Mara schaute auf, und als Jamie ihre Miene sah, seufzte sie erleichtert. Zum erstenmal in ihrem Leben fühlte sich Jamie wirklich zur Familie O'Flynn gehörig.
»Toll, Jamie ist reich!« rief Paddy ehrfürchtig aus und wühlte mit den Händen in dem Geldhaufen.
»Es is' mit harter Arbeit ehrlich verdientes Geld«, wies ihn Jamie zurecht. Endlich einmal stand sie im Mittelpunkt. »Vergiß das nich', Paddy.«
»Ich werde auch einmal reich, aber ich werde noch viel reicher als Jamie«, verkündete Paddy mit arrogant vorgerecktem Kinn. In diesem Augenblick wirkte er wie eine Kopie seines Vaters.
Mara fuhr ihm durch die wirren Locken und schwor sich insgeheim, daß Paddy nicht wie Brendan werden würde, daß er niemals zu unlau- teren Mitteln greifen oder gar sein hübsches Gesicht einsetzen müßte, um seine Ziele zu erreichen. Paddy würde es besser haben - wie auch ihr eigenes Kind.
Mit Jamies Geld und dem Erlös aus dem Verkauf ihres Schmucks buchte Mara Kabinen auf einem Schiff, das nach London fuhr und Ende der Woche die Segel setzen sollte.
Während der folgenden Tage beschränkten sie sich auf eine warme Mahlzeit täglich, die sie in einem kleinen Restaurant nahe ihrem Hotel einnahmen, und füllten ansonsten ihre Mägen mit Brot und Obst vom Markt.
Zugleich aber wurden Maras Kleider immer enger, und sie wurde sich der Tatsache bewußt, daß sie ihre Garderobe ergänzen mußte, wenn sie in den nächsten Monaten überhaupt noch etwas zum Anziehen haben wollte. Sie entdeckte einen Schneider nahe dem französischen Markt, der ihr ein paar preiswerte Kleider anfertigen würde. Doch obwohl der Mann billig arbeitete, durchfuhr Mara ein eiskalter Schreck, als er den Preis nannte. Mit dem Packen unter ihrem Arm machte sie sich über den abendlichen Marktplatz auf den Heimweg.
Die leeren Stände gähnten sie an, und schnell bog sie in eine der schmalen Straßen ein, die von dem Platz wegführten. Ein leichter Regen fiel, der die Straße glitschig machte. Plötzlich hörte sie laute Stimmen hinter sich. Sie warf einen Blick über ihre Schulter zurück und erblickte eine Gruppe von Nachtschwärmern, deren Gesichter hinter seltsamen Masken verborgen waren und die mitten auf der Straße spazierten.
Als Mara ihren Weg fortsetzte, entdeckte sie mehr und mehr Feiernde in den schmalen Gassen. In ihrem dunklen Cape entging sie den Blicken der meisten jener grell maskierten fröhlichen Menschen, von denen einige bereits nicht mehr ganz sicher auf den Beinen waren und andere lauthals singend durch das alte französische Viertel zogen. Dies also war der berühmte Mardi Gras. Auf Sandrose hatten sich die Gäste ebenfalls darüber unterhalten, ja, manche schienen gar kein anderes Thema mehr zu kennen.
Als sie gerade eine Kreuzung überquerte, wurden ein paar Männer mit grotesken Masken auf sie aufmerksam. Das flackernde Licht der Fackeln verlieh der Szenerie etwas Dämonisches.
»Mademoiselle! Mademoiselle! OH allez-vous? Attendez-moil« rief ihr eine kostümierte Gestalt hinterher.
Mara verschwand in der Dunkelheit und begann die enge Straße entlangzulaufen, in der sie ihr Hotel vermutete. Ihr Atem ging schwer, und sie bekam Seitenstechen. Im Dunkel unter einem Balkon hielt sie inne, um Atem zu schöpfen. Sie drehte sich um und schaute nervös zurück. Dunkle Schatten huschten über das Pflaster. Man suchte nach ihr.
Sie atmete tief durch, löste sich von der Wand und verschwand in einer unbeleuchteten Seitengasse. Immer wieder stolperte
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