Herzen in Gefahr
er im Stillen hinzu. Bedürfnisse, die ihm dermaßen zusetzten, dass er kaum mehr klar denken konnte. Was passierte mit einem Mann, dessen Gedanken sich nur noch um eine einzige Frau drehten?
Während Cathleen schweigend neben Keith herging, betrachtete sie aufmerksam ihre Umgebung. Sie sah die vielen lila Krokusse auf den nassen, zum Teil noch mit Schnee bedeckten Wiesen, die sanften Hügel, die von den letzten Strahlen der schon tief stehenden Sonne beschienen wurden. Sie betrachtete die Ställe, deren weiß gestrichenes Holz leuchtete, die Pferdekoppeln und den Reitplatz, auf dem gerade ein junges Pferd zugeritten wurde.
»Wie schön dieses Stück Land ist«, sagte sie leise. »Bist du nicht stolz darauf, dass es dir gehört?«
Keith hatte bisher nie darüber nachgedacht. Aber jetzt, da sie ihm diese Frage stellte, blieb er stehen und schaute sich nachdenklich um. Ja, es war wirklich schön, und all das gehörte ihm. Vielleicht lag es an Cathleen, dass er langsam zu verstehen begann, warum er nach vier Jahren immer noch hier war. Er fasste sie bei der Hand. »Komm mit, ich möchte dir etwas zeigen.«
Sie kamen zu den Ställen, wo es nach Pferden und nassem Gras roch. Zu ihrer großen Erleichterung ging Keith an ihnen vorbei zu einer Pferdekoppel, wo eine Stute mit ihrem rotbraunen Fohlen stand.
»Dies ist der jüngste Bewohner von Three Aces.«
Vorsichtig näherte sich Cathleen der Umzäunung. »Sie sind so niedlich, wenn sie jung sind, nicht wahr?« Sie überwand ihre Angst vor der Stute und beugte sich über den Zaun, um das Fohlen näher zu betrachten. Die Luft war mild, und man spürte, dass der Frühling nicht mehr weit war. Es war zwar nicht so grün hier wie in Irland, aber die Landschaft war ihr vertraut. Auf einmal fühlte sie sich richtig heimisch. Lächelnd beobachtete sie, wie das Fohlen bei der Mutter trank. »Wenn das mein Bruder Joe sehen könnte«, sagte sie. »Er liebt Tiere.«
»Fehlt dir deine Familie sehr?«
»Es ist seltsam, sie nicht mehr jeden Tag zu sehen. Ich wusste gar nicht …« Sie zögerte. »Wenigstens bekomme ich nur gute Nachrichten von zu Hause.« Gedankenverloren betrachtete sie das Fohlen, das auf unsicheren steifen Beinen in der Koppel herumlief. »Wenn ich morgens aufwache, denke ich jedes Mal, ich muss ins Hühnerhaus hinuntergehen. Aber hier gibt es keine Hühner.« Das Fohlen kam an den Zaun, um sie zu beschnuppern. Ohne nachzudenken, streckte Cathleen die Hand aus und kraulte es zwischen den Ohren.
»Hättest du denn gern Hühner?«
»Ich glaube, ich kann auch ganz gut ohne Hühner leben«, erwiderte sie lachend. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie das Fohlen streichelte. Sofort wollte sie die Hand zurückziehen, doch Keith hielt sie fest und legte sie auf den Kopf des Fohlens zurück.
»Manchmal überwindet man seine Ängste am besten, wenn man sie in kleinen Schritten angeht«, meinte er. »Und der Kleine ist doch solch ein zutrauliches Kerlchen.«
»Vielleicht hast du recht, auch wenn ich seiner Mutter nicht so recht traue.« Das Fohlen steckte seinen Kopf durch den Zaun und knabberte an ihrem Mantel. »Den darfst du nicht essen«, sagte Cathleen lachend. »Es ist der Einzige, den ich mitgebracht habe.« Nach wenigen Minuten hatte das Fohlen kein Interesse mehr an ihr und ging wieder zu seiner Mutter. »Wird es einmal ein Champion werden?«, fragte Cathleen.
»Wenn ich Glück habe, ja.«
Cathleen trat von der Umzäunung zurück. Die Hände in die Manteltaschen gesteckt, schaute sie zu ihm auf. »Warum hast du mich hierher gebracht?«
»Ich weiß es nicht.« Keith hatte vergessen, dass seine Stallburschen und Farmarbeiter ihn beobachten konnten. Als er die Hand an ihre Wange legte, dachte er nur an Cathleen. »Ist das denn so wichtig?«
War sie bereits so weit, dass eine Berührung von ihm genügte, um sie aus der Fassung zu bringen? Cathleen spürte, wie sie feuchte Handflächen bekam. »Ich glaube, ich sollte lieber ins Haus zurückgehen«, sagte sie.
»Du hast heute schon eine Angst überwunden. Warum bewältigst du nicht gleich noch eine?«
»Ich habe keine Angst vor dir.« Die Behauptung stimmte sogar. Ihr heftiges Herzklopfen hatte nichts mit Angst zu tun.
»Vielleicht nicht«, meinte er versonnen und legte ihr die Hand in den Nacken, um sie an sich zu ziehen. Dafür hatte er Angst, Angst davor, dass ihm die Kontrolle entglitt, dass sie mit ihm machen konnte, was sie wollte.
Sie sehnte sich so nach ihm. Aber sie wollte dieser Sehnsucht nicht
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