Herzen in Gefahr
Dee, die auf der anderen Seite des Tisches die Gläser und das Silber sortierte.
»Überhaupt nicht mehr.«
»Gut. Wir haben nämlich nur noch zwei Stunden Zeit, bevor die ersten Gäste kommen. Hast du vielleicht etwas auf dem Herzen, worüber du mit mir sprechen möchtest?«
»Nein.«
»Womöglich etwas, das mit deiner schlechten Laune in den vergangenen zwei Wochen zu tun hat?«
Cathleen stützte das Kinn in die Hände. »Die amerikanischen Männer sind noch unhöflicher und arroganter als die irischen.«
Dee kam um den Tisch herum, um ihr die Hand auf die Schulter zu legen. »Hat Keith dich irgendwie verärgert?«
»Das kann man wohl sagen.«
Dee musste über den angriffslustigen Ton ihrer Cousine lächeln. »Ja, er hat so eine gewisse Art«, bemerkte sie hintergründig.
»Eine Art, die mir nicht zusagt.«
»Dann brauchen wir uns auch nicht den Kopf darüber zu zerbrechen«, meinte Dee leichthin. »Machen wir uns lieber für die Party zurecht.«
Cathleen nickte und stand auf. Sie sah dem Fest mit gemischten Gefühlen entgegen. Schon als Dee das Silber herausgelegt und die Kristallgläser bereitgestellt hatte, war sie misstrauisch geworden. Als dann kistenweise Champagner angeliefert wurde und der Partydienst die exotischsten Delikatessen ins Haus brachte, wurde ihr klar, dass Dee einen besonderen Abend plante. Noch nie hatte sie so viele Blumen gesehen. In großen Wannen wurden sie ins Haus geschleppt und überall kunstvoll arrangiert.
»Das reinste Irrenhaus, nicht wahr?«, meinte Dee, als sie zusammen die Treppe hinaufgingen. Sie führte Cathleen in ihr Schlafzimmer, wo sie eine große, flache Schachtel vom Bett nahm und ihr reichte. »Hier, das ist für dich.«
»Was ist das?«
»Ein Geschenk. Komm, nimm es endlich.«
»Du brauchst mir keine Geschenke zu machen.«
»Ich weiß. Ich tue es auch nur, weil es mir Freude macht. Wir alle wollten dir eine Freude machen. Betrachte es als eine Art Willkommensgeschenk.«
»Ich möchte ja nicht undankbar erscheinen, aber …«
»Gut. Dann tu so, als ob es dir gefällt, auch wenn es vielleicht nicht ganz dein Geschmack sein sollte.« Sie setzte sich aufs Bett und deutete auf die Schachtel »Mach sie auf. Ich bin gespannt, was du dazu sagst.«
Cathleen zögerte kurz, legte aber schließlich die Schachtel aufs Bett und nahm den Deckel ab. Unter Lagen von dünnem weißen Papier schimmerte smaragdgrüne Seide. »Oh«, sagte sie staunend, »was für eine herrliche Farbe.«
»Willst du das Kleid nicht herausnehmen?«, fragte Dee. »Ich bin so neugierig, wie es dir steht.«
Mit den Fingerspitzen berührte Cathleen die Seide, bevor sie das Kleid vorsichtig aus der Schachtel nahm. Es hatte einen tiefen Ausschnitt und einen langen, engen Rock. Dee stand auf, um es ihrer Cousine anzuhalten.
»Ich wusste es«, sagte sie strahlend. »Ich war sicher, dass es dir steht. Oh, Cathleen, du wirst umwerfend darin aussehen.«
»Es ist das schönste Kleid, das ich je gesehen habe.« Fast andächtig strich Cathleen über den Stoff. »Es fühlt sich richtig verführerisch an.«
Lachend trat Dee einen Schritt zurück. »Und es wird auch verführerisch aussehen. Den Männern werden die Augen aus dem Kopf fallen.« Sie drückte Cathleen die Schachtel in die Hand. »Komm, zieh es an, mach dich fertig.«
Cathleen küsste ihre Cousine auf beide Wangen. Dann drückte sie sie kurz und fest an sich. »Vielen Dank, Dee. Ich bin gleich fertig.«
»Lass dir Zeit.«
»Nein, ich will das Kleid so schnell wie möglich anziehen, damit ich es länger tragen kann.«
Als Keith bei den Grants vorfuhr, war die Stimmung auf der Party bereits großartig. Eigentlich hatte er gar nicht kommen wollen, sondern vorgehabt, nach Atlantic City zu fahren und ins Spielkasino zu gehen. Am Roulettetisch hätte er seine schlechte Laune am besten abreagieren können. Da wäre er wenigstens in einer vertrauten Umgebung gewesen. Die Gutsbesitzer mit ihrem alten Geld und ihrer Arroganz gegenüber jedem Außenstehenden interessierten ihn nicht.
Nur um die Grants nicht vor den Kopf zu stoßen, war er schließlich doch noch gekommen. Die Tatsache, dass er Cathleen auf der Party treffen würde, hatte seinen Entschluss nicht beeinflusst. Das versuchte er sich jedenfalls einzureden. Seit ihrem letzten Zusammensein war er zu der Überzeugung gelangt, dass der Funke zwischen ihnen zwar ein kurzes Strohfeuer entfacht hatte, doch inzwischen erloschen war. Er sagte sich, dass das überwältigende und beunruhigende
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