Herzen in Gefahr
sie auf den Boden zurück.
»Hast du Cathleen gesehen?«
Travis, der sich gerade gebückt hatte, um die Beine seines Pferdes zu streicheln, schaute auf. »Nein, Keith. Ich habe sie seit heute früh nicht mehr gesehen. Ich nahm an, dass sie ins Hotel zurückgefahren ist.«
»Möglich. Vielleicht war sie erschöpft und hat sich ein Taxi genommen.« Logisch, dachte Keith. Natürlich ist sie ins Hotel gefahren. Trotzdem überkam ihn ein komisches Gefühl, irgendeine seltsame Ahnung. »Wir sind heute früh zusammen hergekommen. Normalerweise wartet sie auf mich.«
Travis richtete sich auf. »Sie sah etwas müde aus. Vielleicht wollte sie sich vor der Party heute Abend ein wenig hinlegen.«
»Vermutlich hast du recht.« Es klang wirklich sehr einleuchtend. Sie lag bestimmt in der Badewanne, um sich anschließend für die Party zurechtzumachen. »Ich werde zum Hotel zurückfahren und nachschauen, ob sie dort ist«, erklärte er.
»Keith? Stimmt irgendetwas nicht?«
Seine Hände waren kalt. »Es ist alles in Ordnung, Travis. Wir sehen uns nachher.«
Auf der Fahrt zum Hotel nahm seine Nervosität mit jeder Minute zu. Es sah Cathleen nicht ähnlich, einfach ohne ein Wort zu verschwinden. Aber andererseits hatten sie in den letzten Tagen kaum miteinander gesprochen.
Das lag nur an ihm, das wusste er. Es war ihm nicht recht, dass sie hier war. Und trotzdem empfand er so etwas wie Dankbarkeit, dass sie ihm zur Seite stand. Aber Dankbarkeit erzeugte Schuldgefühle. Und noch mehr Verantwortung. Und mit beidem wurde er schlecht fertig.
Wenn das Derby vorbei und der Skandal überstanden war, würde er mit ihr reden. Sie mussten sich aussprechen. Und vielleicht konnte er ihr dann von seiner Vergangenheit erzählen. Wenn sie ihn daraufhin verließ, war das immer noch besser als diese ständige Angst, sie könnte herausfinden, aus welchen Verhältnissen er kam. Früher hatte er sich seiner Vergangenheit nie geschämt. Das tat er erst, seitdem er sie kannte. Auch das hatte er ihr zu verdanken.
Als er das Hotel erreichte, hatte er die denkbar schlechteste Laune. Er wusste, es war lächerlich, ihr einen Vorwurf daraus zu machen, dass sie ohne jede Erklärung die Rennbahn verlassen hatte, nachdem er die ganze Woche lang kaum Notiz von ihr genommen hatte. Aber, verdammt noch mal, sie hatte ihn so abhängig von ihr gemacht. Es war alles viel leichter zu ertragen, wenn er wusste, dass er sich nur umzuschauen brauchte, um sie zu sehen. Und auch das gefiel ihm nicht.
Er hatte sich in eine dermaßen gereizte Stimmung hineingesteigert, als er die Suite betrat, dass er drauf und dran war, Streit mit ihr anzufangen. »Cathleen?«, rief er und knallte die Tür hinter sich zu. Aber bereits im Salon merkte er, dass sie nicht da war. Wieder spürte er, wie seine Hände kalt wurden.
Er ging ins Schlafzimmer. Hatte sie ihn verlassen? Hatte er sie so weit getrieben, dass sie keinen anderen Ausweg sah, als diesen letzten Schritt zu tun? Er musste sich fast dazu zwingen, die Schranktüren zu öffnen. Als er sah, dass all ihre Sachen noch da waren, wurde ihm fast schwindlig vor Erleichterung. Wahrscheinlich war sie einkaufen gegangen oder beim Friseur. Aber trotz dieser logischen Erklärung wurde er das beklemmende Gefühl nicht los.
Als eine halbe Stunde später das Telefon klingelte, stürzte er zum Apparat. Das musste sie sein. Aber nicht Cathleen, sondern Travis war am Apparat.
»Keith? Ist Cathleen im Hotel?«
»Nein.« Sein Mund wurde trocken. »Warum?«
»Lloyd Pentel hat mir grade ihren Ehering gebracht. Er hat ihn in den Ställen gefunden.«
»Was? In den Ställen?« Ohne es zu merken, sank er auf den nächsten Stuhl. »Da stimmt etwas nicht. Cathleen würde niemals allein in die Ställe gehen. Sie hat Angst vor Pferden.«
»Keith«, sagte Travis ruhig, »war sie zwischendurch irgendwann einmal im Hotel?«
»Nein, es sieht nicht so aus. Ich will mit Pentel sprechen.«
»Ich habe schon mit ihm gesprochen. Er hat sie auch nicht gesehen. Hör zu, Keith. Vielleicht ziehen wir voreilige Schlüsse. Trotzdem glaube ich, wir sollten die Polizei benachrichtigen.«
Cathleen hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Trotz aller Anstrengung war es ihr nicht gelungen, die Fesseln zu lockern. Ihre Handgelenke brannten, und ihr Körper schmerzte. Als sie ein zweites Mal aufstehen wollte, war sie gestürzt und hart mit der Hüfte auf den Metallboden aufgeschlagen. Sie hatte schreckliche Angst gehabt, dass der Sturz ihrem Baby geschadet hatte, und
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