Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
unterbrachen ihre Gespräche und blickten ihr nach. Sie wollten die Frau sehen, die sich vor ihren Vater gestellt hatte, um ihn ganz allein gegen ein komplettes Regiment zu verteidigen.
Josette folgte Dammartin, bis sie zu der Stelle kamen, wo er sein Pferd gelassen hatte. Der Bursche stand noch immer daneben und hielt die Zügel. Dammartin reichte ihm das Gepäck, und der junge Mann warf es über den Rumpf des Tieres und schnallte es fest. Neben dem großen Braunen des Capitaine stand eine kleinere Grauschimmelstute. Mit einem Kopfnicken wies Dammartin in ihre Richtung.
„Sie werden feststellen, dass Fleur schneller ist als ein Esel“, erklärte er Josette und reichte ihr einen dunkelblauen Umhang. „Es lag ein Mantelsack mit Frauenkleidern beim Gepäck Lieutenant Colonel Mallingtons. Ich nahm an, es müsse Ihrer sein.“
Erfreut ergriff Josette das Cape, hielt sich einen Zipfel des warmen Wollstoffs an die Nase und atmete den schwachen Duft nach Lavendel und Rosmarin ein. Als sie diesen Umhang zuletzt getragen hatte, war ihr Vater noch am Leben gewesen, ebenso wie siebenundzwanzig andere Menschen.
„Es ist meiner, vielen Dank, Capitaine Dammartin“, sagte sie gezwungen und legte sich das Cape um die Schultern.
„Wir können Ihnen keinen Damensattel geben.“
„Ich reite auch im Herrensitz.“
Ihre Blicke trafen sich für einen Moment, dann sah sie zu Boden und hob ihre Röcke ein kleines Stück an. So sittsam es ihr möglich war, schob sie einen Fuß in den Steigbügel und saß auf.
Die Soldaten warfen anerkennende Blicke auf ihre Knöchel und Waden, die sich, sosehr sie auch versuchte, den Saum herunterzuziehen, einfach nicht bedecken ließen. Mehrere der Männer pfiffen bewundernd, einer machte eine grobe Bemerkung. Obwohl sie heftig errötete, weigerte sich alles in ihr, verschämt den Blick zu senken. Stattdessen hob Josette stolz das Kinn.
„Genug“, fuhr Dammartin die Soldaten auf Französisch an. „Kümmert euch sofort um eure Pferde. In fünf Minuten brechen wir auf.“
Ein weiterer Offizier gesellte sich zu ihnen. Unter dem schimmernden Helm lugte hellbraunes Haar hervor.
Dammartin nickte ihm knapp zu. „Mademoiselle Mallington, dies ist Lieutenant Molyneux.“
Molyneux nahm den Helm ab und deutete eine Verbeugung an, so gut es ihm im Sattel möglich war. „Mademoiselle.“
Seine Galanterie ließ Dammartin die Stirn runzeln.
Josette sah zwischen dem gut aussehenden, freundlichen jungen Lieutenant und dem finsteren Capitaine hin und her. Sie war froh, dass es Molyneux sein würde, der sie zu Massenas Feldlager begleitete. Dammartin hatte sie seine Verachtung so deutlich spüren lassen, dass sie sich keine Illusionen machte, was seine Meinung über sie anging. Trotzdem wollte sie ihrem Vater Ehre machen und selbst unter den widrigsten Umständen höflich bleiben.
„Leben Sie wohl, Capitaine Dammartin.“
„Leider trennen sich unsere Wege noch nicht, Mademoiselle.“
Josette hob erstaunt die Augenbrauen.
„Sie reiten mit uns“, erklärte er ihr.
„Aber Sie sagten doch …“ Ihr Blick schweifte zu Molyneux.
„Ich fürchte, wir mussten unsere Pläne ändern.“
„Soll ich nicht ausgetauscht werden?“
„Irgendwann schon.“
„Irgendwann?“, fragte sie alarmiert. „Und in der Zwischenzeit?“
„Sind Sie unsere Gefangene“, beschied er sie knapp.
Josette runzelte entrüstet die Stirn. „Ich lasse mich nicht gegen mein eigenes Land verwenden, Sir.“
„Leider bleibt Ihnen in dieser Angelegenheit keine Wahl“, erwiderte er barsch.
Sie konnte das Verlangen, ihm ins Gesicht zu schlagen, nur mit Mühe unterdrücken. „Ich ziehe es vor, zu General Massenas Lager geschickt zu werden.“
„Das wäre auch mein Wunsch, Mademoiselle, nur steht uns diese Alternative leider nicht mehr zur Verfügung.“ Man hörte ihm an, dass er am Ende seiner Geduld war.
Trotzdem weigerte Josette sich, sich zu fügen. „Dann lassen Sie mich frei. Ich finde den Weg nach Torres Vedras allein.“
„So verführerisch Ihr Angebot auch sein mag, kann ich Ihnen das nicht erlauben.“
„Warum nicht?“
„Ich habe meine Befehle.“
Eine Trommel erklang, und eine weitere französische Truppe, dieses Mal keine Dragoner, sondern Hannoveraner Jäger, kam in das Dorf geritten. Dammartin gab einen Befehl, und seine Männer begannen sich zur Marschkolonne zu formieren. Der Capitaine der Jäger, dessen Uniform sich von Dammartins nur durch die gelben Aufschläge auf seiner grünen Jacke und
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