Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
sein Zelt betreten hatte. Zu viele Sorgen nahmen ihm die Ruhe. Plötzlich riss ein leises Geräusch ihn aus seinen Gedanken. Da er noch nicht entkleidet war – nur sein Hemd hatte er aufgeknöpft –, schlüpfte er rasch in die Stiefel und trat vor das Zelt. Lauschend spähte er in die Nacht hinaus, aber alles war ruhig.
Er wusste nicht, was er erwartet hatte, und kehrte seltsam enttäuscht ins Zelt zurück. Trotzdem griff er, einer inneren Eingebung folgend, nach seinem Säbel. Schnell stopfte er sein Kissen unter die Decke, damit jeder, der hereinkam, denken musste, Dammartin liege im Bett. Dann wartete er ab. Nach kurzer Zeit vernahm er leise Schritte, die auf sein Zelt zukamen. Er packte den Säbel fester.
Jemand öffnete die Zelttür. Dammartin spannte sich unwillkürlich an. Im nächsten Moment schob sich ein dunkler Umriss durch die Öffnung. Es war eine zierliche Gestalt, wie Dammartin erstaunt feststellte, die jetzt langsam auf das Bett zutrat.
In der Dunkelheit konnte Josette gerade eben die Umrisse seines Körpers unter der Decke ausmachen. Doch kaum hatte sie einen Schritt auf sein Feldbett zu getan, da spürte sie einen Druck genau zwischen den Schulterblättern. Ein leiser Laut entfuhr ihr. Sie brauchte sich nicht umzusehen, um zu wissen, wie sich die Spitze eines Säbels anfühlte.
„Dreh dich ganz langsam um“, sagte Dammartin auf Französisch. Er sprach leise, aber Josette erkannte seine Stimme beim ersten Wort und atmete unendlich erleichtert auf.
„Capitaine Dammartin … Pierre.“ Sie sprach genauso leise.
Der Druck in ihrem Rücken ließ im selben Moment nach. Mit einem zischenden Geräusch verschwand der Säbel wieder in seiner Scheide. „Josette?“ Das Entsetzen in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Was zum Henker …“
„Gott sei Dank!“ Sie drehte sich um und schmiegte sich an ihn. „Ich musste kommen, ich musste Sie warnen …“
Dammartin schob sie von sich und griff nach der Laterne, um sie anzuzünden.
„Nein.“ Josette hielt ihn auf. „Keiner darf sehen, dass ich hier bin. Es wäre zu gefährlich.“
„Die Männer schlafen. Es ist niemand draußen, der uns beobachten könnte.“
„Doch. Molyneux“, flüsterte sie und erschauderte bei dem Gedanken, dass der Lieutenant vielleicht in genau diesem Augenblick nach ihr suchte.
„Auch er hat sich zurückgezogen“, erwiderte Dammartin kühl.
„Glauben Sie mir, Molyneux ist nicht zu Bett gegangen.“
„Josette, was wollen Sie …“
„Nein, hören Sie mir bitte zu. Wir haben nicht viel Zeit. Molyneux wird bald herausfinden, dass ich fort bin, und La Roque in Kenntnis setzen.“
„Mademoiselle Mallington …“, begann er streng.
„Capitaine Dammartin“, unterbrach sie ihn flehend und griff in der Dunkelheit nach seinen Händen. „Bitte hören Sie mir zu.“
Dammartin spürte, wie ihre Finger sich mit seinen verschränkten, und alles, was er mit ihrer Überstellung an seinen Patenonkel hatte erreichen wollen, war im gleichen Augenblick zunichte. Sie war zu ihm gekommen, und er hatte nicht mehr die Kraft, gegen sein Verlangen anzukämpfen.
„Nun gut.“ Ihr Duft brachte seinen Puls zum Rasen. Dammartin nahm sie in die Arme und zog sie an sich.
„Nein.“ Sie schob ihn von sich, und er konnte hören, dass sie außer Atem war. „Ich muss Ihnen sagen …“
„Dann reden Sie endlich.“
„Ich war auf dem Weg zu Commandant La Roques Zelt. Ich wollte zu ihm und ihn fragen, warum er eine solche Lüge über meinen Vater verbreitet hat.“
„Josette …“
„Doch Lieutenant Molyneux kam vor mir an“, unterbrach sie ihn.
Dammartins Miene verfinsterte sich. Molyneux.
„Ich hörte sie miteinander reden.“
„Molyneux und La Roque?“
„Ja.“ Ihr Atem kam noch flacher und verriet ihre Erregung. Sie vermochte ihre Angst nicht zu unterdrücken. „Molyneux spioniert für ihn.“ Dammartin spürte ihre Finger sanft an seinem Handgelenk. „Er bespitzelt Sie, Pierre.“
Für einen Moment lauschte er ihren Worten nach, dann überfiel ihn Zorn, als ihm klar wurde, was sie zu erreichen versuchte. Mit unverhohlener Verachtung in der Stimme sagte er: „Da müssen Sie sich schon etwas mehr anstrengen, Mademoiselle. Warum denken Sie sich nichts Überzeugenderes aus? Die Geschichte mit dem Splitter war ein viel besserer Versuch.“
„Wovon reden Sie?“, fragte sie verblüfft.
„Glauben Sie wirklich, Sie könnten so leicht Zwietracht säen?“
„Ich schwöre, es ist die Wahrheit! La Roque hat
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