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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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gelingt, das für die Schweinezüchtung zu nutzen ... das wäre eine Sensation.«
    Der Gutsherr wies mit dem Zeigefinger auf seinen Gast. »Und du hältst die anderen für verrückt?«
    »Warum wohnen sie sonst in diesem Ort?«
    »Du wohnst selbst hier.«
    »Aber ich gehöre nicht dazu. Keiner akzeptiert mich.«
    »Nein. Ich hätte dich gern wieder in unserem Mittwochskabinett dabei. Das sagt doch wohl alles.«
    »Kommt denn Timber noch, der Bürgermeister?«
    »Manchmal.«
    »Der sitzt lieber in seiner Hütte am See, was? Weißt du, was mir an dem nicht gefällt – wie der den Weibern hinterherguckt. Der hat sie immer schon mit den Augen ausgezogen, bevor sie guten Tag gesagt haben. Kein Wunder, daß seine Pflegetochter die Männer haßt.«
    Jan drohte dem Fabrikanten lächelnd mit dem Zeigefinger. »Willi, vorsichtig. Glaubst du wirklich, ich weiß nicht, was hier im Dorf vor sich geht? Glaubst du, ich wüßte nichts von deinen nächtlichen Besuchern?«
    Wilhelm Weber sah ihn mißtrauisch an. »Was weißt du?«
    »Alles.«
    »Dann sag mir, was der Arzt mit der Schweinehaut macht. «
    »Blutwurst.«
    »Unsinn.«
    »Ich sage dem Förster ja auch nicht, was du mit seiner Tochter machst.«
    »Sie ist alt genug.«
    »Warum dann so heimlich?«
    »Aus Rücksicht auf den Alten.«
    »Er ist so alt wie du.«
    »Ja, eben drum!«
    »Ist es nicht mehr aus Rücksicht auf deine Frau?«
    Wilhelm Webers Gesicht verfinsterte sich. »Das eine hat mit dem andern nichts zu tun.«
    Jan schwieg, knabberte Gebäck und trank Tee.
    Der Wurstfabrikant fühlte sich sichtlich unwohl. Wenn der Gutsherr schon sein Geheimnis kannte, würde seine Frau vielleicht auch davon wissen. Ob Claudia geplaudert hatte? Unvorstellbar.
    »Da ist ein Fremder im Dorf«, unterbrach Jan seine Gedanken.
    »Ja, ich weiß. Ein Student.«
    »Kennst du ihn?«
    »Nein.«
    »Du könntest mir einen Gefallen tun, lad ihn ein, versuch ein bißchen über ihn herauszubekommen. Wie auch immer.«
    »Wie auch immer?«
    »Ja, du hast freie Hand.«
    »Was vermutest du?«
    »Er könnte ein Weinstein sein.«
    Der Schlachter fuhr hoch. »Was? Deine Vorfahren haben die doch alle um die Ecke ...«
    »Willi. Bitte!«
    »Schon gut. Jetzt verstehe ich, was du mit freier Hand meinst.«
    Wilhelm Weber schwieg einen Augenblick, dann ging ein Grinsen über sein Gesicht. »Ein Weinstein, so, so. Dann wird es höchste Zeit für Nachkommen, was?«
    »Ich weiß, ich bin – sagen wir mal – auf der Suche nach einer Lösung.«
    »Das dürfte doch nicht so schwer sein.«
    »Ich wollte noch nicht heiraten.«
    »Eine Frage des Geldes. Ein simpler Vertrag, dann kommt das Kind, niemand zwingt dich, mit der Mutter zusammenzuleben.«
    »Dasselbe hat mir mein Anwalt, etwas diskreter, auch vorgeschlagen. Vielleicht ist es die beste Lösung, wenn man seine Freiheit behalten will.«
    Wilhelm Weber stand auf. »Such dir ein häßliches Mädchen. Die machen keine Probleme. Ich würde eine vom Land nehmen.«
    Der Gutsherr nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht.«
    Der Fleischfabrikant hob zum Abschied die Hand. »Wenn ich dir dabei irgendwie helfen kann?«
    »Eher nicht. Aber nimm dir mal den Studenten vor. Das genügt.«
    »Verlaß dich auf mich.«
    Jan brachte Wilhelm Weber zur Tür, verabschiedete ihn herzlich und kehrte nachdenklich in die Bibliothek zurück. Vielleicht sollte er wirklich ein Mädchen aus dem Dorf auswählen. Er hatte das Gefühl, daß sie eher bereit waren, gegen eine Abfindung eine Ehe einzugehen, die nach Geburt eines Sohnes wieder aufgelöst wurde. Ohne Heirat mußte sein Sohn nicht unbedingt als legitimer Nachfolger anerkannt werden. Jedenfalls hatte der Anwalt Bedenken.
    Warum nicht ein häßliches Mädchen? Willi hatte recht, eines, das sonst keiner wollte. Und eines aus Herzensach! Es würde sich auf alles einlassen und seine Autorität fraglos anerkennen. Manch ein Mädchen aus dem Dorf sähe es sicher sogar als Ehre an, für andere wäre wiederum das Geld die Chance, sich vom dörflichen Leben zu befreien. Am besten wäre eins, für das sich ohnehin kein anderer Mann interessierte. Im Geist ging er alle einheimischen Töchter durch. Keine von ihnen war mit seinen Berliner Freundinnen zu vergleichen. Die Großstädterinnen hätten sich kaum auf einen solchen Vertrag eingelassen, und wenn doch, dann gegen sehr viel mehr Geld, als er auszugeben bereit war. Außerdem konnte er sich keine als Mutter vorstellen, sie waren wunderbare Geliebte, aber sicher vollkommen überforderte

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