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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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verkörpern konnte, dann kann ich mir Sie durchaus auch in einem solchen Film vorstellen. Und zweifellos wird man Ihnen die Rolle des Helden geben, der über das Böse siegt.«
    »Da sehen Sie, was dieses liebliche Tal aus unserer Familie gemacht hat, friedliebende Menschen, denen man nicht einmal mehr ein böses Rollenspiel zutraut.«
    »Ich nehme an, daß bereits Ihre Vorfahren den Frieden suchten, indem sie sich von der See abwandten und an diesem idyllischen Flecken siedelten.«
    Jan lächelte und nickte. »Ich bin mir da nicht so sicher«, sagte er langsam. Er lehnte sich nachdenklich zurück, richtete sich aber gleich wieder auf und sah auf seine Uhr.
    Jakob Finn deutete die Zeichen und verabschiedete sich. Für einen unangemeldeten Besuch war er lange genug geblieben. Länger, als er vorgehabt hatte, denn dieser Jan van Grunten hatte ihm gefallen. Doch, als Pirat auf der Leinwand, das würde passen. Aber er konnte sich den Gutsherrn auch als Manager eines Wirtschaftsunternehmens vorstellen. Ganz bestimmt leitete er sein Gut nach modernen ökonomischen und ökologischen Prinzipien.
    Auf der Pappelallee gesellte sich Trivial zu ihm, schnupperte an seinem Hosenbein und machte den Eindruck, als wüßte er alles und als ermüde es ihn. Jakob drehte sich um, der Gutsherr stand am Fenster, sah ihm nach. Sie winkten einander zu.
    Jan wandte sich vom Fenster ab und biß die Lippen aufeinander. Zu offensichtlich hatte sein Besucher zu erkennen gegeben, daß er ein Weinstein war, hatte ihn in Andeutungen herausgefordert. Wieso kannte dieser Student, kaum angekommen, sich sonst in der Geschichte der Weinsteins und der van Gruntens so gut aus? Und dann diese Anspielung auf den Film. Jan setzte sich an seinen Schreibtisch, stützte die Arme auf und nahm den Kopf in beide Hände.
    »Er wußte genau, um was es zwischen uns geht«, murmelte er. »Aber er wird keine Chance bekommen.« Er griff zum Telefon, zog es heran und wählte die Nummer seines Geschäftspartners in Berlin.
    »Gustav? Ja. – Hast du noch die Leute aus Dingistan an der Hand? Gut. Ich glaube, den Rest sollten wir nicht am Telefon besprechen. Ich komme nächste Woche für ein, zwei Tage nach Berlin. Ich wollte mich nur vergewissern. Nein, ich kann noch nichts sagen. Was? Welches Schiff? Du machst das schon.«
    Er legte auf, ging pfeifend in die Halle, und Katharina fiel ihm wieder ein. Man mußte das Problem von beiden Seiten angehen! Und zwar sofort. Er brauchte noch ein paar Informationen über das häßliche Entlein. Er lief den Gang entlang bis zur Küche und riß die Tür auf.
    »Kotschik!« rief er fröhlich nach seiner Haushälterin. »Wen oder was werden wir heute abend verspeisen?«
    Die Haushälterin drehte sich nach ihm um. Sie hielt ein Beil und eine Ente ohne Kopf in der Hand.

20
    Katharina wollte sich ekeln. Sie musterte ihre Pflegemutter, die am Herd stand, um den Teller des Tischlers mit Gulasch, Kartoffeln und Gemüse aufzufüllen. Der unter der Schürze sichtbare gelbe Rock spannte sich über ihren Hüften, ließ ihren ganzen Körper dick und unförmig wirken.
    »Warum trägst du diesen Rock?« fragte Katharina abfällig. Petra Timber sah überrascht und etwas hilflos an sich herab. Sie antwortete nicht, denn in diesem Moment rückte der Zeiger der in eine geschnitzte Wolfsfigur eingelassenen Uhr über dem Herd auf zwölf Uhr dreißig. Ihr Mann kam zur Küchentür herein, setzte sich, und sie schob ihm den gefüllten Teller hin.
    Dann nahm sie Katharinas Teller.
    »Kein Fleisch!« sagte Katharina. Thomas Timber blickte auf, wollte etwas sagen, verkniff es sich und begann seine Kartoffeln mit der Gabel zu zerquetschen und mit Soße, Fleisch und Gemüse zu einem Brei zu mischen. Katharina sah nicht hin. Es war ekelhaft.
    Schweigend saßen alle drei über ihren Teller gebeugt, bis der Tischler sich räusperte und einen Blick seiner Pflegetochter auffing.
    »Machst du heute nachmittag noch die Rechnungen?« sagte er.
    »Nein.«
    »Du könntest ruhig mal mehr Interesse für das Geschäft ...«
    »Ich habe nachmittags frei.«
    »Ich möchte auch mal nachmittags frei haben!«
    »Dann nimm dir doch frei.«
    »Katharina!« warf sich die Mutter selbstlos dazwischen.
    Katharina schüttelte unwirsch den Kopf. »Wir haben vereinbart, daß ich nur vormittags arbeite. Die Rechnungen können auch morgen geschrieben werden.«
    Der Tischler schob wütend seinen Teller von sich und stand auf.
    »Ich wollte dich eigentlich allmählich als Teilhaberin ins

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