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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Kunstwerk. Wir könnten über das Schwein hinweg noch einen schmiedeeisernen Bogen aus lauter Herzen machen. Was meinst du, das gäbe doch eine Verbindung zu Herzensach.«
    »Sicher. Oder wir lassen ein Herz über eine Brücke aus Schweinen springen.« Jan lachte.
    Wilhelm Weber sah ihn böse über den Rand des Entwurfes hinweg an. »Ich sag's ja, du nimmst mich nicht ernst. Ich versuche einfach nur, ein guter Mensch zu sein.«
    »Willi!« drohte Jan. »Sag die Wahrheit.«
    Wilhelm Weber ließ den Entwurf fallen. »Ja, ja, ja, ist ja schon gut. Himmel, ich habe eine neue Wurstsorte aus reinem Schweinefleisch entworfen. Sie soll ›Herzensacher Herzhafte‹ heißen. Und auf der Banderole ist genau das gleiche fröhliche Schwein abgebildet. Es ist meine Idee. Ich mache damit unser Dorf berühmt. Du siehst, ich tue was für Herzensach – nun sag, was tut Herzensach für mich?«
    Jan wiegte den Kopf. Seit sie hier siedelten, hatten seine Familie und alle Dorfbewohner dafür gesorgt, daß der Name des Dorfes aus der Landschaft und weitgehend aus den Landkarten verschwand – und nun wollte dieser Schlachter einen Markennamen daraus machen. »Willi, du bist entsetzlich altmodisch und ein unverbesserlicher Dickkopf. Da gibt es eine Untersuchung des Kreises, bei der der Name Herzensach ganz schlecht abschneidet, aber du benennst eine Wurstsorte danach.«
    »Blöde Untersuchung. Ich vertraue meinem Gefühl. Das hat mich nie in die Irre geführt.«
    »Dann prüf dein Gefühl noch einmal. Begriffe mit Herz, wie zum Beispiel herzhaft, sind vollkommen aus der Mode. Die Jugend verbindet damit sterbenslangweilige Gefühlsduselei, Romantik wie zu Großmutters Zeiten. Was die Leute heute wollen, ist Erotik und Sex nach dem Motto: knackiger Spaß. Deine neue Wurst sollte ›knack mich, beiß mich, friß mich auf‹ heißen. Ich muß dir den Brunnen schon aus marketingtechnischen Gründen verbieten. Deine Wurstsorte wird ein Flop.«
    Wilhelm Weber hatte nachdenklich beide Hände erhoben. »Halt mal, halt mal, wie war das? Reiß mich, knack mich ...? Das ist gut, das ist wirklich gut. Kannst du das aufschreiben? Wie war das? Friß mich ...«
    »Was kriege ich dafür?«
    »Zehn Prozent, na, sagen wir, fünf oder besser zweieinhalb. Verdammt, ich muß meine Leute mal auf Trab bringen. So etwas fällt denen nie ein!«
    Er stand auf, hob die Zeichnung des Brunnens vom Boden auf, betrachtete sie wieder. »Schade ist es schon. Wirklich schade.«
    Jan kicherte erneut. »Verzeih mir, Willi. Ich mach dir einen Vorschlag. Nimm nur das Schwein vom Brunnen und setze es in die Mitte des Dorfteiches, sagen wir, so halb unter Wasser, und laß es dort seine Fontäne blasen.«
    »Meinst du das im Ernst, oder ist das wieder ein Witz auf meine Kosten?«
    Der Gutsherr nickte heftig. »Doch, doch, da ist es gut.« »Und im Maul ... die Wurst ...?«
    »Bitte nicht. Das nicht. Sonst kann alles so bleiben.«
    Wilhelm Weber rieb sich die Hände. »Großartig. Ich habe nämlich bereits ein Modell in der realen Größe aus Ton anfertigen lassen.«
    »Ich dachte mir, daß du es schon fast fertig hast.«
    »Ich hätte es sonst bei mir in die Auffahrt stellen müssen.« Er stimmte in das Lachen des Gutsherrn ein. »Ich weiß, daß mich manche hier sowieso schon Schweinewilli nennen.«
    Die Tür öffnete sich, und die Haushälterin schob einen Wagen mit Kaffee, Tee und Gebäck herein. Sie setzten sich beide an den niedrigen Tisch neben dem großen Globus, ließen sich von Manuela Kotschik bedienen und nahmen ihr Gespräch erst wieder auf, nachdem sie den Raum verlassen hatte.
    »Warum kommst du nicht öfter zu unserer Runde mittwochs abends?« fragte Jan.
    »Willst du mich wirklich dabeihaben?«
    »Ja, ehrlich.«
    »Aber dieser Pfarrer mit seiner Maschine ist doch ein Verrückter, was hast du an seiner Gesellschaft?«
    »Er ist in Ordnung.«
    »Und Doktor Andree! Wußtest du, daß er sich frisch geschlachtete Schweineteile bei mir holt? Nicht zum Essen!«
    »Komm, Willi, das sind Ausflüchte.«
    »Und der Förster geht mir auf den Geist. Ständig kommt er mit seinen idiotischen Vergleichen vom Wald. Wenn du mich fragst, versteckt der sich hier vor der Welt oder was weiß ich wem. Ach nein.«
    Jan schmunzelte. »Und du? Was machen deine Experimente?«
    »Das ist ganz was anderes. Ich beziehe mich auf eine seriöse Untersuchung aus den USA. Da ist es an Frauen mit Cellulitis erprobt. Muskelreizung durch Elektrizität führt zu geringerem Fettansatz. Wenn es mir

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