Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
Vom Netzwerk:
herangetrottet, hatte sich gesetzt und an sein Bein gelehnt. Der Student fuhr ihm kraulend zwischen die Ohren.
    »Falls du sie siehst, sag ihr, sie ist mir egal.«
    Trivial drehte den Kopf zur Seite, als verweigere er die Annahme der Nachricht. Nach einer Weile drehte er den Kopf zurück und sah ihm direkt in die Augen.
    »Doch, doch, so ist es«, bestätigte Jakob. »Guck mich nicht so an. Sie will mich nicht.«
    Ein offener Wagen näherte sich der Bushaltestelle, bog in die Haltebucht und hielt vor Jakob. Eine blonde Frau lachte ihn an. »Nach Weinstein?«
    Jakob nickte. Sie spürte, daß er in seinem Gedächtnis nach ihr forschte.
    »Ich bin Sabine Weber, die Frau von dem da oben.« Sie deutete mit dem Kopf in Richtung des Bungalows. »Wir sind uns noch nicht begegnet. Steigen Sie ein.«
    Er kletterte in den Wagen, und sie fuhr mit quietschenden Reifen los, so daß es ihn in die Polster drückte. Sie lachte und erzählte, daß sie ihn schon beobachtet habe und aufgrund des Dorfklatsches alles über ihn wisse, Dinge, die er möglicherweise nicht einmal selbst über sich wisse.
    Er berichtete, daß er die Bilder in ihrer Galerie durch die Fenster gesehen und sich über ein Geschäft dieser Art hier am Ort gewundert habe.
    »Ich habe noch eine Galerie in Weinstein, das ist das Hauptgeschäft. Aber ehrlich gesagt, ich verstehe gar nichts von Kunst.«
    »Wie können Sie dann Bilder verkaufen?«
    »Eben nur deshalb.« Sie lachte übermütig und lud ihn ein, mit in die Galerie zu kommen.
    »Ich verstehe auch nichts von Kunst«, gab er zu bedenken.
    »Dann sind wir schon drei. Ich bin nämlich mit Heidelinde Wulf verabredet, der Malerin aller dieser Bilder, die Sie gesehen haben. Sie behauptet auch, nichts von Kunst zu verstehen.«
    »Wie kann sie dann malen?«
    »Eben nur deshalb.«
    Der Student lachte. »Wahrscheinlich haben Sie recht.«
    »Sie ist nicht die einzige Künstlerin in Herzensach.«
    »Es gibt noch mehr Maler?«
    »Nein, Schriftsteller.«
    »Meinen Sie den Pastor?«
    Sie lachte und schüttelte den Kopf.
    »Wer ist es? Kenne ich ihn?«
    »Unser Förster.«
    »Ich kenne ihn, aber er hat mir nichts davon erzählt.«
    »Er schreibt Briefe. Trostbriefe.«
    Sie lachte über seinen Gesichtsausdruck und beeilte sich zu erklären: »Immer wenn er von einem Unglücksfall hört, von einem Todesfall, genaugenommen von einem Mord, dann schreibt er den Hinterbliebenen Trostbriefe. Sie werden in einer Zeitschrift veröffentlicht, und es gibt ein kleines Büchlein davon. Allerdings unter dem Namen Frank Johann!«
    »Und so etwas lesen die Leute.«
    »Die Leute im Dorf wissen das nicht. Unser Förster mag es nicht, wenn man von seiner Schreibarbeit erfährt. Man muß eine Zeitlang hier leben, um in die Geheimnisse des Dorfes einzudringen.«
    »Ja, was ist zum Beispiel mit der Herkunft dieser Katharina?«
    »Katharina?« Sie sah ihn fragend an, und er glaubte erklären und beschreiben zu müssen, wer das Mädchen sei. Sie hörte schweigend zu, verlangsamte das Tempo, hielt schließlich in einem Waldstück neben der Straße an und drehte sich ihm zu.
    »Sie lieben sie, nicht wahr?«
    »Was?« War seine Beschreibung schwärmerisch ausgefallen? »Nein – nein, nein.«
    Sie beobachtete ihn schweigend, verzog den Mund, als wollte sie lachen. »Na, dann nicht.«
    Er spürte, daß sie ihm nicht glaubte.
    »Sie ist mir einfach nur aufgefallen.«
    »Vielleicht ist das Geheimnis um Katharina nicht sosehr ihre Herkunft – sondern etwas anderes. Aber im Grund weiß ich auch nichts Genaues. Ich komme nicht aus Herzensach. Obwohl ich mich verbiege, um dazuzugehören. Mein Mann hat mich, ich muß damals geistig verwirrt gewesen sein, hierhergebracht. Noch größerer geistiger Verwirrung ist es zuzurechnen, daß ich ihn geheiratet habe. Ganz zu schweigen von dem totalen Schwachsinn, immer noch nicht geschieden zu sein.«
    Sie lachte und fuhr wieder an. »In Herzensach verliert man nicht sein Herz, sondern seinen Verstand.«
    »Nicht schlecht. Das habe ich vorhin auch gedacht.«
    Sie beschleunigte und schickte ihm einen belustigten Seitenblick zu. Und plötzlich hatte er das Gefühl, daß auch sie eine Rolle spielte. Das Stück hieß vielleicht: Die frustrierte Ehefrau voller Charme und Witz und der ahnungslose Student landen in einem Motel.
    »Haben Sie sich nicht auch schon gefragt, was der Name des Ortes zu bedeuten hat?«
    »Nein.«
    Sie hob warnend einen Finger. »Dunkle Leidenschaften!«
    »Ich dachte es mir fast.« Sicher kam gleich

Weitere Kostenlose Bücher