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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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paar andere durchaus wissen, aber ich muß dir sagen, daß ich es weiß. Also?«
    »Wenn du schon alles weißt, was willst du dann wissen?« Sie blätterte wieder.
    »Du weißt, wie ich es meine.«
    Dorothee Wischbergs Ehe war ein Irrtum und ihre Schwangerschaft vorausgegangen. Sie hatte es ertragen. Doch vor sieben Jahren lernte sie ihren Mann hassen. Er betrog sie eines Nachts und machte dies auf eine so verachtenswerte Weise, die sie ihm niemals verzeihen konnte und die einen Teil seines Charakters offenbarte, den sie vorher nicht hatte sehen wollen oder können.
    Aus ihrer Sicht hatte alles mit dem zunehmenden Körpergewicht ihres Mannes begonnen. Sie war nicht schuldlos daran, weil sie anfangs seinen übermäßigen Appetit gefördert und sich ihm sexuell erst verweigert hatte, als sein Bauch es nicht mehr möglich machte, auf normale Weise zusammenzusein. Voller Ekel erinnerte sie sich genau an jenen Sommerabend, als sie mit zwei anderen Pärchen, alle aus dem Gasthof kommend und leicht betrunken, die Hügel hinaufgezogen waren. Sie wollten sich an einem Schäfer aus Ehrenfelde rächen und seine Schafe aus der Umzäunung treiben. Doch dann hatten sie sich im Stroh der Schäferhütte gebalgt, bis jedes Pärchen sich nur noch miteinander beschäftigte. Ihr Mann hatte mit ihr schlafen wollen, und weil sie sich wehrte, war er zu einem Schaf gegangen, hatte es niedergeworfen, an den Beinen gefesselt und zur allgemeinen Belustigung bestiegen. Sie war erschrocken davongelaufen, mußte aber noch hören, wie er das Tier mit ihrem Namen anfeuerte.
    Sie war in den Gasthof gelaufen und hatte sich bis zum Morgen in einem der Gästezimmer verbarrikadiert. Auch am nächsten Tag war ihre Wut auf ihren Mann nicht abgeklungen. Von der Straße aus hatte sie ihn im Hof wirtschaften gesehen und gezittert vor Zorn. In diesem Moment war Trivial vorbeigekommen. Er stieß sie an, schubste sie in Richtung ihres Wagens. Mit Vollgas war sie auf den Hof gefahren und hatte ihren Mann mit der Stoßstange an die Wand gedrückt. Blind vor Wut hatte sie immer weiter Gas gegeben, bis jemand sie aus dem Wagen zerrte. Sie hatte ihren Mann umbringen wollen. Aber es war ihr nicht gelungen.
    Sie haßte ihn nach wie vor, aber das Gefühl, ihm schaden zu müssen, verschwand. Aus Rücksicht auf ihn versuchte sie sogar ihr Verhältnis zu Jan geheimzuhalten. Nach jenem »Unfall« war sie ins Gutshaus zitiert worden und hatte alles vor Jans Vater beichten müssen. Er beschloß, sie nicht zu bestrafen und das zerschmetterte Bein ihres Mann auch für ihn Strafe genug sein zu lassen. Jan hatte sie danach nach Hause begleitet, ihr die Perspektive der Trennung und der Selbständigkeit aufgezeigt. Von diesem Tage an wuchs die Beziehung zwischen ihnen, wurde zum Abenteuer. Sie hatte nicht erwartet, daß es über so viele Jahre hinweg anhalten, geschweige denn ein Geheimnis bleiben würde.
    »Er wird heiraten, mehr weiß ich auch nicht.«
    Sie hatte gewußt, daß sie nicht die einzige Frau in Jans Leben war, zu keiner Zeit an bevorzugter Stelle stand. Er selbst hatte ihr von den anderen Frauen erzählt. Namen nannte er nie. Abgesehen von seinen Berliner Freundinnen gab es noch eine Frau aus dem Dorf, die wie sie manchmal des Nachts ins Gutshaus schlich und unter Jans Decke kroch. Sie wußte nicht, wer es war. Er machte auch kein Hehl daraus, daß er irgendwann ein ganz anderes Mädchen heiraten würde, um einen legitimen Nachkommen zu zeugen. Das machte ihre Beziehung zu dem Gutsherrn auf eigene Weise ehrlich.
    Der Wirt grinste breit und zufrieden. »Wunderbar. Endlich heiratet er. Wer ist es?«
    Dorothee Wischberg hob die Schultern. »Jemand aus dem Dorf.«
    »Wird ja immer besser! Wer?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Der Wirt runzelte die Stirn. »Was heißt das?«
    »Daß ich es nicht weiß«, brüllte sie.
    Er stand mit offenem Mund vor ihr und begriff nicht, was sie sagte. Sie klappte die Zeitschrift zusammen und legte sie ins Regal zurück.
    Ihr Mann schloß den Mund und runzelte wieder die Stirn. »Du willst es mir nicht sagen, nicht wahr?«
    Sie sah in sein von Alkohol und fettem Essen gezeichnetes Gesicht, und das Blut schoß ihr in den Kopf. Sie wußte plötzlich, warum sie ihm aus dem Weg gegangen war. Sie wußte, daß sie sich nicht mehr zähmen konnte, daß sie jetzt mit allem, was sie greifen konnte, auf ihn einschlagen und einstechen würde und daß er keinen Schutz hatte, außer der Blindheit ihrer Wut.
    Er sah allmählich ein, was er für unmöglich

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