Herzensangelegenheiten
Sohn meiner Schwester zu quälen?“
„Willst du dich etwa auf seine Seite schlagen, Mechaniker?“, kam trocken zurück und Colin lachte kopfschüttelnd, bevor er ihm einen fragenden Blick zuwarf, der Samuel schmunzeln ließ, denn er ahnte, was gleich kam. „Was ist, oh großer Marine? Retten wir den frechen Bengel?“
„Wir wollen mal nicht so sein“, antwortete Samuel, der Colins Frage sehr wohl als das erkannte, was es war, ein Friedensangebot. „Allerdings wird er vorher noch mal so richtig eingeseift.“
„Hey!“, beschwerte sich Kilian prompt, was alle lachen ließ.
„Ich mag Kilian.“
„Ja?“, fragte Samuel lächelnd und hielt die Bettdecke hoch, damit Amber darunter schlüpfen konnte. Es war längst Schlafenszeit, aber da sie den ganzen Nachmittag erzählt, gelacht und gespielt hatten, nachdem seine Eltern mit Amber zur Kaffeezeit plötzlich mit Kuchen vor der Tür gestanden hatten, war Amber zu aufgekratzt gewesen, um sie früher ins Bett zu bringen.
Gott sei Dank waren seine Eltern erst aufgetaucht, als sie schon wieder trocken gewesen waren. Nachdem Mikael nämlich beschlossen hatte, Adrian zu helfen, war die Schneeballschlacht doch ein klein wenig ausgeartet, sodass Devin am Ende lachend und kopfschüttelnd in der Terrassentür gestanden und sie erst reingelassen hatte, als sie keinen Fetzen Stoff mehr am Körper trugen, um nicht den ganzen Fußboden vollzusauen.
Mittlerweile waren sie nur noch zu dritt. Seine Eltern waren kurz nach dem Abendessen gegangen, dicht gefolgt von Adrian und zuletzt waren Colin, Mikael und Kilian aufgebrochen, nachdem Ambers Zimmer fertig eingerichtet gewesen war. Morgen stand ein ruhiger Sonntag auf dem Plan und auf den freute sich Samuel ganz besonders. Alles, was er nachher noch tun wollte, war seine Sachen in den Schrank zu räumen. Devin war damit längst fertig und statt den Schrank wie in der Hinsicht üblich in links und rechts aufzuteilen, hatten sie beschlossen, dass Devin die unteren Fächer bekam, damit er überall allein ran kam.
„Er ist nett. So wie Isabells Papa“, erklärte Amber und gähnte im nächsten Moment. „Kann ich Isa kennenlernen, Daddy?“
„Bestimmt“, antwortete Samuel und deckte Amber zu. „Du weißt doch noch, was Devin gesagt hat?“
Amber nickte begeistert. „Wir gehen alle campen.“
„Genau“, sagte Samuel grinsend und nahm eines von Ambers Büchern aus ihrem Regal. „Dein Engel hat dich gern?“, fragte er und Amber nickte wieder, sich dabei ins Kissen kuschelnd. Samuel setzte sich neben sie und schlug das Buch auf. Mittlerweile wusste er, welche der Geschichten Amber schon kannte und welche noch nicht. Er würde sich bald nach neuen Büchern umsehen müssen. Von einem passenden Geburtstagsgeschenk für seine Tochter ganz zu schweigen. Immerhin wurde Amber Anfang März schon sechs Jahre alt.
„Daddy?“, fragte Amber leise, als er zu lesen anfangen wollte.
„Ja, mein Schatz?“
„Wieso haben die Engel Mummy mitgenommen? Hat sie mich nicht mehr lieb gehabt?“
Samuel sah verblüfft auf Amber hinunter. Wie kam sie denn darauf, um Himmels Willen? „Deine Mum hat dich immer lieb, auch jetzt, vom Himmel aus.“
„Aber wieso ist sie weggegangen?“, hakte Amber nach. „Oma hat mir gesagt, dass die Engel sie geholt haben und dass es eine Ehre ist, in den Himmel zu gehen. Kann ich auch da hingehen? So wie Mummy?“
Oh Gott, was sollte er denn darauf sagen? Was konnte er überhaupt sagen, ohne dass Amber es falsch verstand und er damit alles noch schlimmer machte? Wie erklärte man einer Fünfjährigen, dass ihre Mutter tot war? Samuel hatte keine Ahnung. Er wusste nicht, was er Amber antworten sollte, ihm war nur klar, dass es auf keinen Fall die Wahrheit sein durfte.
Samuel schluckte. „Wenn du zu Mummy gehst, wäre ich ganz traurig, weil du dann auch nicht mehr bei mir wärst.“
Amber überlegte eine Weile, bevor sie fragte, „Können wir nicht zusammen zu Mummy gehen? Und Devin auch?“
Samuel stiegen die Tränen in die Augen. Er blinzelte sie hektisch weg, weil er vor Amber nicht die Fassung verlieren wollte, um dann erstmal das Buch zuzuklappen und es auf ihren Nachttisch zu legen. Irgendwie musste er sich jetzt ein paar Sekunden Zeit verschaffen. Die verhalfen ihm zwar auch nicht zu einer perfekten Antwort, aber sie reichten aus, um wenigstens einen Ansatz zu finden, mit dem er etwas anfangen konnte. Hoffentlich akzeptierte Amber die Erklärung auch, denn Samuel fühlte sich gerade völlig
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