Herzensbrecher auf vier Pfoten
Insbesondere sogar, wenn sie ihm nicht glaubte. »So war Dot eben – sie war es gewohnt, allein zu leben, ohne jegliche Bindungen und ohne eine Menschenseele, um die sie sich hätte Gedanken machen müssen. Aber es geht nicht nur um Amelia; Grace und Jack sollten auch irgendetwas bekommen, das sie an Dot erinnern wird.«
Tapfer widerstand Rachel der Versuchung hervorzuheben, dass die Versorgung von einer Meute verschiedenster Hunde nicht gerade dazu führte, dass man frei und ungebunden war. Sie ärgerte sich maßlos über die Annahme ihrer Familie, dass man, wenn man kinderlos war, ein Leben führte, das nur aus Nachtclubs und hemmungsloser Genusssucht bestand. »Möchten sie vielleicht einen Hund?«, schlug sie halb scherzend vor. »Davon gibt es hier nämlich genügend.«
Rachel hörte, wie am anderen Ende in gut dreihundertzwanzig Kilometern Entfernung ihre Mutter vor Empörung nach Luft schnappte. »Was? Nein, keinesfalls! Das wäre vollkommen unverantwortlich! Und erst die Allergien! Da müsstest du zuerst mit Amelia sprechen, Rachel. Nein. Ich weiß, dass es da irgendwo eine hübsche silberne Bürste gibt, die Grace bestimmt gefallen würde, die gehörte einmal unserer Mutter. Und für Jack wüsste ich ebenfalls etwas; Dot ist nämlich ganz gern angeln gegangen. Irgendwo müsste also eine ziemlich teure Angelrute herumstehen.« Dann folgte eine Pause. »Bitte sag nicht, dass du es von mir weißt, aber Amelia könnte gut und gern ein wenig Unterstützung bei den Gebühren für die Kinderkrippe brauchen. Die Versorgung der Kinder verschlingt ein wahres Vermögen. Ichbin sicher, dass Dot ein hübsches finanzielles Polster hatte, von dem du …«
»Mum, hör auf damit!«, unterbrach Rachel ihre Mutter. »Was das betrifft, kann ich dich beruhigen. Es gibt kein Geld.«
»Wie bitte?« Val schien es nicht fassen zu können.
»Es gibt kein Geld. Nur das Haus und die Hundeauffangstation. Und wenn erst einmal alle Angestellten und der Notar ihr Geld bekommen haben, wird kein Bargeld mehr übrig sein.«
»Aber … wie ist denn das nur möglich? Sie hatte damals die Hälfte des Geldes aus Dads Hausverkauf bekommen und soll alles für sich selbst ausgegeben haben?«
Rachel hörte, wie die Kränkung zwischen Vals Worten immer wieder hochkam. Es ging dabei nicht ums Geld, das war Rachel klar. Val war fast schon übertrieben großzügig. Auf ihre eigene Art und Weise war sie eine Retterin ähnlich wie Dot, nur dass sie nicht Tieren half, sondern Menschen. Immerzu bot sie anderen ihre Unterstützung an, setzte fest entschlossen andere an die erste Stelle, fuhr ältere Menschen in ihrem roten Fiesta ins Krankenhaus oder machte für verwitwete Nachbarn die Wäsche.
»Sie muss eine Menge in die Hunde investiert haben, Mum«, erklärte Rachel und umrundete das Auto. »Aber das war ihre eigene Entscheidung.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille, und Rachel wusste nur allzu gut, dass Val innerlich bis zehn zählte, anstatt zu sagen, was ihr gerade durch den Kopf ging. Dann hörte sie, wie im Hintergrund jemand etwas rief.
» Was ist das, Ken? Oh, dein Vater sagt, du sollst dich mal nach Dorothys … Dorothys was ? Ken, du musst lauter reden! Rachel, du sollst dich nach Dorothys Acker-Bilk-Platten umschauen.«
Rachel drehte sich auf dem Absatz um und schaute zu Megan hinüber, die immer noch geduldig im Wagen saß.
»Das hier ist doch kein Flohmarkt!«, protestierte sie. »Wenn die testamentarischen Dinge geregelt sind, könnt ihr gern vorbeikommen und schauen, ob ihr irgendetwas haben wollt. Was sagt ihr dazu?«
»Wir wollen uns dir nicht aufdrängen, außerdem habe ich hier Verpflichtungen, denen ich nachkommen muss; die Damen vom Hospiz verlassen sich auf mich und dein Dad … Ich kann hier nicht einfach alles stehen und liegen lassen«, schnaubte Val.
Aber ich , fügte Rachel in Gedanken hinzu.
»So. Was hast du denn jetzt vor?«, fuhr Val fort. »Willst du alles verkaufen? Eine Person allein benötigt viel Zeit und Geld für ein derart großes Haus wie Four Oaks. Immer schon habe ich deinem Vater gesagt, dass das Haus für eine ganze Familie vorgesehen und damit für Dot allein viel zu groß gewesen ist.«
Rachels Blick wanderte zu den anderen Autos auf dem Parkplatz des Notars hinüber. Dabei fiel ihr ein silberner Jaguar auf, wie Oliver ihn fuhr, und sie spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog.
»Rachel? Bist du noch da?«
»Ja, Mum«, erwiderte Rachel, hielt sich die Nase zu und kniff die Augen
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