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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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Melancholie einzufangen und für alle Zeiten zu konservieren. Ein trauerndes, aus Kummer zerrissenes Herz …
    Seine Hände schlossen sich fester um das Lenkrad seines Wagens. Hier und jetzt zuzuschlagen wäre mit einem gewissen Risiko verbunden.
    Sie machte ziemlichen Lärm, und ihre Schluchzer waren in der Stille der Nacht deutlich zu hören. Jederzeit könnte jemand auf die Straße hinaustreten oder aus dem Fenster schauen. Er könnte gesehen werden, wenn er sie in sein Auto zog. Andererseits, was würde ein möglicher Zeuge schon zu Gesicht bekommen? Eine vermummte Gestalt und einen Transporter, den es in dieser Farbe und Ausführung in Deutschland tausendfach gab. Das Kennzeichen war gestohlen.
    Im Falle eines Notrufs würde die Polizei mindestens zehn Minuten brauchen. Bis zu ihrem Eintreffen wäre er längst über alle Berge. Im Zweifelsfall könnte er auf die Autobahn fahren, ein paar Kilometer nach Osten oder Westen zurücklegen und dann irgendwo im Wald halten, um das Kennzeichen zu wechseln. Er musste mit seiner Beute nur an sein Ziel gelangen, bevor jemand auf die dumme Idee kam, Straßensperren zu errichten. Doch das war eher unwahrscheinlich.
    Die Polizei würde nicht sofort erkennen, wer die junge Frau entführt hatte. Selbst wenn die Beamten einen entsprechenden Verdacht hegen sollten, würde es längst zu spät sein, bis sie sich endlich in Bewegung setzten.
    Dennoch gab es eine Menge Dinge, die schiefgehen konnten. Er musste seine Beute nicht nur in den Wagen bekommen, sondern sie auch betäuben und fesseln, bevor er überhaupt daran denken konnte loszufahren. Wenn ihn ausgerechnet dabei jemand beobachten würde …
    Er wischte die Gedanken energisch beiseite. Immerhin hatte er sich schon vor langer Zeit für jede denkbare Situation einen Plan zurechtgelegt und war entsprechend vorbereitet. Sie hier und jetzt zu schnappen wäre auch nicht gefährlicher als seine bisherigen Taten. Sein Werk verlangte nun mal, dass er gewisse Risiken einging.
    Wenn er jetzt nicht zuschlug, würde sich vielleicht nie wieder eine so perfekte Gelegenheit ergeben. Eine starke gegenwärtige Gefühlsregung war viel intensiver als das Grundrauschen einer Emotion. Er würde es bereuen, wenn er sie und ihre Melancholie nicht jetzt sofort pflückte.
    Das hatten ihn seine letzten beiden Objekte leider gelehrt. Natürlich war er sich im Klaren darüber, dass die Wirkung Zeit brauchte, um sich zu entfalten, doch er hatte sich ein wesentlich stärkeres Resultat erhofft. So wie bei seinem ersten Objekt, Larissa, in die er sich bereits verliebt hatte, als sie noch lebendig auf der kalten Metallpritsche gelegen hatte. Ihre Liebe war frisch und stark gewesen.
    Trotzdem gefiel ihm die Situation nicht.
    Es gab auch eine andere Möglichkeit. Er musste sie nicht unbedingt hier entführen.
    Sie kannte ihn. Doch wie sollte er sie dazu bringen, zu ihm in den Wagen zu steigen? Er könnte ihr anbieten, sie nach Hause zu fahren. Sie hatte keinen Führerschein und war auf öffentliche Verkehrsmittel und Taxen angewiesen. Und so erregt, wie sie war, würde sie sich vielleicht sogar darauf einlassen, nur um diesem Ort hier zu entfliehen.
    Zwischenmenschliche Kommunikation war ihm zuwider, und er beherrschte sie auch nicht. Die meisten Menschen fühlten sich in seiner Gegenwart unwohl und versuchten schnellstmöglich Abstand zu ihm zu gewinnen. Würde sie lange genug bei ihm bleiben, damit er den richtigen Moment abpassen konnte?
    Unruhig knirschte er mit den Zähnen. Es gab zu viele Eventualitäten, und er war einfach nicht in der Lage, schnelle Entscheidungen zu treffen! Er überlegte viel zu viel und ließ wertvolle Zeit verstreichen.
    Ihr Gemütszustand war perfekt. Das allein sollte zählen. Er musste handeln, sonst würde diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen. Er musste endlich aufwachen und mit dem Grübeln aufhören.
    Er hob die Hand und schlug sich heftig ins Gesicht. Der Schmerz erzielte die gewünschte Wirkung. Die letzten Zweifel gerieten augenblicklich in Vergessenheit.
    Entschlossen stieg er aus dem Wagen und überquerte die Straße. Sie war noch immer vollkommen außer sich und bemerkte ihn gar nicht. Er brauchte sich nicht einmal anzuschleichen und konnte sich ihr trotzdem unbemerkt von hinten nähern.
    Die Entfernung zu ihr schmolz mit jedem Schritt dahin. Noch zwei Meter, noch ein Meter.
    Dann griff er zu.
    »Und, was haben wir?«, fragte Oliver, hin- und hergerissen zwischen gespannter Erwartung und Resignation. Er saß neben

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