Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
empfindlich er in Bezug auf das Instrument war. »Du gehst doch offensichtlich gut mit ihr um.«
»Ich habe gegoogelt, was diese Fender kostet, Dad«, erwiderte sie mit dem Anflug eines Grinsens. »An deiner Stelle wäre mir allein schon deshalb das Herz stehengeblieben.«
Er zuckte die Schultern. Der monetäre Wert der Gitarre spielte noch die geringste Rolle.
»Spielst du in einer Band?«, fragte sie, noch immer ohne aufzusehen.
Sie hatte früher kein großes Interesse an seinen Hobbys gezeigt und schien tatsächlich vergessen zu haben, wieso er so oft erst spätnachts nach Hause gekommen und auch häufig an den Wochenenden unterwegs gewesen war. »Ja.«
Jetzt hatte er ihre volle Aufmerksamkeit. Ihre graublauen Augen leuchteten förmlich, als sie ihn überrascht ansah. »Echt?!«
Oliver nickte. »Allerdings spielen wir nur Cover, hauptsächlich Hard Rock und Metal.«
»Cool. Tretet ihr auf?«
Dass sie keine eigenen Songs komponierten, war für Hannah offenbar ohne Bedeutung. »Ab und zu in ein paar Bars. Nichts Weltbewegendes.«
»Wow.« Sie schien ehrlich beeindruckt und ließ ihren Blick schon beinahe andächtig über die Gitarre schweifen. »War das mal dein großer Traum? Rockstar zu werden?«
Oliver musste unwillkürlich lächeln. Ihre Begeisterung war ansteckend. »Sogar bis in meine Studienzeit hinein. Dann kam der 5. April 1994.«
Hannah blinzelte, während sie nachdachte. Das Datum sagte ihr nichts, und sie war sichtlich erleichtert, dass er weder seinen Hochzeitstag noch ihr Geburtsdatum genannt hatte. »Was war denn am 5. April 1994?«
»Kurt Cobain hat sich erschossen.«
Sie nickte bedächtig. » The day Seattle died.«
Die Referenz auf einen Song der Band Cold, der Kurt Cobains Tod behandelte, überrumpelte Oliver. Woher kannte sie ausgerechnet diese Band? Hatten seine Tochter und er etwa denselben Musikgeschmack?
»Kurt Cobain wurde allerdings erschossen«, widersprach Hannah. Sie sah seinen überraschten und fragenden Blick. »Lies bei Gelegenheit ›Mordfall Kurt Cobain ‹ von Ian Halperin. Ich halte normalerweise nichts von Verschwörungstheorien, aber dieses Buch hat mich überzeugt.«
»Werde ich mir merken.« Oliver bezweifelte allerdings, dass er je die Zeit finden würde, es tatsächlich zu lesen.
»Kannst du ›Nothing Else Matters ‹ spielen?«, fragte Hannah.
Oliver nickte.
Sie hielt ihm auffordernd die Gitarre entgegen.
Er schüttelte den Kopf. »Nicht heute Abend.«
»Kannst du es mir beibringen?«
Bevor er erneut den Kopf schütteln konnte, wiederholte sie mit einem sanften Lächeln: »Nicht heute Abend.«
»Gern ein andermal. ›Nothing Else Matters ‹ gehört mehr oder minder zu unserem Standardrepertoire. Vielleicht nehme ich dich ja mal zu einem unserer Auftritte mit.« Er verstummte, als er sich bewusst wurde, was er gerade gesagt hatte. »Falls du dann noch hier bist …« Er verschluckte sich beinahe an dem Satz.
Ihre Miene verdüsterte sich.
Bevor sich seine Tochter für einen neuerlichen Streit in Stellung bringen konnte, hob Oliver beschwichtigend beide Hände. »Wir müssen über deinen Wunsch, hierzubleiben, reden, Hannah. Ruhig, sachlich und wie zwei Erwachsene.« Er war froh, dass sich ihre Mundwinkel wenigstens ein klein wenig entspannten. »Okay?«
Ihr Blick sagte das Gegenteil, doch sie nickte.
»Danke.« Oliver atmete innerlich tief durch. »Ich warte in der Küche auf dich, während du hier zusammenpackst.«
Hannah riss den Mund im selben Moment auf, in dem ihm zu Bewusstsein kam, dass er sich missverständlich ausgedrückt hatte.
»Ich meine, während du die Gitarre zusammenpackst … verstaust … was auch immer …«
Sie entspannte sich nur ein wenig. »Klar.«
Während er sich innerlich für seine unbedachte Äußerung schalt, kehrte er in die Küche zurück und riss den Kühlschrank auf. Er holte eine Packung Käse heraus und begann sich zwei Brote zu machen.
Als Hannah in die Küche kam und sich an den Tisch setzte, sagte Oliver: »Ich habe dich gar nicht gefragt, ob du auch etwas essen willst.«
»Ich habe vorhin Pizza bestellt, als mir klarwurde, dass du nicht zu irgendeiner normalen Uhrzeit auftauchen würdest.«
»Ich hätte dich anrufen sollen, tut mir leid.«
Sie zuckte die Schultern. »Nach der Toten heute Morgen hatte ich eigentlich auch gar nicht damit gerechnet. Seid ihr vorangekommen?«
»Nicht wirklich.«
Sie schien zu verstehen, dass er mit ihr nicht über laufende Ermittlungen reden konnte, denn die
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