Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
zurückgekommen, wollte irgendwas aus dem Büro holen oder so, keine Ahnung … Er hat mitbekommen, wie ich Frau Sahin sagte, dass sie auf deine Rückkehr warten müsse, und hat sich einfach eingeklinkt.« Freya war über Marcels Probleme im Bilde und wusste, dass er keineswegs wegen einer Erkältung außer Dienst war. »Ich habe versucht, ihn davon abzuhalten, aber im Beisein der Zeugin konnte ich das unmöglich ausdiskutieren.«
Jennifer schlug die Akte mit der ausgedruckten Zeugenaussage auf. An den entsprechenden Stellen war ihr Name eingetragen, von Marcel Meyers Name keine Spur. Nuran Sahin hatte bereits unterschrieben. Jennifer spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog, als sie die Seiten durchblätterte.
Sie konzentrierte sich auf das Wesentliche. »Wieso hat er sie denn überhaupt befragt?«
»Als Frau Sahin mit Thomas Kramer und ihrer Chefin in der Agentur war, hat sie Thomas signalisiert, mit ihm alleine reden zu wollen. Offenbar wollte sie nicht im Beisein von Frau Kilian erzählen, dass vor einiger Zeit ein merkwürdiger Typ im Geschäft aufgetaucht ist, dem sie unbeabsichtigt Informationen gegeben hat, die sie besser für sich behalten hätte.« Freya deutete auf die gedruckte Aussage. »Vor fünf oder sechs Wochen kam ein Vertreter für Alarmsysteme in die Agentur, als Frau Sahin alleine dort war. Er war wohl ziemlich aufdringlich. Sie hat ihm gesagt, dass sie keine Anlage hätten und auch keine haben wollten.«
»Und sie hat sich nicht versichert, ob er tatsächlich ein Vertreter war«, mutmaßte Oliver.
»So ist es.« Freya nickte. »Sie konnte sich nicht mehr exakt an den Firmennamen erinnern, ›Janosch Sicherheit‹ oder etwas Ähnliches. Ich habe das nachgeprüft, und es gibt kein Unternehmen, das auch nur im Entferntesten so heißt und der Branche nahesteht.«
»Konnte sie den Kerl beschreiben?«, fragte Jennifer.
»Nicht gut genug, um sie zu einem Zeichner zu schicken. Vielleicht würde sie ihn bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen. Vielleicht. «
Das war nicht viel, jedoch besser als nichts.
»Jetzt wissen wir zumindest, woher unser Täter wusste, dass er es nicht mit einer Alarmanlage zu tun bekommen würde«, stellte Oliver fest. »Und wir können fünfzig Prozent aller potenziellen Verdächtigen ausschließen.« Es war ein Mann gewesen, der Nuran Sahin in eine Falle gelockt hatte, um die gewünschten Informationen zu erhalten.
»Mit Vorbehalt«, betonte Jennifer. »Wir können nicht hundertprozentig ausschließen, dass es nicht doch irgendein Vertreter war.«
»Vermutlich nicht.«
»Nein, vermutlich nicht.« Jennifer sah wieder Freya an. »Ich kläre das mit Marcel.«
»Es tut mir leid, Jennifer, ich hätte ihn irgendwie davon abbringen müssen …«
»Es ist nicht deine Schuld.« Das war es tatsächlich nicht. Marcel Meyer hatte geschickt zu verhindern gewusst, dass die Assistentin ihn zur Rede stellen konnte.
»Ich brauche deine Unterschrift«, sagte Freya.
Jennifer nickte und schlug den Aktendeckel zu. »Ich lese mir die Aussage in Ruhe durch. Danke.« Hoffentlich hatte Marcel es nicht versaut. Zumindest hörte es sich nicht danach an. »Irgendwelche Neuigkeiten von Professor Meurer oder Jarik?«
»Erste Blutergebnisse, aber bis auf einen Blutalkoholwert von 0,8 Promille nichts Auffälliges.« Das Labor konnte bisher allenfalls ein großes Blutbild erstellt und vielleicht noch einige zusätzliche Werte untersucht haben. Der Nachweis eines Betäubungsmittels, wenn es denn überhaupt eines nachzuweisen gab, würde mindestens noch einmal einen Tag dauern, wenn nicht länger.
»Jariks Team bearbeitet alle gesicherten Spuren und legt im Labor eine Nachtschicht ein. Die Kisten mit den im Haus der Schröders sichergestellten Beweisstücken stehen in deinem Büro. Das Notebook wird bereits untersucht. Außerdem hat die Telekom die Einzelverbindungsnachweise der letzten drei Monate elektronisch übermittelt. Sie lassen die Daten heute Nacht durch den Rechner laufen.«
Jennifer nickte. Einerseits waren es gute Neuigkeiten, dass die Maschinerie auf Hochtouren lief, die schlechte Nachricht war allerdings, dass es bisher keine Ergebnisse und keine nennenswerten Hinweise gab. »Danke, Freya. Ich denke, morgen wissen wir mehr. Geh nach Hause.«
»Soll ich nicht noch …«
»Nein«, unterbrach Jennifer sie. »Du hast schon genug getan. Wir gehen noch mal alles durch, damit wir morgen früh direkt starten können. Dann ist auch für uns Schluss.«
»Okay. Also dann …«
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