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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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als genauso trostlos, wie es der Bau hatte vermuten lassen. Der Teppichboden war alt und begann sich an einigen Stellen bereits abzulösen. Die Empfangstheke versprühte ebenso wie die Sitznische bei den Aufzügen den Charme einer Arztpraxis, die dringend renoviert werden musste. Der Geruch erinnerte an Alter, Verfall, Beklemmung, Krankheit und Tod.
    Noch bevor die Dame hinter der Theke den Kopf heben konnte, erhob sich unter alarmierendem Quietschen ein Mann von einem der Plastikstühle und kam auf sie zu. Er war noch keine fünfunddreißig, sein Anzug saß schlecht, und die Ringe unter seinen Augen waren so dunkel, dass man sie für Veilchen hätte halten können.
    Er rang sich ein gequältes Lächeln ab, als er Oliver die rechte Hand entgegenstreckte. »Pontus Lohaus. Sie müssen der zuständige Staatsanwalt sein. Grohmann, richtig?«
    Oliver nickte. »Das ist Jennifer Leitner, leitende Kriminalbeamtin.«
    »Oh«, machte Lohaus, während er ihr die Hand schüttelte. Es war offensichtlich, wie unangenehm ihm die ganze Angelegenheit war. Er deutete den Flur hinunter. »Ich habe den Aufenthaltsraum der Belegschaft organisiert. Ich denke, wir sollten das nicht hier in aller Öffentlichkeit besprechen.«
    Sie folgten dem Anwalt in einen kleinen Raum mit einer Küchenzeile sowie einem in die Jahre gekommenen Tisch und vier ungemütlichen Stühlen. Benutztes Geschirr stapelte sich im Spülbecken, und neben einer kümmerlichen Topfpflanze auf dem Fensterbrett lagen einige zerfledderte Boulevardmagazine.
    Lohaus setzte sich, was auch Jennifer und Oliver dazu zwang, sich an dem mit Kaffeeflecken übersäten Tisch niederzulassen, obwohl sie es beide vorgezogen hätten zu stehen.
    »Ich würde Ihnen ja etwas anbieten, aber die Dame am Empfang würde mir vermutlich den Kopf abreißen, wenn wir uns einfach am Kaffee bedienen würden.«
    Oliver unternahm keinen Versuch, die Nervosität des Anwalts zu beschwichtigen. Er hatte während der Fahrt hierher ein paar Informationen eingeholt. Lohaus hatte noch keine zwei Jahre sein Examen und schlug sich als gerichtlich bestellter Betreuer in wenig komplizierten Fällen durch. Mit den Ermittlern in einer Mordserie am selben Tisch zu sitzen war für ihn offenbar ziemlich aufregend. »Wir sind wegen der von Ihnen erwähnten Informationen hier«, erinnerte er.
    Lohaus nickte. »Ja, natürlich.« Er holte drei dünne Din-A4-Umschläge aus seiner abgewetzten Aktentasche und legte sie vor dem Staatsanwalt auf den Tisch. »Sehen Sie es sich an. Es ist … verstörend.«
    Jennifer zog zwei Paar Latexhandschuhe aus ihrer Jackentasche und reichte ein Paar dem Staatsanwalt.
    Nachdem er die dünnen Schutzhandschuhe übergestreift hatte, öffnete Oliver die Umschläge. Sie enthielten jeweils ein auf Hochglanzpapier entwickeltes Foto und ein Blatt Papier. Im selben Moment, in dem er begriff, was er da in der Hand hielt, hörte er Jennifer neben sich einatmen.
    Er breitete die Bilder und die beigefügten Seiten auf dem Tisch aus. Die Fotos zeigten jeweils eines der Opfer in der jeweiligen Fundsituation: Larissa Schröder, Cedric Mattes, Horst Neubert. Die Bilder erinnerten an gestellte Szenen, die gut ausgeleuchtet waren und kein Detail vermissen ließen. Trotzdem fehlte es ihnen an Gefühl, die Abgebildeten wirkten kalt und leblos. Wahrscheinlich kam es den Ermittlern so vor, weil sie wussten, dass die drei tot und keinesfalls freiwillige Models waren.
    Doch eines war offensichtlich: Diese Fotos waren geschossen worden, bevor man die Opfer gefunden hatte. Auf Bildern der Spurensicherung waren grundsätzlich Datum und Uhrzeit der Aufnahme vermerkt, was hier fehlte. Diese Fotografien waren das Werk des Mörders. »Verdammt noch mal …«
    »Sehen Sie sich die Rückseiten an«, riet Lohaus.
    Oliver drehte die Fotos um. Auf den Rückseiten standen mit Filzstift geschriebene Nachrichten. Die Handschrift wirkte unsauber und verkrampft, machte aber trotzdem den Eindruck, als habe sich der Schreiber um eine klare Schrift bemüht.
    Auf der Rückseite von Larissa Schröders Foto stand: »Meine Liebe wirst du nie empfangen.« Das Bild von Cedric Mattes trug die Mitteilung: »Mein Hass wird brennen, fühlst du die Flammen?« Und bei Horst Neubert lautete die Frage: »Hast du Freude dabei empfunden?«
    Die beiliegenden Seiten waren Kopien ein und derselben Liste, verfasst in derselben krakeligen Handschrift. Zehn Wörter waren dort aufgelistet. Zehn Gefühle und Empfindungen, von denen auf dem einen Blatt das

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