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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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erste, auf dem nächsten die ersten beiden und entsprechend auf dem letzten die ersten drei durchgestrichen worden waren.
    Liebe. Hass. Freude. Schwermut. Mut. Angst. Hoffnung. Verzweiflung. Befriedigung. Verlangen.
    Jennifer war genauso fassungslos wie Oliver. Sie hatte die Bedeutung dieser Fotos und der Wortliste für ihre Ermittlungen noch kaum erfasst, als ihr Kopf bereits begann, über den Sinn der Sätze auf der Rückseite der Fotos zu spekulieren. Es waren zu viele Gedanken gleichzeitig, weshalb sie beschloss, sich erst einmal auf das Wesentliche zu konzentrieren. »Woher stammen diese Bilder? Wann haben Sie die bekommen?«
    »Sie wurden nicht mir persönlich zugestellt, sondern meinem Mandanten«, antwortete Lohaus. »Allerdings nicht an meine Adresse, wie es eigentlich sein sollte, sondern ans Altenheim.«
    Oliver zog einen der Umschläge hervor, die er als Unterlage missbraucht hatte. Sie waren an das Altenheim, zu Händen Wilfried Mertens, adressiert, natürlich ohne Absender. Eine Briefmarke klebte jeweils fein säuberlich in der rechten oberen Ecke. Einen Poststempel suchte Oliver jedoch vergeblich.
    »Die sind anscheinend direkt hier im Heim eingeworfen worden«, bemerkte Jennifer, die dieselbe Beobachtung gemacht hatte. Sie sah Lohaus an. »Wann sind die hier eingetroffen?«
    Lohaus seufzte. »Wie ich schon sagte, geht normalerweise alle Post für Herrn Mertens an mich. Nachdem die ersten beiden Briefe eingetroffen waren, hat man mich angerufen. Da es offensichtlich keine wichtigen formellen Schreiben waren, bin ich erst heute Morgen hergekommen, um sie abzuholen. Hätte ich gewusst, dass …«
    »Wissen Sie, wann genau die Briefe eingegangen sind?«, unterbrach Oliver ihn ungeduldig. »Führt die Heimleitung irgendeine Art Buch über Posteingänge?« Eingangsstempel trugen die Sendungen jedenfalls nicht.
    Der Anwalt schüttelte den Kopf. »Ich habe schon mit der Leiterin und den Mitarbeitern gesprochen. Ich weiß nur, dass die Briefe nacheinander mit mehreren Tagen Abstand eingeworfen wurden, wahrscheinlich direkt nach der entsprechenden Tat. Die Morde waren in den Medien, ich habe die Frau und den Mann erkannt …«
    Oliver und Jennifer wechselten einen kurzen Blick, bevor der Staatsanwalt fragte: »Wilfried Mertens. Das ist Ihr Mandant?«
    Lohaus nickte. »Ich bin seit einem halben Jahr sein gerichtlich bestellter Betreuer.«
    »Können Sie sich irgendeinen Reim auf diese Fotos machen?«, fragte Grohmann. »Wissen Sie, weshalb sie mit diesen Botschaften an Herrn Mertens geschickt worden sind?«
    Der Anwalt schüttelte erwartungsgemäß den Kopf. »Nein. Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    »Haben Sie Herrn Mertens den Inhalt dieser Umschläge gezeigt?«, hakte Jennifer nach.
    »Nein, natürlich nicht. Das hätte auch überhaupt keinen Sinn gehabt.« Lohaus seufzte. »Herr Mertens steht nicht umsonst unter Betreuung.«
    Grohmann runzelte die Stirn. Er hatte eine ungute Vorahnung. »Ist es möglich, dass wir mit Herrn Mertens spre chen?«
    Lohaus zuckte die Schultern. »Sie können es gerne versuchen. Aber Sie sollten nicht zu viel erwarten. Herr Mertens weigert sich zu kommunizieren, seitdem er hier lebt.«
    »Sie meinen, er kann nicht kommunizieren«, sagte Jennifer.
    »Nein, ich meine, dass er sich weigert. Er hat ein paar körperliche Gebrechen, aber geistig ist er nach Ansicht der Ärzte voll auf der Höhe. Er will einfach nicht sprechen. Wenn er sich unbeobachtet fühlt, redet er mit sich selbst, aber mit Außenstehenden, den Pflegern oder mir wechselt er kein Wort. Ein Psychiater begutachtet ihn alle paar Monate, und bisher hat sich an der Diagnose nichts geändert. Herr Mertens leidet nicht an einer psychiatrischen Störung. Er will mit seiner Umwelt einfach nichts mehr zu tun haben.«
    »Gibt es dafür einen bestimmten Grund oder Auslöser?«
    »Ich kann Ihnen nur sagen, was man mir über Herrn Mertens mitgeteilt hat. Soweit seine Lebensgeschichte zurückzuverfolgen ist, lebte er allein und hatte keinen nennenswerten Kontakt zur Außenwelt. Bis vor elf Jahren betrieb er hier in Wiesbaden eine neurologische Praxis. Vor einiger Zeit ist er in seiner Wohnung schwer gestürzt, sein Vermieter war anschließend der Meinung, der alte Mann könne nicht mehr alleine wohnen, darüber kam es wohl zu Streitigkeiten. Details kann ich Ihnen keine nennen, aber Herr Mertens war letztlich gezwungen, seinen Altersruhesitz in dieses Heim zu verlegen. Seitdem hat er zu niemandem mehr ein Wort

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