Herzensstürme - Roman
lachen.
»Ihr seid wie die Kinder«, meinte Caja kopfschüttelnd. »Manchmal glaube ich, die Zeit sei stehen geblieben und ich sähe euch beide noch wie Knaben mit hölzernen Schwertern gegeneinander antreten. Ich wünschte, Connor, wenigstens du könntest bald zu einem erwachsenen Mann werden. Vielleicht hängt sogar unser aller Schicksal davon ab.«
»Nichts anderes habe ich vor, Mutter. Sage dem Vater bitte, dass ich mit ihm sprechen muss.«
Caja trat in den dämmrigen Raum und zog die Fensterläden auf, doch der fahle Morgenschein, der nun ungehindert in das Gemach drang, ließ Truhen, Geräte und Vorhänge nur düsterer und farbloser erscheinen. Beklommen stellte Connor fest, dass sein Vater tatsächlich noch in seinem Bett gelegen hatte, er hörte ihn hinter dem Vorhang husten, und als er sich erhob, klang es wie ein verhaltenes Stöhnen. War
eine seiner Wunden wieder aufgebrochen? Seit dem Kampf bei Falkirk hatte Malcolm MacDean niemals wieder das Schwert führen können, denn sein rechter Arm war kraftlos geblieben und auch das Bein lahmte. Schlimmer war jedoch eine Wunde in der Brust gewesen, der Stich hatte sein Herz nur knapp verfehlt, doch er war fast daran verblutet.
»Reich mir das Plaid«, hörte er die Stimme des Vaters. »Und dann lass uns allein, Caja.«
Die Mutter glitt schweigend an Connor vorüber, lief die Treppe hinunter, um überall in der Burg nach dem rechten zu sehen, wie sie es mehrmals täglich tat.
»Komm näher, Connor«, sagte Malcolm MacDean, und seine Stimme klang jetzt kraftvoll. »Lass uns reden wie Vater und Sohn, besser noch wie zwei Männer, die wissen, was es bedeutet, Herr einer Burg und Clanchief zu sein.«
Malcolm ging einige Schritte bis zu einem Stuhl, auf dem er sich niederließ. Sein Gang war langsam wie gewohnt, denn er zog das rechte Bein nach, doch er vermied es, die Hand auf die Stuhllehne zu legen, um sich beim Niedersetzen abzustützen. Dennoch spürte Connor, dass jede Bewegung dem Vater Schmerzen verursachte. Er verkniff sich die Frage, denn er wusste, wie sehr der Vater es hasste, wenn von seinen Gebrechen die Rede war. Vielleicht hatte der Ritt zu Gavin MacMorris ihn mehr Kraft gekostet, als er zugeben wollte?
»Setz dich zu mir, Connor. Du musst nicht vor mir stehen.«
Connor zog sich einen Schemel herbei und schob ihn zurecht und während er dies tat, versuchte er, die rechten Worte für sein Anliegen zu finden. Er hatte es sich einfacher vorgestellt, hatte vor den Vater treten
und ihm ohne Umschweife seine Absicht kundtun wollen. Doch jetzt schien ihm das nicht die richtige Methode zu sein.
»Ich komme zu dir, weil ich ein Anliegen an dich habe, Vater …«
Malcolm unterbrach ihn mit einer entschiedenen Handbewegung.
»Ich kenne dein Anliegen, Connor. Lass uns später davon reden. Zuerst höre, was ich dir zu sagen habe.«
Connor schwieg. Draußen auf dem Hof ließ jemand rasselnd den Eimer in den Brunnen hinab, dann war es wieder ruhig.
»Ich habe für die Freiheit Schottlands gekämpft und selbst wenn ich das Schwert nicht mehr führen kann, so werde ich doch in meinem Bemühen niemals nachlassen. Lieber will ich untergehen, als Sklave der Engländer zu werden.«
Das wissen wir alle, dachte Connor. Weshalb erzählt er mir das gerade jetzt?
Malcolms rechte Wange zuckte, und er fuhr rasch mit der Hand über das Gesicht, um diese Schwäche zu verbergen.
»Auch du hast dich diesem Kampf verschrieben, Connor. Und das macht mich stolz, denn es ist ein gutes Gefühl, wenn der Sohn dem Vater nachfolgt. Nur so werden wir uns dauerhaft wehren können, denn nur solange es Männer gibt, die Schottlands Unabhängigkeit mit zähem Willen verteidigen, bleibt uns die Hoffung erhalten.«
»Nicht nur ich habe das getan, Vater«, warf Connor ein. »Auch Gordon kämpft an unserer Seite. Er ist der jüngere Sohn, doch seine Entschlossenheit zählt nicht weniger als die meinige.«
»Gewiss«, gab Malcolm zurück. »Aber ich rede
jetzt zu dir, meinem älteren Sohn, der mir einst als Clanchief nachfolgen soll. Hör zu, Connor: Ich weiß, dass unserem Land eines Tages wieder ein Heerführer erwachsen wird, der Bravehearts Tatkraft besitzt. Was Braveheart nicht gelungen ist, das wird er erreichen, und ich will, dass wir, die MacDean, an diesem Freiheitskampf teilnehmen.«
»Wer wollte das nicht, Vater? Ich wünsche, dieser Tag käme schon morgen …«
»Wann er kommt, das weiß nur Gott, Connor«, sagte Malcolm dumpf. »Es kann morgen sein, es kann in zehn
Weitere Kostenlose Bücher