Herzensstürme - Roman
starrte, über denen sich jetzt langsam das graue Licht des beginnenden Tages hob. Unten im Burggemach hatte Gavin schon auf Connor gewartet, er war aufgeregt, denn die Hochzeitsfeierlichkeiten sollten drei ganze Tage andauern, zahlreiche Gäste wurden erwartet, er wollte ein Turnier abhalten und selbst beim Tjost mitreiten.
»Was treibt dich in der Nacht nur immer auf den Turm hinauf«, rief er Connor kopfschüttelnd entgegen. »Willst du dort allein und unbewacht von deiner Braut träumen? Oder bist du gar mondsüchtig?«
»Es gab keinen Mond zu sehen in dieser Nacht«,
erwiderte Connor gelassen und schüttelte den nassen Mantel aus.
»Na - tu was du willst«, lenkte Gavin ein. »Ich habe etliche Boten ausgesandt, um die Gäste einzuladen. Nun mache ich mir Gedanken, ob wir über genügend Zelte verfügen, denn nur die vornehmsten Eingeladenen können in der Burg übernachten. Wie steht es mit euch? Vielleicht kann dein Vater uns aushelfen, zumal auch von eurem Clan eine Menge Leute kommen werden.«
Connor griff sich eine Fleischpastete aus einer Schüssel, die noch vom gestrigen Abend hier stand, und kaute langsam vor sich hin. Der Aufwand, den Gavin für die Verheiratung seiner Schwester trieb, passte ihm gar nicht. Die Hochzeit war für den Sonntag angesagt, aber auf der Burg schaute es jetzt, zu Wochenanfang, schon aus, als habe die Feier bereits begonnen.
»Du wirst ein festliches Gewand benötigen, Schwager«, schwatzte Gavin aufgeregt weiter. »Ich habe noch eine Menge Stoffe in den Truhen, die ich einem Händler abgekauft habe, einiges davon hat man hier in dieser Gegend gewiss noch nie gesehen. Es sind breite gestickte Borten mit Perlen und kleinen Edelsteinen, dazu habe ich Felle von Fuchs und Marder und seidene Stoffe, so leicht wie ein Sommerlüftchen …«
»Lass Islas Hochzeitsgewand daraus nähen - für mich taugt solche Pracht wenig, Gavin. Ich bin ein Krieger und kein Fürst.«
Gavin war merklich enttäuscht, denn er hatte geglaubt, Connor für seine Leidenschaft für edle Stoffe und Tand zu begeistern.
»Willst du so ärmlich gekleidet neben meiner
Schwester einhergehen? Das wäre schade, Connor. Zumal ich dir das Gewand schenken will und beleidigt wäre, würdest du meine Gabe ablehnen.«
Connor zwang sich, den aufsteigenden Groll zu bezwingen, und wollte gerade eine strenge Familientradition vorschieben - da lief ein kleiner Page zum Burgherrn, um einen Besucher anzukündigen.
»Einer deiner Getreuen hat ein Anliegen«, sagte Gavin zu Connor. »Er heißt Kelvin. Willst du ihn anhören?«
»Kelvin?«, rief Connor erfreut. »Ja, lass ihn eintreten.«
Er war froh über diesen Besuch, denn dass gerade sein treuer Freund Kelvin ihm die Freundschaft gekündigt hatte, war bitter für ihn gewesen. Nun - der Gute würde sich besonnen haben und auch er selbst wollte einlenken.
Doch Kelvins Miene hatte nichts Versöhnliches, als er mit raschen Schritten ins Gemach trat. Sein Haar stand in alle Richtungen, die Augen schienen gerötet, und die grauen Stoppeln auf Wangen und Kinn zeigten, dass er sich schon einige Tage lang nicht mehr den Bart geschoren hatte.
»Jetzt hast du es also erreicht!«, fuhr er Connor zornig an. »Du hast sie vertrieben, nicht einmal ihre Habe hat sie mitnehmen können, auch nicht ihr Pferd. Das ist keine edle Weise, mit einem Weib umzugehen, Connor MacDean!«
Connor starrte ihn verständnislos an, Gavin, der sich ebenfalls eine Pastete genommen hatte, hörte auf zu kauen.
»Was redest du da?«, stammelte Connor.
»Das weißt du sehr gut.«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Lügner!«
Gavin MacMorris legte die Pastete zur Seite und schüttelte sich die Krümel vom Gewand.
»Ich würde auch gern wissen, um was es geht«, tat er kund. »Du hast doch wohl keine Kebse hier auf der Burg, Connor? Nicht, dass ich dir das vorwerfen würde - aber so kurz vor der Hochzeit mit meiner Schwester …«
»Was ist denn nur in dich gefahren, Kelvin!«, rief Connor und fasste seinen Freund vor der Brust am Gewand. »Ich habe niemanden vertrieben, ich habe ihr nur gesagt, sie solle die Burg verlassen.«
Connors Zorn war echt, und Kelvin wusste, dass sein Freund kein Lügner war. Blitzartig wurde ihm klar, dass er auf dem falschen Pferd saß.
»Aber sie ist verschwunden«, murmelte er. »Gestern Abend ging sie zu Isla, um ihr einige Weisen vorzusingen. Die ganze Nacht habe ich gewartet, aber sie kam nicht zurück.«
Connor öffnete die Faust und ließ Kelvins Gewand los. Trotz
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